Auch wir sind Menschen mit Gefühlen. Deswegen erzählen wir euch, wann sie besonders schwer verletzt wurden und welches Lied dabei im Hintergrund lief. Einfach so.
Die Liebe ist ein seltsames Spiel – oft mit einem noch seltsameren Sound. Fast zu jeder Trennung, zu jedem unerwiderten Crush gibt es da die eine Nummer, die man rauf und runter gehört, zu der man sich die Seele aus dem Leib geschrien hat. Deshalb baten wir ein paar unserer Redaktionsmitglieder darum, auszupacken und zu erzählen, welches Lied sie mit einem ihrer persönlichen Trennungsmomente verbinden. Die Ergebnisse sind ein bisschen lustig, aber auch sehr, sehr traurig. Was Kehlkopfentzündungen, Fahrradfahrten in Amsterdam, Meidling und der Religionsunterricht mit Skunk Anansie, Mariah Carey und Element Of Crime zu tun haben, lässt sich hier nachlesen.
Magdalena Hiller
Mariah Carey – We Belong Together
Es waren intensive zwei Wochen anno 2005, in denen wir uns dreimal gesehen hatten. Doch dann wurde es mir zu viel – ich war doch noch viel zu jung für so eine arge Beziehung, bestehend aus Gasometer-Kinodates und zweisekündigen Küssen mit ganz wenig Zunge. Inspiriert von der besten Serie der Welt – »Sex and the City« – überreichte ich ihm in einer Schulpause den Zettel mit den Worten »I’m sorry. I can’t. Don’t hate me.« und sprang aus dem Fenster in den Hof. Nach einem halben Jahr bereute ich diese Entscheidung plötzlich bitterlich. Doch der gute Herr war zu diesem Zeitpunkt bereits in den Händen seiner zukünftigen Ehefrau (for real). Der Schmerz war sehr groß. Ungefähr so groß wie Mariahs Stimmumfang, denn ich wusste ja: »We belong together«. Erst eine Kehlkopfentzündung heilte mich vom nächtelangen Kreischen zu diesem Meisterwerk.
Stefan Schallert
Ihr kennt das: Man ist in der Blüte seiner verklärten Jugend, hört sowieso nur, was man hören will, und sieht auch beziehungstechnisch nur mit Tunnelblick durch seine rosaroten Aviators. Wenn sich auch sonst alles meiner Kontrolle entzog, hatte ich immerhin die musikalischen Zügel noch in der Hand und verheißungsvoll wurden Interpol rauf- und runtergespielt. Denn ich las in Paul Banks verbaler Koketterie mehr – ich fühlte Weltschmerz, ich fühlte mich verstanden. Auf ihre Frage hin, warum wir denn immer so negative Musik hören, holte ich selbstbewusst zu einem Monolog über die versteckte Romantik, die Schönheit und Zerbrechlichkeit der Interpol’schen Musik, aus. Und dann kam »Slow Hands« dieser Verräter: »Nobody searches and nobody cares somehow / When the loving that you’ve wasted / Comes raining from a hapless cloud / (…) / Can’t you see what you’ve done to my heart / And soul? This is a wasteland now.« Spiel, Satz und Sieg – für sie. Sie gewann vielleicht nur ein Argument, aber für mich zerbrach eine kleine Welt und bald darauf die Beziehung. Und »Slow Hands«? Ein unromantisches Mahnmal an eine Niederlage.
