Ein knappes halbes Jahrhundert Kommunismus hat in unserer Nachbarstadt Bratislava bleibende architektonische Spuren hinterlassen. Obwohl einiges bereits verschwunden ist (vor allem Statuen unliebsamer Kommunisten sind nach der Samtenen Revolution 1989 entfernt worden) oder vom Verschwinden bedroht ist, gibt es noch viel zu sehen.
Hotel Kiev (© Martin Zellhofer)
Im Internet finden sich Fotos und Videos von der Glanzzeit des Hotels Kiev als erstes Haus am Platz für osteuropäische Apparatschiks genauso wie von seinem Niedergang. In seinen letzten Jahren diente es als Billigabsteige mit Retrocharme. 2012 kamen Originalmöbel aus dem Hotel bei einer Auktion in Wien unter den Hammer.
Hammer und Sichel (© Martin Zellhofer)
Nach dem Ende des Kommunismus 1989 entledigte sich das Land ungeliebter Denkmäler. Hammer, Sichel und Statuen oder Darstellungen von Kommunisten mussten aus dem öffentlichen Raum weichen. Dennoch steht dieses Denkmal klein, verschämt und kaum sichtbar, am zentral gelegenen Kamenné námestie.
Restaurant an der Donau (© Martin Zellhofer)
Dem Internet zufolge hat dieses Schmuckstück direkt an der Donau täglich offen. Wir haben dort, vor verschlossenen Toren stehend, nichts bekommen …
Brücke des Slowakischen Nationalaufstandes (© Martin Zellhofer)
Die Brücke des Slowakischen Nationalaufstandes (benannt nach dem 1944 erfolgten militärischen Aufstand gegen das slowakische, mit Nazi-Deutschland verbündete Regime) wurde von 1967 bis 1972 errichtet. Sie ist 431,8 Meter lang, mit einer Aussichtsplattform in 95 Metern Höhe. Leider ist das Restaurant oben wahnwitzig teuer – und nicht mehr original eingerichtet.
Schneise durch die Altstadt (© Martin Zellhofer)
Bratislavas größte Bausünde: Um den Verkehr von der Brücke durch die Stadt fahren lassen zu können, schlug man einfach eine Schneise durch die Altstadt. Hässlich, monumental, brutal.
Straßenbahn der Firma Tatra (© Martin Zellhofer)
Verschiedene Straßenbahntypen des ehemaligen Herstellers Tatra mit Sitz in der Tschechoslowakei verkehrten (und verkehren heute noch) von Berlin bis Nordkorea in so gut wie allen ehemaligen sozialistischen Ländern. Das Unternehmen hat die Wende nicht überstanden.
Slowakische Nationalgalerie (© Martin Zellhofer)
Ursprünglich stand hier ein 1763 errichtetes Gebäude mit vier Flügeln. Der Richtung Donau weisende Flügel wurde in den 1970ern durch dieses … Ding ersetzt. Es hat alle Abrisspläne überlebt und bleibt auch künftig erhalten.
Im Hauptbahnhof (© Martin Zellhofer)
Die ideale Gesellschaft: Friedenstauben, rote Fahnen, Männer und Frauen, die Brüder- und die Schwestervölker, Bücher und Werkzeug.
Stadtteil Petržalka (© Martin Zellhofer)
Bratislava hat rund 425.000 Einwohner, wovon circa 112.000 offiziell in der ab 1973 erbauten Plattenbausiedlung in Petržalka leben. Schätzungen zufolge beläuft sich die tatsächliche Einwohnerzahl auf 140.000 bis 150.000, weil viele Wohnungsbesitzer untervermieten, ohne das offiziell zu melden. Als eigenständige Stadt wäre Petržalka die drittgrößte der Slowakei (hinter Bratislava und Košice).
Stadtteil Petržalka – Kunst am Bau (© Martin Zellhofer)
Ursprünglich zierten acht Gemälde die Seitenwände acht großer Plattenbauten in Petržalka, die mittlerweile alle übermalt sind. Diese Darstellung hier ist eine Rekonstruktion, das übermalte Original befindet sich darunter. Die Bewohner des Blocks haben die Neuanbringung via Crowdfunding finanziert.
Zum Nach- und Weiterlesen empfiehlt sich »Spätmoderne Slowakei. Gebaute Ideologie«, herausgegeben von Adolph Stiller, erschienen im Verlag Müry Salzmann. Mehr über die Moderne der letzten 110 Jahre in der Slowakei auf nextroom.at oder im Register Of Modern Architecture In Slovakia. Wer nicht selbst losziehen mag, begibt sich mit den Local Heroes der Agentur Authentic Slovakia in einem uralten Škoda auf eine geführte Post-Communist Bratislava Tour. Ist nicht ganz billig, lohnt sich aber.