Anspruchsvoll und ambitioniert, streng limitiert und kuratiert: Der junge Wiener Kunstbuchverlag Harpune präsentiert sein erstes Programm auf der Art Book Fair in New York.
Vielleicht sieht sie so aus, die Zukunft des gedruckten Buchs: limitierte Sammlerstücke in edlen Ausführungen für eine genau umrissene Zielgruppe. Im Falle des jungen Wiener Kleinverlags Harpune ist das der oder die literarisch bewanderte Bibliophile mit Kunstsinn und ein wenig Freude am Ungewissen. Denn wer weiß schon so genau, was da noch kommt, wenn einem ein weltliterarisches Schwergewicht wie »Moby Dick« Kapitel für Kapitel in Filetform serviert wird? Wobei der Kitzel vermutlich deutlich größer ist als beim Sammeln von Fußballerpickerln, wo der Kader steht und neben dem Tausch vor allem die Komplettheit der Kollektion reizt. Scheibe für Scheibe wird Herman Melvilles Geschichte vom weißen Wal und seinem Jäger von grafischen Künstlern interpretiert. Im ersten Herbstprogramm zum Beispiel von Constantin Luser und Olaf Breuning. Sicher ist für den Sammler also nur, dass der ideelle Wert des Werks mit hoher Wahrscheinlichkeit steigen wird. Denn erstens handelt es sich durchwegs um Künstler, von denen für die Zukunft einiges zu erwarten ist, und zweitens ist jede Scheibe von »Moby Dick Filet« auf 460 Stück limitiert.
Man sieht gleich: Josef Zekoff und Sarah Bogner, die beiden Gründer des Verlags, wissen die Stärken des Gedruckten maximal zu nutzen. Haptik, edles Papier und Bleisatz, insgesamt eine aufwendige Gestaltung samt dem gekonnten Einsatz von Typographie geben einem sofort das Gefühl, etwas Besonderes in Händen zu halten. Mit der Neuen Satz Wien hat Sarah Bogner sogar eine eigene Setzerei im Hintergrund. Was ebenfalls nicht schadet: Die beiden Verleger sind gut vernetzt. Nicht nur in der deutschsprachigen Kunstszene. Sie denken auch international. Ihr erstes Programm stellen sie nicht etwa auf der Frankfurter Buchmesse oder gar der Buch Wien vor, und auch nicht auf Kunstmessen wie der Vienna Fair, sondern auf der Art Book Fair in New York. Die Harpune ist spitz, sie trifft und sticht zielgenau.
Auch die Verlagsarbeit geht bei Zekoff und Bogner – allein schon ob des künstlerischen Anspruchs – weit über die branchenüblichen Abläufe hinaus. Nicht nur ein langfristig angelegtes Projekt wie »Moby Dick Filet« wird kuratiert. Wobei Kunst durchaus im Sinne von Kunst-Kunst zu verstehen ist. Das erste Programm hat »den Artisten als einsamen Darbietenden und Magier, als Künstler und monologisierenden Superhelden vor wechselndem Publikum« im Mittelpunkt. Neben einem Text des verstorbenen Autors Hermann Burger, dem der Künstler Moussa Kone zeichnerisch zusätzliches Leben verleiht, manifestiert sich das in der Zusammenarbeit zweier guter Bekannter: Der Künstler Andy Hope 1930 hat mit dem Autor und Sänger Schorsch Kamerun einen zweisprachigen 64-Seiter erarbeitet: »Am Abend sollte ich die Nacht ertragen / In the Evening I was to Bear the Night“. Die davon aufgelegten 350 Stück dürften trotz Bleisatz nicht allzu lange liegen bleiben.
Das erste Verlagsprogramm, nummeriert und sammelbar:
»Am Abend sollte ich die Nacht ertragen / In the Evening I was to Bear the Night« von Andy Hope 1930 & Schorsch Kamerun
16 x 24 cm, 64 Seiten, Deutsch und Englisch; Bleisatz mit 9 Abbildungen in braunem Buchdruck und 17 Vierfarbabbildungen in Offsetdruck, gebunden in gelbem Leinen mit Buchdruck-Schuber in einer Auflage von 350 Stück.
»Diabelli« – ein Text von Hermann Burger (1942–1989) mit Zeichnungen von Moussa Kone
17 x 21 cm, 112 Seiten, 50 Zeichnungen im Buchdruck, Bleisatz, mit schwarzem Faden gebunden, mit Schutzumschlag im Buchdruck in einer Auflage von 250 Stück.
»Moby Dick Filet« – der große weiße Wal kapitelweise filetiert und monatlich serviert – u.a. von Constantin Luser und Olaf Breuning
Herman Melvilles Meisterwerk vom weißen Wal und seinem unerbittlichen Jäger Kapitän Ahab in allen 137 Kapiteln als illustrierte Fortsetzungsserie je 12 Seiten, 14.8 x 19.9 cm, Duplex, ungebunden, gefaltet, in einer transparenten Buchdruckhülle, nummeriert von 1 bis 460 Exemplaren.