Alle Texte von Stefan Schallert. Twitter: @schallandr
Christoph Kranebitter
Element Of Crime – Weißes Papier
Für Beziehung braucht’s ja mindestens zwei oder so. Um endgültig auseinander zu gehen, reicht’s dann auch, wenn sich einer bzw. eine auf die Hinterfüße oder selbige in einen Flieger stellt. Jetzt aber bitte kein Mitleid. Hatte ja alles seinen Grund irgendwie. Außerdem fand ich die Finte mit dem Abschiedstexter samt Foto vom Bahnsteig Meidling eh supersweet. Dann aber nicht mit dem Zug Richtung Süden (mal andere Stadt und so), sondern mittels Flieger in den Norden (mal anderer Schwachmat und so) zu düsen? Komm, Baby, das geht feiner. Ohne Vertrauensbasis ist’s dann auch mit Beziehung schwierig. Herzen begreifen aber ziemlich langsam. Die wiederaufgelegten Regener-Platten beschleunigten aber und gaben der Sadness zuerst Raum, dann Konter. Ich werd’ jedenfalls nie mehr so dumm und rein sein wie weißes Papier – zumindest bis zum nächsten Mal dann halt. Die wichtigsten Erkenntnisse überdauern ja auch die beschissensten Enden. Bussi.
Amira Ben Saoud
Es war 2011. Ich hörte noch Indie. Doch das war nicht mein größtes Problem. Das war nämlich mein damaliger Exfreund. Klug wie wir waren, hatten wir uns eh schon getrennt. Öfters. Was uns aber nicht davon abhielt, zusammen auf Urlaub zu fahren. Amsterdam. Ab Tag zwei redete ich nicht mehr mit ihm – mein Ex unterhielt sich mit den Gastgebern – MEINEN Freunden – die sich natürlich bestens mit ihm verstanden, wie alle Menschen außer mir. Ich trottete mürrisch hinterher. Wenn wir dann allein waren, hörte ich »The English Riviera« von Metronomy. Besonders gern mit Kopfhörern am Fahrrad auf unserem täglichem zehn Kilometer langem Weg nach Hause. Neben meinem gebrochenen Herzen hatte ich also auch ziemliche Schmerzen zwischen den Beinen for all the wrong reasons. »Corinne« brannte sich dabei besonders ein: »I’ve got a pain in my heart / I think it’s because of you«, heißt es da lapidar, aber so, so richtig. Mittlerweile hören wir beide lieber Kanye, auch gern miteinander, da wir uns nach zehn weiteren Trennungen irgendwann wieder vertragen haben. Ganz freundschaftlich. Urlaub lassen wir aber eher.
Alle Texte von Amira Ben Saoud. Twitter: @oidaamira
Dominik Oswald
Jupiter Jones – Wir sind ja schließlich nicht Metallica
Schon früh festigte sich mein mittlerweile amtlich anerkannter Status als world's most passionate guy. (Bescheiden wie ich bin). Beide auf Auslandssemester – sie in Florida, ich in Graz. Währenddessen die Trennung nach über einem Jahr. Via – und das war super früh in den 2010ern noch ein bisschen das Ding – MSN-Messenger und ohne richtige Begründung. Woraufhin ich mit meiner sommerblauen Karre für den Weg von Graz in meinen Heimatort statt einer Stunde nur eine halbe gebraucht, alle ihre Sachen aus meinem Zimmer entsorgt, und sie ihren Eltern vor die Tür gesetzt habe. Dann wieder nach Graz zurück, noch schneller. Dazu dieser Song von dieser Band, die jetzt halt voll Mainstream ist, aber damals noch irgendwie okay war, ununterbrochen. Unfallrisiko zum Quadrat. Aber wenn schon Passion, dann richtig. Seitdem nie wieder gehört. Sie und den Song.
Manfred »Ich schaff das nicht auf 800 Zeichen« Gram
Ich stand auf die Marlies aus meiner Klasse. Dass sie in ihrem schwarzen Fruit-Of-The-Loom-Pulli immer nach Achselschweiß und Orbit-Kautschi roch, störte mich gar nicht. Hormone! Blöderweise stand auch der Willi aus der Klasse über uns auf die Marlies. Der wollte sie fragen, ob sie mit ihm gehen will. Das gefiel mir gar nicht. Der Willi engagierte den Lambert, meinen Sitznachbarn, als Postillion d’Amour. Er sollte die Lage sondieren. Was die Weichbirnen allerdings vergessen hatten, war genau zu klären, wer gefragt werden sollte. Überliefert ist folgender Dialog: Willi: »Ich mag eine aus eurer Klasse, weißt eh wen?« Lambert: »Sicher, ich frag sie gleich, ob sie in der Pause zu dir kommt …«
Da ging er hin und fragte. Allerdings nicht die Marlies, sondern ihre Busenfreundin Birgit. Die war hellauf begeistert. Und der Lambert überbrachte die guten Neuigkeiten gleich dem Willi. Willi: »Eugen, nicht die Birgit, die Marlies!« Lambert: »Uiiii!«
Tja, und dann kam die Birgit, und der Willi musste das Missverständnis aufklären. Und weil die Marlies die beste Freundin von der Birgit war, wurde daraus nix.
