Du wirst nicht glauben, was da in unserer Coverstory steht. Wenn du so bist wie ich, wirst du kurz vor dem Ende völlig platt sein. Echt jetzt, WOW

Wir zeigen dir die elf Medien, die das Internet neu erfunden haben. Nummer Zwei macht es besonders schlau, unglaublich.

Die Seite soll wirklich bedeutsame News, zu denen man Leute sonst wie zu Kohlsprossen zwingen muss, in etwas Aufregendes und Tolles verwandeln. Upworthy schreibt über Themen, die wichtig sind, die etwas zählen, es schreibt über die großen Zusammenhänge wie etwa Klimawandel und Armut. Der Stil schmeckt vielen, aber doch nicht jedem. Er wäre plakativ und manipulativ. Eli Pariser nennt es dagegen emotionales Storytelling. Man müsse heute eben wie eine echte Person klingen, nicht wie eine Institution. Drei deiner Freunde und sehr vielen anderen Personen gefällt das. Upworthy hat heute – so wie Buzzfeed – deutlich mehr Zugriffe als die New York Times oder CNN.

Copycats, LOL

In den USA schießen immer mehr von diesen Seiten aus dem Boden. Buzzfeed, Upworthy, Distractify, Viralnova, Examiner, Thought Catalog, Gawker, Quantcast, Bored Panda, Elite Daily, Hello U – und nein, du bist selbst schuld, wenn du die jetzt alle likest, mach uns nicht dafür verantwortlich, LOL. Ihr Modell ist im Grunde einfach kopierbar … und es wird auch ständig kopiert. Via Reddit steht dann etwa klein am Ende eines Beitrags. Andere Seiten haben das schon lange so gemacht und Storys von anderen zusammengeführt, kuratiert oder vielleicht auch einfach nur geklaut. Wie legal das ist, wird immer wieder diskutiert. Manchmal ist es nur eine neue, grellere Headline zu einem Youtube-Video und fertig. Bei Upworthy, so sagt man dort, wird erst gar kein eigener Content gemacht. Das Team besteht aus Kuratoren, die sich durch Tonnen an Material wühlen, auswählen und dann bei der einen Story intensiv prüfen, ob sie auch wirklich wahr ist. Jede Story bekommt 25 verschiedene Überschriften, die automatisch darauf getestet werden, welche die meisten Klicks bekommt. Auch bei vielen anderen Seiten erstellt die Community oder die kritische Leserschaft viele Inhalte. Die Kritik daran bleibt, Buzzfeed musste die Richtlinien dafür kürzlich verschärfen, Examiner hat das System perfektioniert und zahlt richtig schlecht. Storys von Sponsoren sind außerdem so ein Ding, das nur wenige für ganz sauber halten.

Datenjournalismus

Ich war nicht betrunken, ich schwöre, aber letztens hat sich Buzzfeed mit einem Test wirklich selbst übertroffen. Wie erfahren bist du beim Scheißen, hieß der. Katerscheiße, Post-Kaffee-Scheiße, Ninja-Scheiße (du wischst und es ist nichts?!??!) oder arschzerfetzende Kohlscheiße waren ein paar der Optionen. War das Auto-Trolling? Damit verließ man das erprobte Feld der Listicles – zu deutsch vermutlich Listikel – also ein Artikel in Listenform. Man kann nun lange mit diesen Formaten experimentieren, vieles lässt schlicht und einfach technisch lösen. Ky Harlin ist Buzzfeeds Typ für die Daten. Er soll der entscheidende Faktor gewesen sein, warum man dort allein 2013 mehr Zugriffe hatte als in allen Jahren davor zusammen. Ky Harlin ist Mathematiker, er analysiert, welche Inhalte sich warum viral verbreiten. Denn bei über 400 Artikeln täglich braucht es eine Art Frühwarnsystem, was davon unter die Leute gebracht werden soll. Nicht alles, was geklickt wird, wird auch geteilt. Mit einfachen A/B-Tests wird etwa geprüft, welche Bild-Überschrift-Kombination besser funktioniert. Das ist dann Datenjournalismus einmal anders. Wenn Redaktionen von diesen Fakten keine Ahnung haben, stehen sie in Zukunft auf verlorenem Posten.

Aber auch Facebook ändert manchmal die Taktik. Kurz vor Weihnachten wollte man Qualität für die Nutzer besser sichtbar machen und schraubte an den Spielregeln. Es gab Protest, weil viele um ihre organische Reichweite und damit um ihre Zugriffe fürchteten. Wirklich genützt – bzw. solchen Seiten geschadet – hat es ihnen bisher aber nicht. Wer es dennoch vermeiden will, von den großen Tech-Konzernen unserer Gegenwart abhängig zu sein, muss wohl wieder eigene Newsletter verschicken oder User-Foren einrichten. Not.

Brummfutter, Hochwürdig, Neue Drahtpost

Natürlich machen solche Entwicklungen auch vor anderen Medien nicht Halt. Mashable, Wired oder Vice sind noch nicht alt genug, um sich davor zu fürchten und übernehmen einige Elemente dieses neuen Schreibstils. Im schönen Österreich und im deutschen Sprachraum macht man dagegen fast überall noch ganz klassisches Internet, mit wenigen Ausnahmen. Am nächsten dran ist wohl Vice. Sogar Rupert Murdoch, der Mediensatan von Fox, hat es als globale Erfolgsstory für die Generation der Millenials bezeichnet, die sonst keine etablierten Medien lesen oder schauen. Eingekauft hat er sich dann auch gleich. Den ganz subjektiven Sprech von Vice haben dort nicht immer alle drauf. Wenn es mal peinlich wird, dann richtig. Dokus vom Akademikerball oder vom Freiwild-Konzert machen aber fast alles richtig.

Sonst gibt es außer Satire-Seiten wie Der Postillon und Die Tagespresse gibt es kaum neue Newsportale. Die Huffington Post hat eine deutschsprachige Ausgabe gestartet. Nichts aber erreicht hier schon die Tragweite der US-Vorbilder, auch wenn Seiten wie Heftig.co, Storyfilter oder Likemag das Prinzip sehr ungeniert übernehmen. Ganz einfach wird sich ihr Erfolg hier auch nicht wiederholen lassen. Frag nach bei Pizza Hut, EDM oder Chevrolet. »Die soziale Unsicherheit und die hohen Lebenskosten in den USA«, das sind laut Elisabeth Oberndorfer ein Grund, warum dort so viel Neues passiert. Sie studiert derzeit im Silicon Valley die Zukunft des Journalismus. Dort sind überregionale Tageszeitungen schon viel mehr gestorben als in Europa. Man könne sich also schlicht nicht auf dem eigenen Arsch ausruhen, weil man sonst schnell auf der Straße steht.

Der Erste, dem das nun sinnvoll auf Deutsch gelingt, bekommt von den Platzhirschen sicherlich verbale Prügel, das ginge so doch nicht und wo bleibt denn da hochwertiger Journalismus, es wäre alles wegen der Qualität. Der Erste, dem das sinnvoll auf Deutsch gelingt, bekommt dann aber auch dieses unglaubliche Modell zum Laufen, dass nämlich im Netz mit guten Inhalten Geld zu verdienen ist. Und dass das nicht zwangsläufig auf Kosten der Qualität gehen muss. Im Idealfall verändert es unser Leben. Für. Immer. OMG, es wird wahnsinnig großartig, das musst du sehen.

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