I'm a doggy shit ashtray

Zu "100 Jahre the gap" haben wir uns was geleistet und Gonzales aus Paris einfliegen lassen. Neben einer immensen Taxirechnung, an die wir einfach nicht dachten oder denken wollten, hat er ausser einer einzigen Zuhörerin hörbar allen gefallen. Was steckt aber hinter diesem Bademantel tragenden Klaviervirtuosen sonst noch?

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Chilly Gonzales ist wohl einer der einprägsamsten Gestalten im derzeitigen Pop-Business. Wer den Mann schon mal live ob als Rapper, Vokalist oder einfach (was in dem Kontext die Untertreibung des Jahrhunderts ist) nur am Piano erlebt hat, weiß was Sache ist.Aber nicht nur seine Musik spricht Bände, auch sein äusseres Erscheinungsbild lässt weniger Teeny-Herzen, sondern viel mehr die Mütter dieser Zielgruppe dahinschmelzen. Stets adrett wie ein Sir auf seinem walisischen Landsitz wirkt der mit bürgerlichen Namen bekleidete Jason Beck in seinem Morgenmantel Sattelfest wie die britische Upper-class bei der Fuchsjagd. Erhaben mit seinen gefühlten zwei Meter Körpergröße und festem Schritte in frisch polierten Lackschuhen kauften man diesem Tausendsassa auch jeden Unfug ab.

Nun war es für Gonzales – wie er auch gerne genannt wird – wieder mal an der Zeit ein Studioalbum zu realisieren. Nachdem er längere Zeit in Berlin verweilte unter anderem mit der kessen wie frechen Peaches und dort Gott und die Welt und dessen Mutter kennen gelernt hat, fand er schnell gefallen daran Boys Noize als Produzenten zu gewinnen. Dieser hatte ja äusserst erfolgreich Feist’s “My Moon My Man“ geremixt, als auch soeben Teile des neuen Album von Kelis als auch einer der Grime-Protagonisten Kano. Somit lag es nicht fern mit Alexander Ridha zusammen sich an das Werk zu “Ivory Tower“ zu setzen. Zwar klingt das musikalisch nicht nach nächtelangen Session, aber das kann und wird von zwei solch Superproduzenten auch nicht erwartet, da sich die eh blind verstehen, versteht sich.

Apropos Superproducer: Gonzales agiert namentlich als solcher vor der Kamera, da die Musikindustrie am Sterben ist und er der Meinung, dass er diese mit seinen teils extremen Mittel retten kann. Die ersten fünf Folgen sind irrwitzig komisch und bergen eine gewisse Wahrheit in sich; definitiv.

Aber zurück zu Album: “Ivory Tower“ klingt wie Eurodance Mitte der 80er Jahre, nur eine Spur spritziger und vor allem durch seine Texte und den Gonzo typischen “Sprechgesang“ herrlich auflockernd. Nur das ist noch nicht alles. “Ivory Tower“ ist auch der Titel seine Filmes, den er gemeinsam mit Céline Sciamma („Water Lilies“) geschrieben hat und in dem seine Freunde und Musiker wie die bereits oben schon erwähnte Peaches und der durch “International Deejay Gigolo“ bekanntgewordene Tiga als auch Chilly selbst mitspielen werden. Dieses cineastische Erstlingswerk von Gonzales handelt von Schach als Sport und den damit verbundenen Erfolg. Ein anderes Thema käme – wenn wir uns ehrlich sind – doch gar nicht in Frage.

Die Frage die jedoch offen bleibt: Was kommt als nächstes, Chilly? Bei der Vielfalt von qualitativ musikalisch hochwertigen Output gepaart mit seinem extravaganten Auftreten und der leichte Hang zur Ironie, dürfen wir auf das Unerhoffteste des Erwarteten bis in kürze gespannt sein; mindestens.

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