„Es muss nichts perfekt sein…“

„… aber es muss eine Textur haben.“ Ende September feiert das /slash Filmfestival erstmals das fantastische Kino. Im Gespräch erläutert Mitorganisator Markus Keuschnigg Konzept und Haltung der neuen Wiener Genrefilmsause.

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Es war sicher, so sicher wie der Tod im Slasherfilm, dass Markus Keuschnigg früher oder später ein Genrefilmfestival initiieren würde. In seinen Kritiken, Blogs und Festivalreiseberichten auf FM4 wie in der „Presse“ begeistert sich der ehemalige the gap-Filmressortleiter seit Jahren für Genrekino im Zeichen des Unheimlichen und Übernatürlichen. Seit 2008 bestückt er für das Linzer Crossing Europe-Festival die Mitternachtsschiene „Nachtsicht“ mit Zombiebeuschel und Kampfsportbeef. Jetzt soll die internationale Kinokarawane der Monstren endlich auch in Wien halt machen: Acht Tage lang, von 23. bis 30. September, wird das /slash Filmfestival im Filmcasino das fantastische Kino zwischen Anime, Horror und Maschinenpunk („Tetsuo: The Bullet Man“ ist schon angekündigt!) feiern. Organisiert haben das Festival „von Fans für Fans“ Keuschnigg und die kaufmännische Leiterin Magdalena Pichler gemeinsam mit einem schlanken Team von anderen Enthusiasten. Transparenz wird großgeschrieben: Auf der eben online gegangenen Festiavalwebsite wird Keuschnigg auch zum Fortgang der Organisationsarbeit bloggen. Im the gap-Interview erklärt er, was geplant ist und wie es sich anfühlen soll.

Was ist die Grundidee von /slash?

Es ist dieselbe Idee, die auch hinter der „Nachtschiene“ beim Crossing Europe stand, nämlich dem Genrekino einen öffentlichen Raum zu geben, und dadurch für diese Liebhaberkultur, die sich überwiegend in privaten Räumen abspielt, eine Art gemeinsames Wohnzimmer zu bauen. Dass man als Fan etwas hat, wo man sich denkt: Gut, die machen jetzt auch was für mich. Unser Ziel ist, dass man in dem Moment, wenn man hinkommt, weiß, wofür /slash steht und dass wir diejenigen sind, die für das Programm verantwortlich sind und darauf auch stolz sind. Es soll keine Unsichtbarkeiten geben. Es muss nichts perfekt sein, aber es muss eine Textur haben. Es soll ein Gefühl produzieren. Es gab auch Ideen, unser potentielles Publikum mitprogrammieren zu lassen, oder eine 2.0-Idee einzuschleusen. Das haben wir aber erst einmal auf Eis gelegt. Wir wollen das noch immer sehr gern probieren, aber nicht jetzt. Diese erste Ausgabe ist ohnehin schon halsbrecherisch genug.

Wird auch Historisches gespielt, oder nur aktuelle Produktionen?

Zwischen neuen Filmen und Klassikern haben wir eine Gewichtung von 70:30 oder 80:20, das kommt noch darauf an, was wir alles bekommen. Es wird eine Schiene namens „In memoriam“ geben. Dafür habe ich einige Liebhaber des Genrekinos – wie Hans Langsteiner, Christian Fuchs, Christoph Huber – eingeladen, einen Lieblingsfilm auszusuchen. Die sollen sich vor der Projektion hinstellen und kurz erzählen, was sie mit dem Film verbinden. Dabei geht es wieder um eine Liebhaberkultur. Das ist vielleicht die Losung unseres Festivals: dass Kino nicht nur in klassisch „gut“ und „schlecht“, „moralisch“ und „unmoralisch“, „wertvoll“ und „nicht wertvoll“ aufgeteilt werden kann, sondern sich auch in gräulicheren Bahnen bewegt; dass einen oft eine Liebe verbindet mit Filmen, die man objektiv nie durchargumentieren könnte. Wir wollen diese Grauzone ein bisschen einfangen.

Mit was für einem Publikum rechnet ihr?

Wir hoffen, dass es sich gut durchmischt, von Fangruppen bis zu generell Filminteressierten. Das Festival ist bewusst sehr vielgestaltig programmiert, gerade am Wochenende. Wir zeigen nicht nur Hardcore-Schocker – die hoffentlich auch –, sondern auch leichtere Horrorkomödien oder Anime. Bei letzteren sind die Kopien extrem schwierig aufzustellen, aber es tut not: In Sachen Anime ist Wien ja wirklich totales wasteland.

In welcher Beziehung steht ihr zum deutschen Fantasy Filmfest? /slash ist ja offensichtlich nicht als Ableger oder Auswahl des dortigen Programms konzipiert.

Das ist richtig, ja. Das wollen wir nicht. Das Fantasy Filmfest ist eine verdienstvolle Institution, aber wenn man schon etwas Ähnliches für Wien angeht, ist es spannender, auch andere Linien zu verfolgen. Das Programm von /slash ist durch unsere Interessen klar konturiert, hat Ecken und Kanten und Filme drin, die woanders sicher nicht laufen würden. Bei den Filmen, an denen wir beide Interesse haben, sind wir natürlich froh über Zusammenarbeit. Da müssen wir Kopien dann nicht extra aus Übersee kommen lassen, sondern können für eine finanzielle Beteiligung am Transport Kopien von ihnen übernehmen.

Gibt es ein Level von Filmen, an die ihr mit eurer derzeitigen Größe nicht herankommt?

Selbst mit einem unfassbaren Budget bekäme man nicht alles, grad im Genrekino: weil einige Filme noch nicht freigegeben sind für die Region, weil der Vertrieb nicht weiß, was tun mit diesem Film, auf DVD herausbringen oder nicht etc. Wir haben auch die Idee gehabt, gezielt mit großen Verleihern was zu organisieren. So etwas wie, ich weiß nicht, Ausschnitte zu zeigen aus „Tron: Legacy“ und da ein Event darum zu organisieren. Aber dafür hätten die genau aufgeschlüsselte Daten und Fakten gebraucht: Wen erreichen wir? Was bringt ihnen das? In einem gewissen Rahmen hätte ich so eine Veranstaltung sehr gern gehabt: nicht als Werbeplattform für die major studios, aber um eine gewisse Convention-Kultur mitzunehmen.

Kannst du schon eine geplante Filmveranstaltung verraten, die für dich die Haltung von /slash auf den Punkt bringt?

Vielleicht der Überraschungsfilm: Der wird auch für mich eine Überraschung bleiben bis zum letzten Moment. Das ist eine Idee, die ich gemeinsam mit einem guten Bekannten hatte, der für ein deutsches Medienunternehmen arbeitet und uns viel weitergeholfen hat. Irgendwann hat er mir am Telefon erzählt, er hätte da was, das würde genau zu uns passen, und er hätte gern, dass das eine Überraschung bleibt. Ich bin in das Spiel eingestiegen und hab den Film „blind“ gebucht. Zu unserem Selbstbild, wo es auch darum geht, Hierarchien herunterzubügeln, passt so ein Manöver super: Mich ärgert immer, dass bei Überraschungsfilmen die Organisatoren schon längst wissen, was gespielt wird. So etwas gehört zu den Dingen, die bei uns möglich sein müssen.

http://slashfilmfestival.com

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