Was wäre herausgekommen, hätte man den Bee Gees in ihrer Disco-Phase Beruhigungsmittel verabreicht? All We Are haben die Antwort auf diese Frage: ihre Musik.
Sehr wahrscheinlich werden sich All We Are noch dafür verdammen, dass sie ihren Sound einmal mit »die Bee Gees auf Diazepam« umschrieben haben. Insbesondere weil es sich nicht nur um einen sehr griffigen, sondern auch – und da herrscht breite Einigkeit bei den bisher aktiv gewordenen Journalisten – um einen äußerst treffenden Vergleich handelt. Die Band dürfte ihn jedenfalls so schnell nicht wieder loswerden.
Man stelle sich also eine heruntergebremste Discokugel über dem leuchtenden Dancefloor vor. Weichzeichneroptik lässt die Details verschwimmen. Dazu elegante Falsettharmonien. Aus den Instrumenten fließen gleichermaßen unterkühlte wie aufreizende Klänge im Zeichen eines psychedelischen Funk – alles sehr atmosphärisch und doch immer wieder mit kleinen Höhepunkten. Einer davon gleich am Beginn des Albums, wenn sich in »Ebb/Flow« auf ruhiger See langsam Wellen aufbauen, um den Hörer anfangs sanft zu umspülen und schließlich über ihm zusammenzubrechen. Es ist auch eines der Stücke, die etwas mehr Zug entwickeln, während andere aus entspannter Rückenlage mittels weniger rauer Zuspitzung eine hypnotische Anziehungskraft aufbauen. Beides Varianten, die sehr sexy ausfallen können.
Zusammengefunden haben die Norwegerin Guro Gikling (Bass), der Brasilianer Luis Santos (Gitarre) und der Ire Richard O’Flynn (Schlagzeug) – alle drei singen auch – am Liverpool Institute Of Performing Arts, also an jener Pop-Universität, die von Paul McCartney mitbegründet worden ist. Am Material ihres Debütalbums haben sie in den Bergen Norwegens, in einem entlegenen walisischen Landstrich und schließlich zurück in Liverpool gearbeitet. Produziert hat Dan Carey (M.I.A., Hot Chip, Bat For Lashes, …). Und um in Sachen Fakten, Fakten, Fakten noch etwas weiter auszuholen: 2014 gab’s unter anderem gemeinsame Konzerte mit Jungle und London Grammar. Was den geschmeidigen Sound von All We Are dann eigentlich auch recht passend verortet.
»All We Are« von All We Are erscheint am 30. Jänner bei Double Six Records und ist hier im exklusiven Vorab-Stream zu hören.