Wenn Baseball und Musik eine Symbiose eingehen: Einmal im Jahr verfällt ein oberösterreichisches Städtchen ins Festivalfieber.
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Außer einem großen Bahnhof, zwei Kaffeehäuser, einem Freibad, einer Basilika und zwei Bordelle gibt es in Attnang-Puchheim nicht viel. Doch einmal im Jahr ändert sich das. Denn Pfingsten wird in der Stadt im Hausruckviertel auf besondere Art mit einem Musik- und Baseballfestival gefeiert. Wie das zusammenpasst, muss nicht verstanden werden. An diesem einen Wochenende jedenfalls gehen die beiden eine Symbiose ein. Und dass Pfingsten ein sehr dankbares Fest zum Feiern ist, haben Christoph & Lollo schließlich schon vor zehn Jahren gewusst und besungen.
Größtes Baseball Event in Europa
Angefangen hat das Pfingstspektakel mit einem Fest zur Eröffnung des Baseball-Platzes vor 19 Jahren, seither hat es sich zu einem nennenswerten Festival gemausert. Die familiäre Atmosphäre blieb aber über die Jahre hinweg erhalten. Einerseits durch die kleine Mehrzweckhalle, die jedes Jahr komplett umgebaut wird, weil hier normalerweise Tennis gespielt wird. Andererseits durch die Mitarbeiter des Baseballvereins, die alle freiwillig mithelfen. Zeitgleich findet im Stadion gleich daneben der Finkstonball statt. Es ist laut Veranstaltern – haltet euch fest – das größte Baseball-Event in Europa und wird veranstaltet von der Heimmannschaft, den Athletics. Bis zu 12 Mannschaften aus der ganzen Welt treten da auf 2 Baseball-Feldern gegeneinander an.
Zipfer und Jägermeister
Startschuss des Spektakels war am Freitag, der im Zeichen des Punkrock stand. Am Schießstand und an der Würstelbude vorbei geht es rein in die Halle. Hier wird gerade von der Rockabilly Band Burning Aces dem Rock’n’Roll der 50er Jahre gehuldigt. Kurz darauf schlägt einem Melodic Hardcore entgegen. Ignite aus Kalifornien, die auf 20 Jahre Bandgeschichte zurück schauen können und somit zu wichtigen Vertretern der Szene gehören, stehen auf der Bühne. Das Publikum geht ab. Aber eigentlich ist die Musik egal.
An diesem Wochenende wird gehört, was man sonst nicht oder schon seit 10 Jahren nicht mehr hört. Es geht vielmehr darum, Menschen zu treffen, die man ewig nicht gesehen hat. Es ist ein Marathon aus "Lange nicht gesehen, wie geht’s dir?" eines jeden, der zwar das Glück hatte in der Gegend aufzuwachsen, den es dann aber doch in die weite Welt gezogen hat. Hier begegnet man Menschen, die einen daran erinnern, wer man einmal war und was unter anderen Umständen hätte sein können. Auch als Wahlwienerin hört man kein "Scheiß Weana!" und Zipfer Bier und Jägermeister schmecken plötzlich wieder so gut.
Blick unter den Schottenrock
Aber auch von rundherum kommen die Menschen angereist und übernachten auf dem kleinen Campingplatz. Beim Pfingstspektakel mischen sich auch die Musiker unter die Festivalbesucher. Da kann es passieren, dass der Real Mc Kenzies Sänger Paul mit hoch gezogenem Schottenrock vor einem steht und zeigt, was man eigentlich nicht sehen wollte. Real Mc Kenzies sind eine Punkband aus Kanada mit schottischen Wurzeln, deren Bandname auf die billigste Sorte Whisky in Schottland zurückgeht. Wie man an Paul sehen konnte, haben sie ziemlich viel daran gesetzt, dem Namen alle Ehre zu machen.
Stammgäste Mono & Nikitaman
Fast schon traditionell setzten die Veranstalter auf Punkrock und die immer noch beliebten Stammgäste des Festivals Mono & Nikitaman. Ein bisschen schade ist das schon, denn Ausflüge in andere Genres wie mit Fiva oder Grossstadtgeflüster füllten in den vergangenen Jahren die Halle. Man kann es auch sehen als einen Ausflug zurück an die Ursprünge des Spektakels. Die Halle war verkleinert worden, es gab Zipferbier aus Gläsern, Tischfußball und Dart. Auch die Securities verhielten sich handzahm.
Dabei war gerade der Stilmix ein maßgeblicher Teil der Erfolgsgeschichte dieses kleinen Festivals. Viel Platz wird dafür immer noch den heimischen Bands geboten, wie etwa Erwin & Edwin, Succopuss und Wham Bam Bodyslam. Allesamt keine Bands, um die medial viel Wind gemacht wird. Aber das ist egal, so funktionieren diese kleinen Festivals am Land und in kleineren Städten eben. Es muss nicht sonderlich originell sein. Die Musik ist der Katalysator für Gespräche und Bekanntschaften.
Baseball als Hangover Medizin
Und nicht zu vergessen die Baseball Mannschaften aus ganz Europa. Wann hat man schon die Gelegenheit mit so vielen Männern in weißen Hosen aus Costa Rica zu plaudern? War halt verregnet. Hartgesottene setzten sich nachmittags trotzdem auf die Tribüne. Und am Sonntag und zum Finale am Montag hielt das Wetter ja dann doch aus. Es gibt kaum eine bessere Hangover-Medizin als mit einem Radler und einem Paar Bratwürstel im Stadion zu sitzen und den ganzen Tag Baseball zu schauen – auch wenn man eigentlich keine Ahnung von dem Sport hat. Gewonnen haben übrigens die Attnanger Athletics. So wie es sich gehört.
Bei wem das Interesse am Finkstonball geweckt wurde, hier sind alle Informationen und Fotos zu finden.