Alles ist politisch

Roofies, Türsteher, Strache, Love Parade und Actress – wer geglaubt hat Clubkultur ist unpolitisch, der wird jetzt überrascht sein: Ist sie nicht. Franziska Mayr-Keber von Club Courage hat uns dazu Antworten in einem Interview gegeben.

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Club Courage steht laut eigenen Angaben für ein friedliches Miteinander in Stadt und Land, für couragiertes Engagement und Toleranz im Nachtleben. Hört sich doch schon mal super an. Wie das Motto der Love Parade, nur in gewählteren Worten. Funktionieren soll das Ganze wie folgt: Veranstalter tragen sich auf eine Unterstützerliste ein, statten ihre Drucksorten mit dem offiziellen Logo aus und setzen somit ein Zeichen. Profitieren soll davon niemand. Außer die Clubkultur.Im kommenden Jahr sind mehrere große und kleine Events geplant, Party und Reden, zwei der wichtigeren Dinge im Leben.

Das sollte man also gut finden. Deshalb haben wir mit einer der Personen hinter dem Projekt, Franziska Mayr-Keber, über Drogen, Hipster mit SS-Kappen und die Love Parade gesprochen. Und das, obwohl die Gute seit drei Wochen die Grippe hat.

Schaut ihr "Wien Tag & Nacht”?

Nein.

OK, Themenwechsel. Roofies, oder KO-Tropfen, sind ein echtes Problem in dieser hübschen, bunten Clubkultur, über das noch dazu viel zu selten geredet wird. Könnt ihr das mal umreissen, so wie sich das für euch darstellt und wie man dieses Problem schnell angehen kann?

Wir versuchen uns dazu gerade einen Überblick zu schaffen. Vom Hörensagen jedenfalls, seitens Therapeuten, Checkit oder der Polizeiinspektion Wien und anderen heißt es, KO-Tropfen seien wieder vermehrt im Umlauf, vor allem in Nachtclubs. Darüber geredet wird wenig, vielleicht weil es keine richtige Diskussionskultur gibt, vielleicht weil das Thema mehrere Tabuzonen betrifft. Drogen- und Alkoholkonsum, Sexualität bis hin zu Sexualdelikten. Und, KO-Tropfen wurden als "urban legend" junger Frauen abgetan, als "Ausrede" für den genauso tabuisierten Alkoholrausch. Das ist doch schräg, oder?

Insofern, bin ich für eine "Schambefreiungsoffensive"… in einer Welt, in der aktuell das digitale Vergessen nicht existiert und wir offiziell so tun müssen, als ob wir kein Interesse an Rauschzuständen haben, aber mitten im Geschehen nur bloß nicht als "Spaßbremse" Furore machen wollen, ist Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Offener über Drogen, Rausch, Sexualität und Bedürfnisse zu sprechen, könnte ein Anfang sein…

Wie vermeidet ihr, dass ihr wie naive Traumtänzer da steht? Warum ist Club Courage keine weitere, nutzlose Imagekampagne?

Wenn es eine nutzlose Imagekampagne für Zivilcourage wird – schade um die Zeit. Aber davon ist nicht auszugehen. Wir bekommen viel Unterstützung und es sieht so aus, als ob wir mit unseren Themen auf starkes Interesse treffen. Beziehungsweise, es sind nicht unsere oder meine Themen, sondern das, was in Gesprächen mit Unterstützerinnen und Unterstützern oder Interessierten aus der Szene aufkommt.

Und wie misst man denn wirklich den Nutzen? Ich halte dieses kapitalistische Aufwiegen für eine schlechte Angewohnheit, die leider schon zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist, bis hin ins Private wo wir von "Quality Time" mit Kindern sprechen und "Beziehungsarbeit" leisten müssen. Das nervt.

Wer kontrolliert eigentlich eure Unterstützerliste? Wie vermeidet man, dass sich dort einfach irgendwelche Flachwichser einschleichen?

Ja. Wir sind eigentlich nur zwei, Georg Russegger und ich. Wir machen das von Hand, das Ausmisten … Ich glaube, ja, es ist kein großes Drama. Wer nicht checkt, dass "Kacken mit Druck" kein Club ist, dem kann man auch nicht weiter helfen. Oder ist es vielleicht doch ein DJ? Wenn ja, habe ich nicht gut recherchiert und das tut mir leid.

Schlechte Türsteher – ja, es gibt viel gute – sind immer wieder ein Thema. Darauf wollt ihr aber weniger hinaus. Warum eigentlich?

Nein, ein sehr wichtiges Thema, aber auch eines, wo man wirklich genau differenzieren muss, um nicht platt und emotional Pauschalaussagen zu generieren. Das Türsteher-Thema ist mit der Drogengeschichte sicher das emotionalste – wer hat nicht irgendeine schlechte Erfahrung gemacht – und es wäre schade, wenn alle anderen Aspekte von vornherein überschattet sind, nur weil Medien im Rahmen eines gewissen "Emotionalisierungszwanges" gerne und ausschließlich auf dieses Thema fokussieren. Das ist alles. Es wird auch einen eigenen Schwerpunkt dazu geben.

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