Jeder hat das Recht, Drohnen vom Himmel zu holen – in Gedanken, Worten und Werken.
Ob der Luftraum über dem Donauinselfest auf Drohnen überwacht wird? Sehr wahrscheinlich jedenfalls, dass über dem größten Freiluftfestival Europas heuer unbemannte Flugobjekte unterwegs sind, die das niedere Treiben dokumentieren. Theoretisch bräuchten ihre Lenker dazu eine Art Pilotenschein und eine behördliche Bewilligung. Denn der Betrieb von Unbemannten Luftfahrzeugen (ULFZ), wie sie im seit 1.1.2014 gültigen Drohnengesetz heißen, bedarf gerade über Menschenansammlungen einer gesonderten Genehmigung der Austro Control. Theoretisch drohen bei Verstößen dagegen Verwaltungsstrafen von bis zu 22.000 Euro.
Tatsächlich halten sich daran vielleicht professionelle Naturfilmer oder Wissenschafter. Die zahllosen Bastler und Hobbypiloten aber eher kaum. »Gespräche mit einer Handvoll Hobbypiloten, die nur unter der Bedingung der Anonymität sprechen, öffnen einem die Augen für die scheinbar unendliche Weite zwischen Theorie und Praxis«, schreibt das Magazin "Datum" in seiner aktuellen Ausgabe. Soll heißen: An geltendes Gesetz hält sich niemand. Auch weil es schwer zu exekutieren ist. Weitestmögliche Distanzen werden ebenso erkundet wie Nachbarn ausgekundschaftet, Daten gesammelt und Videos verbreitet. Der beste Beweis: Youtube.
Noch beginnt fast jeder Text über Drohnen gleich: technikbegeistert und mit einer eindrucksvollen Schilderung eines rasanten Drohnenmanövers. Ein Irgendwaskopter fegt über Felder, fetzt eine Felswand entlang oder zischt durch Häuserschluchten. Nach Best-Practice-Beispielen (ferngesteuerte Wartungsgerätschaft in der verstrahlten Fukushima-Kernzone oder ein Überwachungsflieger, der das im hohen Gras auf seine Mama wartende Bambi vor den Messern des Traktormähwerks rettet) folgt ein vager Hinweis auf Risiken und Nebenwirkungen. Nicht zufällig sieht etwa der Soziologe Zygmunt Bauman durch die Erfindung der Drohne das Zeitalter der totalen Überwachung eingeleitet. So schön, so gruselig. Zumal der Begriff der Drohne untrennbar mit jenen ferngelenkten Killermaschinen verknüpft ist, die wir aus dem »Krieg gegen den Terror« kennen.
Doch spätestens, wenn der erste private Anbieter die Annehmlichkeiten seines Drohnen-Services nicht nur anpreist, sondern auch in einen geschickten Markenterminus verpackt hat, werden wir wohl nicht mehr von »Drohnen« sprechen. Man wird uns eine andere Begrifflichkeit unterjubeln.
Trotzdem müssen wir nicht einfach so hinnehmen, dass wir rundum datenserviciert und überwacht werden. Wir sollten uns aber, wie eine Kommentatorin in der "Süddeutschen Zeitung" schreibt, »auf harte Auseinandersetzungen einstellen«. Die Zivilgesellschaft werde um ihre Rechte kämpfen müssen, sonst werde man ihr diese auch nicht gewähren. »Darauf zu vertrauen, dass die Regierung für ihren Schutz eintritt, wäre ein Fehler. Das ist die bittere Erkenntnis aus der NSA-Affäre.« Wenn aber nicht weniger auf dem Spiel steht als die letzten Winkel der Privatheit, wenn sich weder Staaten noch Private an Gesetze halten, dann bleibt derjenige dumm, der sich gut meinend daran hält.
Wir haben also nicht nur genaue Gesetze und ihre Einhaltung einzufordern, sondern nötigenfalls auch selbst zur Tat zu schreiten, technisch aufzurüsten – was das Wissen um die Gesetzeslage, aber auch was die Technik der Gerätschaft betrifft. Jeder hat das Recht, sich durch Drohnen gestört und bedroht zu fühlen und sie vom Himmel zu holen. Niemand muss sich von anonymen, nicht autorisierten, kaum rückverfolgbaren Flugobjekten ausspionieren lassen. Was kann die Exekutive schon tun außer zu spät kommen und eine Anzeige gegen Unbekannt aufnehmen? Für den Hausgebrauch reichen zur Selbsthilfe zum Glück meist ein Luftgewehr oder ein starker Laserpointer. Denen da oben ist grundsätzlich zu misstrauen. Schützen werden wir uns nur selbst.
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