Der Nino aus Wien ist irgendwo im Weird-Folk-Songwritertum beheimatet. Außerdem ist er – gelinde gesagt – etwas verschroben: Seine LoFi-Songs bewegen sich zwischen schrägem Folk mit Wienerliedeinschlag und urbanem Indie-Geschrammel, seine Sozialkompetenz bewegt sich – zumindest auf der Bühne – gegen Null.
Vergangenen Donnerstag gastierte der Nino aus Wien im Salzburger Rockhouse – mit drei Bandkollegen an Bass, Drums, Keyboard und Zigarette und mit einer Wuschelmähne als wäre er gerade aus dem Bett gekrochen. Von der ersten Minute an brettern der Nino und seine Mitstreiter ohne falsche Scheu vor schiefen Tönen und kauzigen Texten dahin. Die ersten fünf Lieder spielt der Nino konsequent mit Rücken Richtung Publikum, sein Gesang geht anfangs in den kolossalen Klangwelten ein wenig unter. Das ändert sich dann aber recht schnell bei seinen Über-Hits, dem modernen Beziehungsdrama „Du Oasch“ und dem Dialektpunk-Sommerhit „Holidays“. Langsam kommt Stimmung auf, Stimmung, die sich in Schwermut wandelt: Bei den darauf folgenden grüblerischeren Nummern kauert sich der Nino auf dem staubigen Bühnenboden zusammen, gekrümmt kniend, baut er der Melancholie ein Denkmal aus künstlerisch überhöhtem Elend.
In den Pausen zwischen den Liedern zeigt sich dann aber, dass der Großteil des – nicht sonderlich zahlreich erschienen – Publikums eigentlich gar nicht gekommen ist, um leise ins Bier zu weinen, sondern zum Tratschen und Biertrinken. Ebendiese Zuhörerschaft bekommt außer einem in regelmäßigen Abständen genölten „Danke“ und einem konfusen Augenaufschlag ab und zu nur wenig Aufmerksamkeit – und man beginnt sich zu fragen, ob die Legende, dass der Nino erst durch ausgiebiges Klebstoffschnüffeln auf die Idee zur Bandgründung kam, nicht doch ein Körnchen Wahrheit enthält.
Das Konzert schließt mit „Es geht immer ums Vollenden“. Spätestens hier zeigt sich, dass der Neo-Sternsinger keine Berührungsängste mit dem klassischen Austro-Pop der 1970er Jahre hat. Der Nino singt zuerst solo mit Gitarrenbegleitung und sich überschlagender Stimme, das Lied steigert sich dann aber zu einem furios-instrumentalen Finish: Bei den letzten Takten springt das Keyboard fast aus der Verankerung, eine Trommel rollt tatsächlich über den Bühnenboden – soll nicht weiter stören, gehört wohl ins Programm.