Wien und die Welt – Janina Kepczynski von den Illustration Ladies im Interview

Zum Zeichnen in die Bar: Die Illustration Ladies vernetzen von Wien aus Illustratorinnen in mittlerweile elf Städten. Ein Gespräch mit Janina Kepczynski, einer der beiden Gründerinnen, über ehrenamtliche Fulltime-Jobs und gemeinsames Zeichnen, Einzelkämpferinnen und Mailänder Eisdielen.

Die Illustration-Sessions als monatlichen Stammtisch und Netzwerktreffen gibt es mittlerweile auch in Linz, Graz und Salzburg. Kommen zu euren Sessions in Wien auch Illustratorinnen aus den Bundesländern oder sind die Illustration Ladies Vienna wirklich ein reines Hauptstadtnetzwerk?

Wir mischen gerne durch. Wer in der Stadt ist, kann gern vorbeikommen. Letztens haben wir extra zu einem Österreich-Treffen geladen, da sind auch viele aus Graz und Salzburg gekommen. Wir freuen uns sehr über den Austausch zwischen den Städten. Auch für uns als Organisatorinnen ist es toll, so viele Illustratorinnen kennenzulernen. So haben wir unterdessen einen sehr guten Überblick, welche Illustratorinnen in Österreich arbeiten, und wissen ziemlich gut, wer in welchem Arbeitsfeld unterwegs ist und wer welche Spezialisierung hat. Das Berufsbild der Illustration ist ja so vielfältig. Da kann man in Bereichen arbeiten wie Animation, Werbe-Illustration, Graphic Recording, Lettering, Packaging-Illustration, Buch- oder Editorial-Illustration, Live-Illustration, Wandgestaltung usw.

Ihr wurdet von der Stadt Wien gefördert und als »Future Community« ausgezeichnet. Was hat euch das gebracht?

Ein Ziel unseres Netzwerks ist es, Sichtbarkeit zu schaffen. Jede Auszeichnung schafft Wahrnehmbarkeit und je mehr Leute von unserem Netzwerk erfahren, desto besser sichtbar sind die einzelnen Illustratorinnen. Da haben alle was davon. Und manchmal kommen als direkte Auswirkung auch gleich Jobanfragen oder Kooperationen rein. Wir arbeiten zum Beispiel mit der monatlichen Vortragsreihe »Creative Mornings« zusammen und sorgen gerne für Abwechslung, damit die Illustration-Sessions nicht langweilig werden. Da haben wir zum Beispiel für das Magazin von »Creative Mornings« gemeinsam ein Cover gestaltet, das gerade erst mit dem Joseph Binder Award ausgezeichnet wurde, was uns wirklich sehr gefreut hat.

Für das Magazin von »Creative Mornings« wurde das Frauennetzwerk mit dem renommierten Joseph Binder Award ausgezeichnet. (Foto: Illustration Ladies)

Das Konzept Illustration Ladies wurde bereits mehrfach exportiert. Auch in Zürich, Mailand, Köln, Amsterdam und Costa Rica sind Einzelkämpferinnen als Illustration Ladies vernetzt. Wie hat sich das ergeben?

Nach den ersten Treffen in Wien kam plötzlich eine Anfrage aus Costa Rica, ob sie unser Konzept übernehmen dürften und die Illustration Ladies auch bei sich starten könnten. Wir haben denen dann Logos zur Verfügung gestellt, Tipps gegeben, wie man startet und Sessions plant. Das hat dort auch gleich gut funktioniert, seither kommen regelmäßig Anfragen aus anderen Städten. Wir haben dann ein einfach erweiterbares Corporate Design für ein expandierendes, globales Netzwerk entwickelt. Oft folgt uns jemand auf Instagram, beobachtet uns und startet ein Netzwerk in ihrer eigenen Stadt. Unterdessen sind es elf Städte weltweit, die unsere Idee mittragen und so nach unserem Konzept lokale Netzwerke aufbauen, was wir natürlich sehr begrüßen.

Ich nehme an, mittlerweile gibt es konkrete Vorgaben, wenn zum Beispiel jemand Illustration Ladies München oder Bratislava starten möchte.

