Geh, wohin der Hype dich trägt!

Die Hype Machine bringt System in die weiten Sphären der Blogs und hängt sich dem Hype an die Fersen. Anthony Volodkin ist ihr Gründer.

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The Hype Machine ist ein Blog Aggregator. Die Software sucht Blogs nach Songs ab und lässt diese Titel auf hypem.com zusammen fließen. Dort kann entweder eine normale Suchfunktion nach einzelnen Songs gestartet werden oder man lässt sich die Tracks nach ihrer brandaktuellen Beliebtheitsskala sortieren. Und weil nur Blogs ausgesucht werden, die immer am letzten Stand des virtuellen Datenmarkts sind, lässt sich daraus eine Art Querschnitt über das Musikgrummeln im Internet ableiten. Anthony Volodkin ist Schöpfer dieser Zauberbox. Der gebürtige Russe zog mit elf Jahren mit seiner Mutter in die USA und hatte mit 20 nach seinen IT-Lehrjahren die Software für hypem.com programmiert. Heute ist er 25 und erklärt bei Schnitzel und Eiskaffee eine Maschine, die den Hype durchmisst.

Liefert Hypem die inoffiziellen Charts der Blogosphäre? Über den herzförmigen „Favorite Track“-Button kann man ja abstimmen, aber auch manipulieren.

Wir versuchen die Tracks zu finden, die am meisten Aufmerksamkeit bekommen – ja, Charts für das Web. Wir haben deshalb klare Richtlinien und beobachten Blogs, bevor wir sie indizieren, derzeit cirka 1500. Vor allem geht es darum, Leute zu finden, die Musik lieben. Es gibt auch Services die versuchen, alle Blogs abzusuchen, aber ich halte unseren Ansatz für interessanter.

Es gibt inzwischen auch Agenturen, die als Teil der Artist-Promotion Tracks an geeignete Blogs schicken. Könnte das auch zum Problem werden, dass Blogs wiederum gegen Geld Musik posten?

Wenn wir so etwas erfahren würden, würden wir diese Blogs sofort aus unsrer Datenbank entfernen. Damit sich das wirklich auswirkt, müssten Labels oder Agenturen allerdings sehr viele Blogs um teures Geld bezahlen. Bisher habe ich davon noch nicht gehört. Viele Labels und PR-Agenturen mailen zwar Blogs an, solange diese dann aber posten was sie wollen, sehe ich darin kein Problem. Der Vorteil dieser Art von Promotion ist – neben einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis –, dass die Resultate direkter messbar sind. In der Vergangenheit wurden ja mediale Multiplikatoren mitunter bezahlt, damit gewisse Musik in Radioshows gespielt wird, oder, um an Fernsehauftritte zu kommen. Ich bin sicher, das wird auch heute versucht, aber der große Vorteil des Webs ist, dass es keine Geheimnisse für sich behält. Wenn jemand davon erfährt, geht die ganze PR-Kampagne baden. Die drohenden Sanktionen für so etwas sind in der Sphäre des Social Web sehr hoch. Und es gibt gute Gründe, derartiges nicht zu versuchen. Die Leute dort haben ein feines Gespür und wollen Dinge entdecken, die aufrichtig und echt sind. Sie haben einen Schwachsinnsfilter.

Gibt es einen Sound von Hypem? Immerhin geisterte eine Zeit lang der Begriff Bloghouse für elektronisch verzerrten Indie und ähnlich geartete Remixe herum.

Bis zu einem gewissen Grad werden Blogs von Indierock und elektronischer Musik dominiert; und das determiniert Hypem. Aber grundsätzlich schreiben Blogs über alles und wir versuchen das Ganze noch facettenreicher zu machen. Der sound of diversity ist, denke ich, der Sound von Hypem.

Wird es bald durch Werbung gestützte Streams geben? Im Videoformat funktioniert das ja schon ganz gut. Und wie wird das Publikum darauf reagieren?

Wir überlegen, wie wir mehr Musik über unsere Seite an unentschlossene Leute verkaufen können. Viele Seiten verkaufen keine Musik und ich halte das nicht für richtig. Man muss Wege finden, wie man die Leute mit denen man arbeitet, unterstützt. Das Web ist immer noch relativ jung, die Leute haben noch keine wirklich sinnvollen Wege entwickelt Werbung zu verkaufen. TV und Radio hatten dafür viel länger Zeit. In etablierten Medien-Networks kann man bereits gebuchte Spots viel leichter ins Netz mitnehmen. Wir arbeiten aber anders. Für uns ist dieser Platz viel schwieriger zu verkaufen. Und solange die Leute verstehen, dass sie für ein paar Anzeigen etwas Kostenloses geboten bekommen, wird es auch ok sein.

Kürzlich wurden die Kosten für Streaming neu verhandelt und damit attraktiver, auch für Mobiltechnologie. Könnte eine Applikation für das iPhone eine Einnahmequelle sein?

Könnte es, ja. Die Nachricht von der Neuregelung stimmt aber so nicht ganz. Es wird entweder pro Stream abgerechnet oder ein Viertel der Gesamteinnahmen, je nachdem, was höher liegt. Es wurde nur ein bisschen billiger, ist also immer noch teuer. Mobile Streaming ist sicherlich eine tolle Chance für uns, aber das wird noch dauern, nachdem das 3G-Netz in Europa besser entwickelt ist als in den USA.

Wie bezahlt Hypem diese Kosten? Selbst bei YouTube fragen sich viele, wie die Seite ihre Server und Streamings bezahlen kann.

Streaming ist für YouTube viel billiger, als man glaubt. Ab einem sehr hohen Maßstab ist das so, und YouTube und Google erreichen diese Größe. Aber tatsächlich verdient YouTube viel weniger, als man glauben könnte. Hypem finanziert sich jedenfalls über Werbung und Musikverkäufe und das zahlt bisher für unsere Rechnungen.

Hypem hat mittlerweile auch sehr viele Daten seiner User. Habt ihr schon daran gedacht, diese weiter zu verwenden oder weiter zu geben?

Wenn wir diese Daten verkaufen, müssten diese natürlich anonymisiert sein – das wäre der einzige mögliche Weg. Es ist aber leichter daran zu denken, als es wirklich umzusetzen, denn die Daten müssten in einer Weise aufgearbeitet sein, dass sie für Unternehmen verwendbar sind. Wir müssten uns überlegen, was solche Leute aus diesen Daten herauslesen wollen könnten. Das Potenzial ist jedenfalls da, aber derzeit konzentrieren wir uns auf normale Verbraucher.

Napster wurde damals von Bertelsmann übernommen, YouTube und Facebook von Google und Fox, Last.fm wurde von CBS gekauft. Gibt es für Hypem Angebote?

Das Geschäft ist schwer, Mann. (lacht) Hypem fügt sich nicht so leicht in andere Unternehmen ein. Angebote gab es, derzeit allerdings nicht. Hypem ist komplett unabhängig.

Ihr habt ja auch noch immer kein physisches Büro …

Ja, wir sind ziemlich radikal.

www.hypem.com

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