Wenn man Gudrun von Laxenburg auf ein Drittel reduziert, sinkt der musikalische Stresspegel. Das Solodebüt von Daniel Helmer entführt in wohlige Sounddesigns für den nasskalten Herbst.
Wollen wir wetten, wie lange noch Alben erscheinen, deren Recording-Prozess in die Anfangszeit der Coronapandemie datiert werden? Das vorliegende Album von Ifsonever ist nämlich noch so eines. Aber vielleicht muss man auch nicht so viel auf begleitende PR-Texte geben, denn immerhin steht dort auch eine dick aufgetragene Beschreibung, die lautet: »a blueprint of an urban ambient club record from a parallel universe«.
In Zeiten des überbordenden Marketings scheint es also so zu sein, dass gute Musik vor allem jene Menschen zu Ohren bekommen, die am besten mit Begleittext-Cringe umgehen können. Denn tatsächlich ist das Debütalbum von Ifsonever – klingt unbekannt, ist er aber nicht, mehr dazu gleich – eines dieser Veröffentlichungen, die im Herbst genau richtig angesiedelt sind.
Sind die nostalgischen Roadtrip-Alben des Spätsommers erst einmal im kalten Frühnebel des späten Oktobers verschwunden, glänzen vor allem die reduzierteren Produktionen vom blätterbedeckten Untergrund hervor. Und zwar mit allen Details, die ein Ambient-Album vervollkommnen: Field-Recordings, Voice-Samples, starken Panorama-Arrangements und runden, weichen Bässen.
One-Takes aus dem Lockdown
Verantwortlich für die vorliegende, selbstbetitelte Sammlung an angenehmen Sounddesign-Ambient-One-Takes ist Daniel Helmer. Klingelt noch immer nicht? Okay: Teil von Gudrun von Laxenburg, die ab 2009 als Techno-Punk-Trio durch die Lande zogen. Nun eben solo, wie man das halt so machte, als in den Lockdowns Nummer eins bis unendlich soziale Nähe verboten war.
Aber ganz ohne Miteinander geht es dann glücklicherweise auch nicht: Zwei Kooperationen mit Filmakademie-Kollegen Millian X (»Jonesy Dreams of Birds«) und dem London-Jazzer Guido Spannocchi (»An Unexpected Error Occurred«) gibt’s obendrauf.
Interessantester Aspekt ist der One-Take-Charakter. Der schafft Platz für happy little accidents und tut nebenbei der Direktheit gut, die durchpolierten elektronischen Produktionen des Spätkapitalismus oft fehlt. Schwer empfohlen sei, die Hängematte nicht gleich einzumotten, sondern einen Indoor-Platz zu finden, um darin dieses Album zu hören.
Das Album »Ifsonever« von Ifsonever ist heute, also am 28. Oktober 2022, bei Jazz & Milk Recordings erschienen.