Alles brennt in Macbeth. In der ersten wichtigen Verfilmung seit Jahrzehnten ist es traumatischer und übernatürlicher Irrsinn, der zwei beeindruckende Hauptdarsteller in die blutrünstigste, schönste Tragödie treibt.
Dauernd brennt etwas, einem toten Kind werden Steine auf die Augen gelegt, eine Schlacht tobt. Kein Wunder, dass es hier nicht mit richtigen Dingen zu geht. Etwas ist faul, nicht im Staate Dänemark, sondern in Schottland, und schön zugleich, schön und faul. Macbeth hat dem König die Schlacht gewonnen. Es war ein grässliches Gemetzel. Knochen splitterten, Menschen wurden niedergemäht, Blut war überall, in allerbester Zeitlupe. Macbeth soll König werden. Das sagen ihm die Hexen. Da muss der König weg und halb Schottland mit ihm.
Ohne »Game Of Thrones«, »300« und die Videos von Wood Kid hätte es diesen Film so wohl nicht gegeben. Die Bilder sind düster und dramatisch. Die Schicksale vorgezeichnet. Tote, Gier und Gewalt gibt es reichlich. Die Verfilmung von Regisseur Justin Kurzel passt ganz hervorragend in diese Gegenwart. Es war wohl einfach wieder einmal an der Zeit, dass der 400 Jahre alte Stoff in HD adaptiert wurde. Immerhin gibt es generell wenig brauchbare Verfilmungen von Macbeth und keine, die man sich heute noch gut ansehen kann. Orson Welles, Akira Kurosawa und Roman Polanski sind zu alt. Dieser Macbeth hat nun Berge wie auf einem Sohn-Albumcover, Filter von Instagram, tief hängende Nebel und arg zerfurchte Gesichter, Blut und strenge Farben, Lens Flares und mit Michael Fassbender und Marion Cotillard zwei Hauptdarsteller, die auch Shakespeare-Verweigerer dazu bringen sollten, dem Film eine Chance zu geben. Immerhin sieht man Fassbender in allen Lagen, nahe dem Irrsinn, apathisch, gierig, zornig, oben nackt badend und barfuß auf einem Schimmel. Er schaut manchmal ein bisschen starr drein. Aber, kurz gesagt, es gibt wirklich schlimmere Macbeths als ihn.
Ja, der Film dauert fast zwei Stunden und nimmt sich dabei doch relativ wenig Freiheiten. Ganz am Anfang wird ein Kind von Macbeth und seiner Frau zu Grab getragen, als könnte es ein Motiv für ihre hässlichen Taten sein, dem jungen Tod ganz nah ins Auge schauen zu müssen. Und die Hexen spielen ihre Rolle mehr als sonst. Sie reichen Macbeth in Gestalt eines Burschen den tödlichen Dolch, als der noch zögert, den König in seinem eigenen Schloss zu ermorden; sie helfen Fleance auf der Flucht und treiben auch Lady Macbeth in den Selbstmord. Ahm, Spoiler Alert. Dadurch wird die große Tragödie sogar weniger tragisch. Denn immerhin sind es übersinnliche Wesen und posttraumatischer Stress, die da ihr Spiel mit den Menschen treiben und sie anstiften, sich gegenseitig die Kehle aufzuschlitzen und Kinder auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen – es ist nicht das Kalkül der Macht und machiavellische Politik, die sie dazu bringt. Macbeth ist hier mehr noch ein Soziopath und kein Fürst, der sich zum Tyrann aufschwingt und dort schnell an die Grenzen seines Verstands stößt.
Sonst aber hält sich der Film an den Text. Viele Möglichkeiten, dem Stoff eine wirklich filmische Gestalt zu geben, gibt es dadurch nicht. Das Ding muss erzählt werden. Mit spektakulären Einstellungen, einem gut gewählten Cast und fast schon greifbar gewobenen Kleidern und finsteren Orten. Als dann am Ende Macbeth in roter Glut untergeht, ist nicht nur klar, Schottland ist durch die Hölle gegangen, sondern auch, dass dieser Macbeth so gar nicht zeitlos und dafür umso relevanter ist.
»Macbeth« von Justin Kurzel mit Michael Fassbender, Marion Cottilard läuft ab 30. Oktober in den österreichischen Kinos.