Andreas Spechtl, der sonst für labyrinthische Texte bei Ja, Panik verantwortlich zeichnet, hat zwischen Proberaum und Schlafengehen sein eigenes, sehr privates Projekt „Sleep“ geschrieben. Nun stellt er es live vor, will es dann aber auch wieder dabei belassen. Wieso, hat er uns hier verraten.
Der Start deines Soloprojektes liegt jetzt schon gut ein halbes Jahr zurück. Es beschäftigt sich – im Großen und Ganzen – mit dem Topos des Schlafes. Könnte man sagen, du hast mit „Sleepcore“ dein eigenes Genre begründet?
Wenn es eine Einordnung braucht, ist es natürlich schön, ein eigenes Genre zugesprochen zu bekommen. Wobei ich sagen muss, ich habe den Begriff jetzt mittlerweile mehrmals aufgeschnappt, mich aber nicht wirklich damit befasst. Ich würde mir wohl auch nicht anmaßen, zu behaupten, ich hätte ein eigenes Genre begründet. Musik lässt sich meiner Meinung nach, wenn man verschiedene Kunstsorten untereinander vergleichen will, noch am allerwenigsten in so ein vorgefasstes Gefäß pressen. Bei Literatur, ja sogar bei Bildender Kunst ist das vielleicht noch einfacher. Aber Musik entzieht sich da ein bisschen dem Wort.
Musik und Wort: Du wolltest eigentlich eine Instrumentalplatte aufnehmen. Man hört dich aber – auch jetzt wieder – singen. Was ist da passiert?
Ja, anfangs war schon die Intention da, aus „Sleep“ ein reines Instrumentalprojekt zu machen. Es ging mir auch weniger darum, die Texte überzustrapazieren, als einfach die Stimme als eine Art Instrument in sich selbst zu begreifen. Oder besser gesagt mich selbst als Sänger zu begreifen. Ich singe einfach gern, und abgesehen davon höre ich auch gern Musik, bei der ich vielleicht nicht einmal die Sprache verstehe. Das gibt einer Stimme an sich oft viel mehr Raum, als wenn man jedes einzelne Wort versteht.
Und der Spagat zwischen Text und Musik, zwischen Text und Melodie – das Erfassen des eigenen Stimmorgans als nur einen weiteren Teil des Orchesters, das man dirigiert oder in dem Fall der Instrumente, die man spielt, ist im Prozess entstanden. Die Textlastigkeit von Ja, Panik liegt da natürlich auch auf meinen Schultern, davon habe ich mich hier ein bisschen befreit.
Seit wann überlegst du, ein eigenes Projekt zu starten?
Das Projekt als solches habe ich seit ziemlich genau einem Jahr im Kopf. Es ist schon jahrelang parallel zu den Aufnahmen mit Ja, Panik mitgelaufen, weil es auch einfach eine praktische Angelegenheit war: ich konnte es überall, ich konnte es alleine machen. Alleine aufnehmen, alleine produzieren. Ich habe dann eines Tages meine Festplatte entrümpelt und einige Fetzen dieses Herumbastelns, wenn man so will, gefunden. Habe sie Maurice von unserem Label vorgespielt und er hat mich dann auch erstmals ermutigt, etwas daraus zu machen.
Was war der grundlegendste Vorteil, ein Soloprojekt zu starten?
Der größte Vorteil ist gleichzeitig der größte Nachteil. Die Freiheit, zu tun, was man will – unbegrenzt zu tun, was man will. Ohne Kritik von außen, aber auch ohne Zuspruch. In einer Band arbeitet man miteinander, jemand wirft etwas ein, jemand kritisiert. Das war zum ersten Mal bei mir nicht so. Seit ich Musik mache, habe ich sie mit anderen gemeinsam gemacht, man hat die Reibungspunkte nutzen können, die sich beim Zusammenspiel ergeben haben.
Dieses Mal ist die absolute Neuerung, dass ich alles komplett alleine gemacht habe. Weil ich das Gefühl hatte, dass dieses neue Konstrukt auch nicht in eine Band passt, nicht zu Ja, Panik passt. Die Freiheit, sich selbst dadurch ein Ventil zu schaffen, ist gleichzeitig beunruhigend wie befreiend. Man weiß nie ganz, was dabei herauskommt.
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