Im Kurzfilm »Dirty Distancing« wird so bezeichneten »Querdenkern« in die Fresse gehauen, zu »Fuck News« masturbiert oder das Kind im Elefantenkostüm abgeschoben. Dominic Marcus Singer legt eine überbordende Corona-Satire hin, die er als »strengen Autorenfilm« bezeichnet und als »Strafe« für die Coronapolitik nicht ausreicht. »Dirty Distancing« ist eine von zwei Pandemie-Satiren, die neu in der Cinema Next Series zum kostenfreien Stream veröffentlicht wurden. Wir haben den Filmemacher zum Interview gebeten.
»Dirty Distancing« ist die nächste Veröffentlichung in der Cinema Next Series, die regelmäßig auf der Streamingplattform Kino VOD Club kostenlos spannende Filme von heimischen Filmtalenten präsentiert.
In deinen eigenen Worten: Worum geht es in »Dirty Distancing«?
Dominic Marcus Singer: Wenn ich etwas eigen sein darf: um die österreichische Seele im Angesicht der Krise und um den augenscheinlich äußerst dehnbaren Begriff »Zusammenhalt«. Um ein Sittenbild, das mit Sebastian Kurz an der Spitze zur stilsicheren Form gefunden hat. Pfui!
Subtilität ist nicht die Sache von »Dirty Distancing«. Wie kam es zu dieser Corona-Groteske und dazu, den Film als bitterböse Satire zu erzählen?
Subtil war die letzten zwei Jahre doch wirklich gar nichts! Ich addiere bloß die gesammelten Tatsachen und präsentiere dem Publikum eine Gleichung.
Ihr bezeichnet den Film selbst auch als »Polittrash-Movie«. Bekommt die Regierung für ihre Coronapolitik den Film, den sie verdient?
Der Film ist nicht Strafe genug, Kunst ist leider zu wenig. Ich kann aber nichts anderes und das ist doch auch schrecklich schön. Diesen Schmerz stille ich mit einem Sekt-Frühstück.
Der Film wirkt wie eine Mischung von grotesken, wilden Einfällen. Fast ein wenig in der Manier der ORF-Satire »Tohuwabohu« in den 1990er-Jahren – nur bissiger, blutiger, böser. So etwas sieht man derzeit nur noch selten, weder im Kino noch im Fernsehen. Hattet ihr irgendwelche Vorbilder oder Referenzen für euren Film?
Die Suche nach der künstlerischen Freiheit mit geringen Mitteln fordert ihren Tribut. Das Extreme ist für mich noch die letzte Legitimation, einen Trashfilm ohne Budget zu drehen. Witzigerweise handelt es sich hierbei jedoch um einen strengen Autorenfilm, das Drehbuch war die Bibel, meine Vorstellungen kaum verhandelbar und es gab nur wenig Raum für Improvisation. Weiter wird die vermeintliche Freiheit durch den dokumentarischen Kamera-Stil, in sich abgeschlossene Szenen ohne Schnitt und versimpeltes Over-Acting suggeriert. Somit schließt das Gefühl des Films formell an zwei Jahre Pandemie an: alle Rechte und keine Pflichten. Bleiben wir immer unfrei, weil wir alle Freiheiten einfordern? So wie meine Figuren, die unnachgiebig überzeugen wollen: Die Überhöhung und die vielen Angriffspunkte sind nur ein Trick, auf den das Publikum reinfallen kann oder nicht. Die Farce ist jedoch real.
Manche unserer Zuschauer*innen im Gartenbaukino waren ziemlich verstört, als wir den Film im Oktober dort zeigten. Was reizt dich an dieser »unschönen«, trashigen und überdrehten filmischen wie auch erzählerischen Form?
Verstört finde ich lustig. Die Realität hat unsere Fiktion doch schon längst überholt! Da denke ich mir wieder: Ja, klar, Österreich eben. Und genau das macht den Reiz aus. Ich kann noch so dreckig darauflosfilmen, es bleibt ein Wettlauf gegen das, was schon gegeben ist. Wer legt noch einen nach? Ich komm doch eh nicht hinterher.
Ist »Dirty Distancing« – als Satire und Trash – ein Einmalprojekt von dir? Oder wirst du weiterhin in diese Richtung arbeiten?
Wenn mich das Land Österreich endlich fördert und die Menschen mir einmal Geld geben, würde ich gerne in diese Richtung arbeiten, andernfalls entwickle ich Unterhaltungsserien für Streamingplattformen – oder wie wär’s mit noch einer Sisi-Verfilmung? Ihr könnt euch das aussuchen!
Eine Interview-Reihe in Kooperation mit Cinema Next – Junger Film aus Österreich.