Wenn man an ein Klavierkonzert denkt, kommt einem wahrscheinlich nicht unbedingt ein Bahnhof, eine Einkaufsstraße, oder ein Park in den Sinn. In Wien ist aber nun mal so einiges anders – und so findet sich zwischen der Kultur des Flanierens und des guten Spritzweins im Juni auch ein weißer Flügel mitten in der Stadt wieder.
Wer im Juni durch sein Grätzl spaziert, wird an der nächsten Ecke vielleicht von einem Klavier überrascht werden. Im Rahmen des Festival der Bezirke 2018 wird nämlich ein frei zugängliches Piano an öffentlichen Plätzen platziert, das nur darauf wartet, gespielt zu werden. Vom Graben, über den Prater, den Schönbrunner Schlosspark und den Westbahnhof, bis hinauf zum Kahlenberg wandert das Open Piano über 23 Tage durch alle 23 Bezirke Wiens. Ganz nach dem Motto „alle dürfen spielen, alle dürfen zuhören“ wird eine Kommunikationsplattform geschaffen, die ganz ohne Worte auskommt.
Grätzl-Sounds for Refugees
Jedes Grätzl hat seine Eigenheiten und Geschichten – genau wie seine Bewohnerinnen und Bewohner. Durch die Aktion von Open Piano for Refugees kommt es zu Interaktionen verschiedenster Menschen, die ohne Musik wahrscheinlich nicht stattfinden würden. Ganz egal ob es nur der Flohwalzer, oder doch ein Stück von Mozart ist, wer spielen will, kann spielen (und zuhören geht sowieso). Open Piano for Refugees möchte aber nicht nur neue Begegnungen im öffentlichen Raum ermöglichen, sondern vor allem Integration durch Musik fördern. Die Spenden, die bei den improvisierten Konzerten generiert werden, kommen deshalb dem sozialen Musikinstitut DoReMi zugute, das Geflüchteten und sozial benachteiligten Menschen ermöglicht, Musikunterricht zu bekommen.
Neben den Spontankonzerten der Passanten gibt es jeden Abend auch Programm von Profi-Musikern. Der Flügel wird mal von Gesang, Rap, Saxophon, oder gleich von einer ganzen Band begleitet. Vielleicht entsteht ja sogar eine spontane Jam-Session mit dem Pianisten von Wanda im Prater, oder dem Sänger von Gospel Dating Service im Lorenz-Bayer-Park.
Eine Oper in der Sauna
Das Festival der Bezirke zieht aber nicht nur 23 Tage lang mit einem weißen Flügel durch die Stadt, sondern hat noch ganz andere Kunst-Specials im Programm. Zum 10-jährigen Jubiläum wird eine Oper im Club aufgeführt, eine Lesung am Würstelstand gehalten und Konzerte in Baulücken gespielt. Das Festival ist umsonst und passt sein Programm jeden Tag an den jeweiligen Bezirk an, wodurch neue, ungewöhnliche Perspektiven auf die Wiener Kunstszene eröffnet werden.
Die „Oper im öffentlichen Raum“ ist beim Festival der Bezirke schon längst Tradition. Die diesjährige Inszenierung von Don Giovanni ist aber definitiv eine außergewöhnliche, denn die Premiere des Mozart-Werks am 2. Juni ist Teil der Sommer-Eröffnung der Pratersauna. Der Dancefloor wird zur Bühne und das Opernensemble bringt jede Menge Drama, Sex, Verrat und Rache mit in den Club.
Eröffnet wird das Festival der Bezirke am 31. Mai mit Konzerten von Felix Kramer, Ina Regen und 5/8erl in Ehr`n im Volksgarten bei freiem Eintritt. Highlights im Programm sind außerdem die Lesung beim ältesten Würstelstand Wiens am 19. Juni, das Baulückenkonzert von Clara Luzia am 20. Juni und die „Silent Bootskonzerte“ auf der alten Donau am 21. Juni.
Der riesige, weiße Flügel von Open Piano for Refugees steht ab dem 1. Juni in jedem Bezirk für jeweils einen Tag von ca. 12–21 Uhr zu Verfügung. Das WIR SIND WIEN. FESTIVAL DER BEZIRKE findet vom 1.–23. Juni statt. Hier geht’s zum Programm!