Plattenbau, Smart City, Ubiquitous City – Planstädte sind bei ihrer Entstehung immer moderne Fremdkörper, doch nicht alle müssen es auch bleiben.
Brasília – Plan-Hauptstadt
Kann man sich nicht auf eine Hauptstadt einigen, dann baut man halt eine. Das hat in Australien, Pakistan, Kanada oder den USA halbwegs funktioniert und wurde auch in Brasília so gehandhabt. Die brasilianische Hauptstadt im Herzen des Landes löste 1960 Rio de Janeiro als Regierungssitz ab. Nach nur vier Jahren Bauzeit wurde aus zwei sich kreuzenden Feldwegen im Herzen des gebeutelten Landes eine Vorzeigehauptstadt nach der Vision von Präsident Juscelino Kubitschek, Städteplaner Lucio Costa und Architekt Oscar Niemeyer. Das Prinzip der sich kreuzenden Feldwege, die gleich einem Fadenkreuz auf das Herz des Landes zeigen, wurde beibehalten und eine Stadt auf zwei Achsen aufgezogen, inklusive futuristischem Regierungssitz und UFO-Kathedrale.
Heute ist die Hauptstadt Unesco-Weltkulturerbe und Reiseziel für Architekturbegeisterte weltweit. Das Konzept, mit dem Costa und Niemeyer sich in Architektenkreisen unsterblich machten, ist heute theoretisch eine der größten Erfolgsgeschichten im Planbau. In der Praxis ist Brasília auf das Zehnfache der erdachten Größe von 300.000 Einwohnern angewachsen und kämpft mit sozialen Missständen und Versorgungsproblemen.
King Abdullah Economic City – #KAEC
Mit sperrigem Namen und großprotzigem Auftreten macht die King Abdullah Economic City in Saudi-Arabien bereits als Baustelle einen großen Wirbel um sich. Eine Millionenstadt zwischen traditionellen arabischen Werten und westlicher Moderne soll am Roten Meer entstehen, mit nichts Geringerem als nur dem Größten, Besten und Schönsten.
Was hier wachsen soll liest sich wie das saudi-arabische Pendant zu Dubai, gelegen an einer der bedeutendsten Schifffahrtsrouten der Welt. Grün, modern, digitalisiert und Heimat der großen Denker der Zukunft soll KAEC werden. Der arabische Traum ist nachhaltig und wirtschaftlich ausgelegt, verbindet den internationalen Ost-West-Marktplatz mit dem Charme von Tausendundeiner Nacht. Finanziert wird das 100 Mrd. Dollar schwere Projekt aus dem privaten Sektor und als Investition ist die Stadt auch von Grund auf konzipiert, mit dem Ziel, führende Unternehmen nach Saudi-Arabien zu holen. Der Markt soll regieren, wenn das Öl an Macht verliert. Zukunft ungewiss.
Wiener Neustadt / Seestadt Aspern – Planstädte Made in A
Wiener Neustadt und die gerade im Entstehen befindliche Seestadt Aspern im Nordosten Wiens sind die zwei berühmtesten Vertreter der hiesigen Planbaugeschichte. Abgesehen von ihrer Nähe zur Bundeshauptstadt und dem Entwurf auf dem Reißbrett könnten beide Städte nicht unterschiedlicher sein. Wr. Neustadt ist eine im hohen Mittelalter gebaute Altstadt und heutige Industriestadt, die Seestadt Aspern ein Produkt des aktuellen suburbanen Trends. Herzog Leopold V. benötigte im 12. Jahrhundert eine Grenzbefestigung zu Ungarn und die Lösung dafür war eine als Parallelogramm angelegte Stadt: die "Neustadt". Obwohl das ursprüngliche Konzept bereits 1.000 Jahre alt ist, gilt Wr. Neustadt als eines der ersten Beispiele einer "künstlichen" Stadtschaffung. Die Seestadt hingegen ist als Quiet-Quality-Lebensraum mit Stadtzugang geplant, als Ovum angelegt mit lauter weiblichen Straßennamen und gerade in der richtigen Distanz für urbanes Leben mit der notwendigen Portion Naherholung.
Es ist also wie in vielen Bereichen menschlichen Lebens. Nicht das Konzept an sich ist schlecht, sondern einzelne Ausführungen, einzelne Designs. So, wie sich Roboter, Stühle oder Marketing-Konzepte falsch planen lassen, können auch Planstädte nicht funktionieren oder für die falschen, weil sich ändernden Rahmenbedingungen geplant worden sein. St. Petersburg, Novi Beograd, der Stadtteil Eixample in Barcelona – sie alle verbindet, dass sie für unterschiedliche regionale Bedürfnisse und Ziele gebaut wurden. Für Smart Citys der Zukunft muss dieses Wissen am Anfang jeder Planung stehen.
Smart Cities ist nicht nur eines der Lieblingsthemen der Wirtschaftsagentur Wien, sondern als "Post City – Lebensräume für das 21. Jahrhundert” das Thema der Ars Electronica 2015. „Zukunftsstadt“ ist das Thema des Wissenschaftsjahrs 2015.