Ein Abend voller Pop und Enttäuschungen

Ellie Goulding und Charli XCX versuchten das Gasometer in die Pop-Hochburg der Stadt zu verwandeln. Beide scheiterten, aber aus verschiedenen Gründen. Patrick Münnich machte Fotos und Kevin Reiterer schrieb einige Zeilen.

Recycling à la XCX

Den Abend eröffnet Charli XCX, Neo-Popsternchen Jahrgang ’92. Mittels perfekt platzierter Mixtapes und einer Portion Tumblr-Hype entstand früh eine kleine Hysterie um sie. Opener ihres Sets ist, wie auf dem Album „True Romance“, der Track „You’re The One“, ebendieses Album wurde vor Kurzem mit glatten 8,3 auf Pitchfork veredelt. Wie unter Strom springt sie auf der Bühne herum, Bubblegum-Pop und dicke Synths auf die 12.

Die Zutaten sind bei jedem Song in etwa die gleichen, laszive Moves im Schulmädchenröckchen, ein markantes Sample – u.A. Gold Panda – da und eine große Popgeste dort. Das recyclen, anders einsetzen und umbauen altbekannter Muster ist dann aber das einzige, dass ihre Show spannend macht. Bei ihren veritablen Hits, wie „Nuclear Seasons“ oder „You (Ha Ha Ha)“, mag ebenso wenig wie beim gemeinsam mit Icona Pop produzierten Megaseller „I Love It“ der Funke überspringen. Zwar sind ihre Moves schon Madonna-würdig, an Bühnenpräsenz und Durchschlagskraft hapert es aber jedoch noch.

Synthmonsun und Reißwolf-Pop à la Goulding

Danach macht sich Goldkehlchen Ellie Goulding ans Werk, anfangs noch getragen von hereinbrechenden Keyboardwelle ihrer Vier-Mann-Band, wirkt sie alsbald steif und unnatürlich. Hackig wankt sie von durchschnittlichem Song zu unterdurchschnittlichem Song und zurück, daran ändert auch „Salt Skin“ vom grandiosen Debüt wenig.

Erst als nach dem ersten Drittel die Band die Bühne verlässt und sie akustisch „Guns And Horses“ performt, kommt erstmals – und einzig – ihre wahre Größe zu Geltung. Sie singt in keinster Weise makellos, aber gerade diese kratzige und rauchige Stimme ist es, die sie und ihren Sound einst definierte; dort und da trifft sie auch den einen oder anderen Ton im oberen Bereich der Tonleiter nicht, aber gerade diese beiden Faktoren sind es, die sie in einer glatt-geschmirgelten Popwelt einzigartig gemacht haben. Leider bleibt dies der einzige Song des Abends, bei dem sie ihr volles Potential ausschöpfen kann. Während ihres Elton John-Covers von „Your Song“ erwacht das Publikum erstmals, dies täuscht aber nur kurz über die schwache Setlist, die hauptsächlich mit Songs des zweiten Albums „Halcyon“ bestückt ist, hinweg. Hinter dem künstlich erzeugten Vorhang voller verschiedener Klangschichten wirkt Goulding doch zusehends austauschbar.

Gegen Ende hin werden „Under The Sheets“ und „Starry Eyed“ durch den Remix-Reißwolf gepresst, dass es ein Graus ist. Neue Synth-Spuren und Halbplayback inklusive. Warum man einst so perfekte Popsongs nach so kurzer Zeit überarbeitet, entbehrt sich jeglichem Verständnis. Klar funktioniert das von Calvin Harris produzierte „I Need Your Love“ nur auf diese Weise, doch bei den ohnehin stimmigen Tracks wäre wohl „Never Change A Winning Team“ die bessere Taktik gewesen.

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