Ja, die gibt es. Fünf Jahre Berufserfahrung wären gut, um dem Netzwerk bei Fragen wirklich mit brauchbaren Antworten zur Verfügung stehen zu können. Die Hosts führen dann auch den jeweiligen Instagram-Kanal des Netzwerks. Man sollte also an Austausch interessiert sein und sich gerne mit den sozialen Medien beschäftigen. Die Chapter können auch gerne zwei Hosts haben, das macht mehr Spaß und ist effektiver. Wir freuen uns immer, wenn sich Interessierte bei uns melden. Wir sagen aber offen dazu, dass ein Haufen Arbeit damit verbunden ist. Aber wer uns aktiv anschreibt, ist meist sehr motiviert und outgoing, aktiv und vernetzend.

Funktioniert die gegenseitige Unterstützung auch international?

Länderübergreifende Jobanfragen, die wir vermitteln konnten, gab es bislang noch nicht. Wenn eine Eisdiele in Mailand eine Wandgestaltung braucht, leite ich das an die Host-Lady in Mailand weiter. Die kann sich die Eisdiele anschauen und kennt ihr lokales Netzwerk am besten. Aber ja, denkbar ist das – und viele Illustrationsjobs kann man ja ortsunabhängig erledigen.

Wie groß ist denn das Netzwerk der Illustration Ladies? Wie viele gibt es in Wien, wie viele international?

Es sind wie gesagt elf Städte, jedes lokale Netzwerk ist unterschiedlich groß – es ist also schwer zu sagen. In Wien haben wir Kontakt zu fast 200 Illustratorinnen. Manche sind aktiver, manche beobachten das Geschehen nur über den Newsletter oder in den sozialen Medien. Die anderen Städte sind auch sehr aktiv und konnten inzwischen selbst eine große Community bilden. Die Frage ist ja immer: Ab wann ist man dabei? Schon als Followerin? Oder erst als jemand, der zu Netzwerktreffen geht? Wir beobachten, dass sich sehr viel tut und bei jeder Illustration-Session teilen die Illustratorinnen ihre Fotos und Zeichnungen online und generieren so sehr viel Aufmerksamkeit und Reichweite. Gemeinsam mit den anderen Städtehosts und dem globalen Netzwerk erreichen wir monatlich eine Reichweite, die in die Hundertaussende geht.

Janina Kepczynski (links) und Florine Glück gründeten gemeinsam die Illustration Ladies. (Foto: Lisa Langmantel)

Ich nehme an, eure Arbeit findet dezentral statt. Oder gibt es so etwas wie eine Zentrale?

Bei den Illustration Ladies Vienna treffen wir uns immer woanders – zum Zeichnen in verschiedenen Bars, Restaurants oder in den Studios der Ladies. Oder wir zeichnen wie gesagt auf Events wie der Buchmesse. Das macht das Ganze auch sehr lebendig und abwechslungsreich. Wenn deine Frage ist, wie sich das globale Netzwerk organisiert: Das machen wir hier von Wien aus und versuchen, so gut wie möglich mit allen Städte-Hosts persönlichen Kontakt zu halten und uns immer wieder auszutauschen. Das ist sehr inspirierend.

Haben Illustrator*innen eigentlich auch eine offizielle Standesvertretung?

Design Austria versteht sich als Interessensvertretung von österreichischen Designer*innen unter anderem in den Bereichen Grafik-, Produktdesign und Illustration. Dort sind viele von uns Mitglied. Oft sind die Fragen, die uns beschäftigen, aber sehr speziell, egal ob rechtlicher oder handwerklicher Natur. Illustration ist ja von Animation über Lettering bis hin zu Street-Art und Kinderbuchillustration ein sehr, sehr breites Berufsfeld.

Viele der Illustration Ladies arbeiten sowohl künstlerisch, als auch klar kommerziell als Auftragsillustratorinnen. Lässt sich absehen wie sich AI und Dall-E auf euer Geschäft auswirken werden?

Das Handgemachte und Persönliche wird auch künftig gefragt sein, denke ich. Ich selbst hab mich mit der Thematik AI und Dall-E, ehrlich gesagt, noch nicht sehr beschäftigt. Aber ich weiß: Es gibt dazu viele Vorträge und Infoveranstaltungen von den Berufsverbänden und sicherlich wird es so bleiben, dass Menschen gerne mit Menschen zusammenarbeiten und die persönliche Ansprache und Beratung angenehmer und qualitativ hochwertiger bleiben wird als die schnelle, digitale Lösung.

Nähere Infos zum Kreativnetzwerk Illustration Ladies und zu seinen Aktivitäten unter www.illustrationladiesvienna.com beziehungsweise www.illustrationladies.com.

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