Ich witterte meine Chance, wartete ein paar Tage, meldete mich von Reli ab, weil das die Mädels auch taten und hoffte in der so gewonnenen Freistunde liebestechnische Meter zu gewinnen. Tja und dann hörte ich zum ersten Mal die Worte: »Maah, voll lieb und ich mag dich voll gern, aber können wir nicht nur Freunde bleiben?« Dann hab ich mit belegter Stimme irgendwas zusammengestottert und bin ins Direktorenzimmer gekeucht, um mich wieder für Religion anzumelden. »Warum die Spontanbekehrung?«, fragte der Direktor blöd. Und ich antwortete ebenso blöd: »Ich hatte eine Marienerscheinung!« Das fand der Dixi nicht lustig. Danach hörte ich mindestens sechs Wochen lang »Weak« von Skunk Anansie. Das war noch weniger lustig.
Alle Texte von Manfred Gram. Twitter: @ManfredGram
Teresa Havlicek
Philipp Poisel – Eiserner Steg
Es gibt wohl coolere Break-up-Nummern. Es war nicht nur kitschig, es mag auch ein wenig selbstzerstörerisch gewesen sein, in meinem Zustand Philipp Poisels »Eiserner Steg« aufzudrehen. Das schien der mitleidige Blick meiner Mutter zu sagen, als sie mich in meiner Wohnung »Ich will dir einmal noch nah sein, bevor ich dich für immer verlier«-schluchzend vorfand. »Teresa, bist du sicher, dass dir das grad gut tut? Stell vielleicht den Whiskey weg.« Aber das tat gut. Keiner hilft so sehr, Emotionen 1.000-fach zu verstärken und rauszulassen, wie ein andächtig am Klavier sitzender Poisel.
Zum Verarbeitungscocktail einer aufwühlenden Beziehung gehören nicht nur Whiskey und Poisel, sondern auch ein Rebound-Gspusi. Nach seinem Ende kam, in einem krampfhaften Versuch den vorangegangenen Monaten etwas Bedeutung einzuhauchen, der »Eiserne Steg« wieder ans Tageslicht. Und er wurde seiner Berufung gerecht: Eine halbe Stunde lang gab es wieder Poisel-induzierte Tränen. Dann bis zum nächsten Mal, Philipp.
Florian Thöni
2009, Matura gepackt. Was nun. Uni? Ne, gemeinsam nach London ziehen, Rock ’n’ Roll eben. Mit der unendlichen Liebelei sollte jedoch bald Schluss sein. Selbe Arbeitszeiten, miteinander wohnen, Scheißhaus teilen – das und ein erkennbarer Abwärtstrend des zweisamen Beischlafs machten aus rosiger Zuckerwatte üble Magensäure. Nun gut. Nach vier Jahren also wieder Dude. Dosenbier, Bong und Clubbing en masse – Abschuss eben. Untertags »Taxi Driver« und irgendwelcher Hirnfick. Über Flachbildschirme streiten und so. Was natürlich never ever fehlte, die eine ultimativ persönliche Herzschmerz-Playlist. So viele Songs daraus würden hier eine Nennung verdienen. Twin Shadow, The Cure, Actress, ach. Geworden sind es aber Burial & Four Tet. Die stoischen Beats und das raunzende Pochen, Symbiosen fürs Immer- und Immer-wieder-Losplärren.