Julian & Der Fux bringen ihr erstes Album raus. Es ist deutlich anders als ihr bisheriges Material. Wie genau, das kann man hier erstmals hören.
Ein Album ist immer noch der beste Weg Talk Shows und Spalten in Tageszeitungen zu füllen. Denn alte Medien lieben Presseaussendungen. Und mit Blogs allein wird man heute nur noch schwer berühmt. Es braucht oft mehr als sehr witzige Pressefotos, drei beeindruckende Live-Auftritte und eine neue Single auf Soundcloud. "Hotline Bling" stand immerhin auch ein paar Wochen auf Soundcloud. Drüber reden und gepostet wird Drakes Single erst seit dem Video so massiv.
Für elektronische Acts ist ein Album nun so eine Sache. Finanziell rentiert es sich ohnehin fast nie. Und recht machen kann man es damit sowieso nicht allen. Denn es wird immer die Hörer geben, denen zu wenig Floorfiller drauf sind, oder die, denen der Wille den eigenen Sound auszuweiten nicht weit genug geht oder die, denen die Songs mit klaren Melodien und der Pop abgehen. Julian und der Fux haben nicht lange herum geeiert und sich dafür entscheiden etwas zu wagen. Du magst “Speckbrot”, “Mr. King”, “Hin und weg”, die sanft gurrenden Synths, den gebremsten Schub, den geraden Groove des Duos? Tja, gibts nicht. Zumindest nicht so wie du glaubst.
Bourbon & Vanille
“Vanille” also. Früher war die Orchidee so kostbar, dass auf die Ausfuhr aus dem einzigen Exportland Mexiko die Todesstrafe drohte. Sie blieb lange den Gott- und absoluten Kaisern vorbehalten – bis auf Bourbon (La Reunion) die künstliche Befruchtung gelang und sogar deine Oma später ihren Kaffee damit veredeln konnte. “Vanille” sucht die zarten Düfte, die alltäglichen Momente, Julian & Der Fux experimentieren mit entspannten Tempi, mit sanften Chören, mit Bläsersätzen, mit verminderten Akkorden, mit den 80s. Geblieben ist die rauchige Stimme von Julian Hruza und sein Flüsterton. Wenn man sich nun vom Floor und geraden Rhythmen weg bewegt, müssen die Songs natürlich mehr tragen. Das tun sie oft, manchmal auch nicht. Weil die Texte vieles nur andeuten und nicht immer klar ist, wovon die Rede ist. Das kann man in Zeiten von wenig zweideutigen Songs wie “Bussi Baby”, “Soft Drink” und “Dekadance” natürlich auch als sehr willkommene Abwechslung sehen. Selbst wenn die verantwortlichen Bands natürlich mit Worten umzugehen wissen und an anderen Stellen mit ihren Bedeutungen gekonnt spielen. Julian & Der Fux tun das auch und texten zwischendurch wolkige Zeilen wie: “Ein Mischduft aus Frischluft, und Meerduft aus Meerluft. Dann wisch doch gleich, den Tisch und rasch, weder Fisch noch Fleisch, weder frisch noch weich”.
Julian Hruza kennen wir hier bei The Gap schon lange. Am beeindruckendsten an ihm war lange seine Konsequenz. Auf seinem Label Jhruza veröffentlichte er eine Zeit lang lauter Singles, die brav, aber nie ganz aufregend waren. Aber er machte einfach weiter und irgendwann passten die verschiedenen Puzzlestücke zusammen. Julian fand den Fux – Dominic ‘Lupo’ Plainer. Zusammen spinnten sie eigenartige Video-Ideen, brachten auch live eine volle Grelle Forelle zum tanzen und ihre Fotos hoben sich angenehm von den vielen humorlosen Techno-Produzenten ab, die streng auf ihr Serato-Interface starren als würden sie gerade Beethovens Zehnte neu komponieren. Julian & Der Fux entziehen sich nun einmal mehr den Spielregeln. “Vanille” ist ein mutiger Schritt, den wohl nicht alle Fans mitgehen werden. Aber Ruhe jetzt. Das kann ja jeder mit dem Album-Stream selbst entscheiden.
Julian & Der Fux ist aktuell Artist der Woche auf FM4. Das Album “Vanille” erscheint am 6.11. via Jhruza Records. Release-Show am 7.11. gemeinsam mit Ages im Flex.