Ein Tanz auf der Müllhalde unserer Welt – »Ramita Seca. La Colonialidad Permanente« von Bartolina Xixa

Das Aufbäumen gegen koloniale Ausbeutung steht im Zentrum von Bartolina Xixas Videoarbeit »Ramita Seca. La Colonialidad Permanente«. Sie ist aktuell im Rahmen der Wiener Festwochen in der Kunst­halle Wien zu sehen.

© Bartolina Xixa »Ramita Seca. La Colonialidad Permanente«, 2019, Filmstill: Bartolina Xixa / Maximiliano Mamani

»Wir sind ein gigantischer Metabolismus, der wirtschaftlichen Konsum verdaut und seine Scheiße an den Peripherien unserer Welt ausstößt. Wir sind der Müll, den diese hygienische und gepflegte Welt nicht sehen will. Wir sind diejenigen, die die ökologischen Schulden bezahlen. (…)«

Mit diesem Statement endet das Musikvideo zu »Ramita Seca. La Colonialidad Permanente« (zu Deutsch: »Trockener Zweig. Die permanente Kolonialität«). Das Filmstill daraus, das oben abgebildet ist, zeigt das Gesicht Bartolina Xixas, einer Dragqueen aus den Anden, die vom Künstler und Tänzer Maximiliano Mamani im Jahr 2017 geschaffen wurde. Zur Musik der Folksängerin Al­dana Bello performt Xixa eine Choreografie in der Gebirgsschlucht Quebrada de Humahuaca, einem der beeindruckendsten Land­striche Argentiniens. Vor dieser Kulisse, mitten im Staub und Dreck einer Müllhalde, zwischen Bergen von Mistsäcken und zerschlissenen Matratzen bewegt sich Xixa selbstbestimmt und kraftvoll mit wehendem Kleid im Rhythmus der Musik. Die traditionellen farbenfrohen Gewänder und Bewegungen der Choreografie bilden einen starken Kontrast zur Umgebung. So zeichnet Xixa ein Bild des Aufbäumens gegen die Ausbeutung in den ehemaligen Kolonien. Die Arbeit soll ein Aufruf an jene sein, die unter dieser Ausbeutung leiden, politisch Stellung zu beziehen, Haltung zu zeigen und gegen sozio­ökonomische Ungleichheiten und strukturelle Gewalt zu kämpfen, um auf diesem Wege die kolonialen Wunden zu schließen.

Logiken der Ausbeutung

Bartolina Xixas Musikvideo zu »Ramita Seca« ist ein Teil der von Miguel A. López kuratierten Ausstellung »And If I Devoted My Life to One of Its Feathers?«, die sich mit den Logiken der Ausbeutung, dem rasenden Abbau von Ressourcen und der Umweltzerstörung als Erbe der Kolonialisierung auseinandersetzt. Die Werke der Ausstellung thematisieren die Überlebens­kämpfe indigener Gruppen sowie den solidarischen Widerstand gegen Frauen­feind­lichkeit, imperialistische Gewalt und staatliche Unterdrückung. Außerdem beinhaltet sie Beiträge mit unterschiedlichen Blickwinkeln auf die Covid-19-Pandemie – als Gesundheitskrise, aber auch als Krise der ökologischen und sozialen Gerechtigkeit.

Die Frage aus dem Ausstellungs­titel stammt ursprünglich aus dem Gedicht »Precarious« der chilenischen Dichterin, Künstlerin und Aktivistin Cecilia Vicuña, die Heilung und Wertschätzung gegen anthropo­zentrisches und heteropatriarchales Begehren setzte. Heute, 50 Jahre nach der Entstehung des Gedichts, leiht es diese Zeile einer Ausstellung als Titel, die an die Forderungen Vicuñas anschließt.

Die Ausstellung »And If I Devoted My Life to One of Its Feathers?« ist bis 26. September 2021 im Rahmen der Wiener Festwochen in der Kunsthalle Wien zu sehen.

Unsere Heftrubrik »Golden Frame« ist jeweils einem Werk zeitgenössischer Kunst gewidmet. In The Gap 187 ist dies: Bartolina Xixa »Ramita Seca. La Colonialidad Permanente«, 2019, Filmstill © Bartolina Xixa / Maxi­miliano Mamani.

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