"Unter Null" hieß 1985 Bret Easton Ellis‘ Debüt. Mit "Imperial Bedrooms" knüpft Ellis nun an die Grauslichkeiten von damals an.
Im Alter von gerade mal 20 Jahren schrieb der amerikanische Student Bret Easton Ellis 1984 eine Abschlussarbeit für einen Creative-Writing-Kurs. Sein Lehrer, der Schriftsteller Joe McGinniss, war davon dermaßen beeindruckt, dass er diese einem Verlag schickte, der die Story mit dem Titel „Less than zero“ 1985 auch tatsächlich veröffentlichte. 1986 erschien der Roman „Unter Null“ im deutschsprachigen Raum.
„Unter Null“ schildert nüchtern und anfangs monoton die Erlebnisse des 18jährigen Ich-Erzählers Clay, der für ein paar Ferienwochen aus dem College in seine Heimatstadt Los Angeles zurück kommt. Dort langweilen sich orientierungslose amerikanische Upper-Class Jugendliche aus zumeist reichen, aber zerrütteten Familien, nehmen Drogen, trinken, fahren fette Autos, besuchen Partys und haben bedeutungslosen Sex. Clay ist einer von ihnen, er lässt sich passiv, desinteressiert und desillusioniert durch die Geschehnisse treiben. „Nichts macht mir Freude. Ich mag gar nichts“, erklärt er seiner Ex-Freundin treffend seinen Zustand.
Die ersten 140 Seiten, die diese Tristesse, dieses Leben-in-den-Sand-setzen beschreiben, lesen sich recht deprimierend. Einen Schlag in die Magengrube allerdings versetzt die gegen Ende einsetzende Radikalisierung der Handlung: Ein Bekannter Clays prostituiert sich und wird von seinem Zuhälter mit Kokain und Heroin gefügig gemacht, die Clique begeilt sich an einem Snuff-Film, andere Bekannte vergewaltigen zu mehrt eine Zwölfjährige. Sie tun das, weil sie „nichts zu verlieren“ haben.
Das Buch avancierte zum Kultbuch (inklusive einer von vielen Seiten völlig verrissenen, weil weit vom Buch entfernten Verfilmung), Bret Easton Ellis zum Star. Wiederkehrende Themen seines literarischen Werkes sind psychische und physische Gewalt, Sex, Drogen und die Dekonstruktion der scheinbar heilen Welt der amerikanischen Upper-Class. Ellis, der in früheren Interviews die Frage nach autobiografischen Zügen seiner Werke stets verneinte, erkennt sich heute sehr wohl in seinen Protagonisten wieder. Welche Teile der beschriebenen Charaktereigenschaften, Erlebnisse oder Zustände tatsächlich autobiografisch sein könnten, will man angesichts der Fülle an seelischen und körperlichen Grausamkeiten und Perversionen lieber gar nicht so genau wissen.
„Imperial Bedrooms“ ist nun die rund 25 Jahre später handelnde Fortsetzung von „Unter Null“. Originell ist die Ausgangssituation: Denn Clay erklärt eingangs, ein Kumpel aus der Clique habe „Unter Null“ basierend auf Beobachtungen geschrieben, habe sich also als Clay ausgegeben. Der daraus gemachte Film floppte aber, so der in diesem zweiten Teil nunmehr „richtige“ Ich-Erzähler Clay, weil er wenig mit dem Buch zu tun habe, moralisiere und die ursprüngliche Erzählung verfremde. Kritikpunkte, die auch auf die tatsächliche Verfilmung zutreffen.
Clay, nach außen hin mittlerweile ein relativ erfolgreicher Drehbuchautor, innerlich ein latenter Psychopath, hält sich für ein Casting eines Filmprojektes, für das er das Drehbuch adaptiert hat, nach längerer Abwesenheit wieder einmal in Los Angeles auf. Mit seiner Rückkehr kehren Angst und Traurigkeit wieder. Nach und nach taucht er in eine Aura permanenter Paranoia, Lügen und des gegenseitigen Misstrauens ein. Jemand verfolgt ihn. Beim Casting lernt er die Möchtegern-Schauspielerin Rain Turner kennen, von der er auf den ersten Blick sagen kann, dass ihre Karriere nie ins Rollen kommen wird. Sie ist aber sehr hübsch und er stellt ihr eine Rolle in Aussicht – wenn sie ihm nur ständig sexuell verfügbar ist. Doch Rain Turner finden auch andere attraktiv… Eine Spirale aus abartiger Gewalt, Alkohol, Drogen, Perversion, Macht- und Psychospielen beginnt sich zu drehen, Schockmomente inkludiert.
Fazit: Nicht Neues aus dem Hause Ellis. Für Fans mag das Wiedersehen mit alten Bekannten aus dem ersten Teil und das Nachvollziehen ihrer Entwicklung durchaus spannend sein. In guten Momenten erinnert die Story mit ihren vielen Andeutungen und ungelöst bleibenden Rätseln an einen Film Noir, in schwachen an eine Soap Opera. Es ist fast eine Ironie des Schicksals: Man sagt der Verfilmung nach, sie diente Serien wie Beverly Hills oder Melrose Place als Inspirationsquelle – so wie diese Serien irgendwie das Buch inspiriert haben könnten…