Wer online oder in der Buchhandlung des Vertrauens nach Reiseführern sucht, wird feststellen, dass es Reiseführer "nur für Frauen" gibt. Warum eigentlich? Eine Spurensuche.
Mintfarben, goldene, elegante Schrift, gutes Format – der Reiseführer Hamburg for Women only ist schon schick, keine Frage. Dagegen spricht erstmals nichts, haben die anderen Reiseführer doch meist den optischen Charme von Wels – das will Frau vermutlich nicht lesen, dahin will Frau vermutlich auch nicht reisen.
Herausgegeben von der in Wien beheimateten Journalistin Nicole Adler präsentiert die for Women only-Reihe (erschienen im Brandstätter Verlag) europäische Städte. Bisher sind Reiseführer für Wien, Berlin, München und zuletzt Hamburg erschienen. Geschrieben wurden sie von Frauen, die in den jeweiligen Städten wohnen und arbeiten und sich daher auskennen, wo Frau shoppen, essen und Kultur genießen kann. Im Fall des Hamburg-Reiseführers waren die Journalistinnen Lisa van Houtem, Anna Weilberg und Katharina Charpian für den Inhalt verantwortlich. Die drei haben auch das Online-Magazin Femtastics, das laut Website „das neue digitale Magazin für Girlpower“ ist, gegründet. Die hübschen Fotos hat der Fotograf Pelle Buys geschossen. Inhaltlich deckt der Reiseführer die Bereiche Shopping, Kulinarik, Kunst und Kultur ab. Dazwischen befinden sich Interviews mit bekannten Hamburgerinnen, wie etwa der Moderatorin und Schauspielerin Nova Meierhenrich oder der Beauty-Bloggerin Hanna Schumi, die in der Stadt leben und arbeiten und den Leserinnen etwa ihre Lieblingsplätze verraten oder Fragen wie „Elbe oder Alster?“ beantworten. Die for Women only-Reihe verstehe sich nicht als klassischer Reiseführer, es gehe mehr darum, die eigene Stadt neu zu erschließen, so Nicole Adler. So weit, so schön, so gut. Doch warum gibt es Reiseführer „nur“ für Frauen? Und braucht es sie?
Shopping und Kultur für Frauen, Bier und Bergsteigen für Männer
Wer bei amazon.de nach „Reiseführer für Frauen“ sucht, erhält 794 Treffer, wobei nicht alle Suchergebnisse explizit Reiseführer auflisten. Diese richten ihren Fokus – den ersten Eindruck nach – meist auf Shopping, Mode, Beauty, Wellness, Kultur, Clubbing, Essen und Trinken. Auch Begriffe wie ‚Mädelsurlaub’ oder ‚von Frauen für Frauen’ fallen.
Die Suche nach „Reiseführer für Männer“ auf amazon.de liefert immerhin auch stolze 649 Treffer (hier werden ebenso nicht nur explizit Reiseführer gefunden). Dennoch zeigt sich hier schnell: Der Markt für Männer-Reiseführer ist anders. Die Ergebnisse reichen etwa von „Männertouren: 30 Wanderungen für echte Kerle in den Bayrischen Alpen“ und „111 Orte für echte Männer, die man gesehen haben muss“ zu „Bangkok: Ein Reiseführer für Männer“. Auf Letzterem ist die Silhouette einer Frau zu sehen. Beim ersten Durchblick über die Titel lässt sich folgendes festmachen: Einige (self publishing)-Reiseführer verstehen das Reisen wohl eher als Aufriss (Stichwort: Wie bekommt Mann Frauen in Thailand oder Brasilien ins Bett?) und viele Reiseführer richten ihren Fokus aufs Bergsteigen, dabei wird der Begriff „echte Männer“ inflationär verwendet. Ebenso scheinen Bier und Survival-Guides für draußen für die Zielgruppe „echter Mann“ von Bedeutung zu sein.
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