Gery, frisch in die Kampfmannschaft geholt, weiß noch nicht so recht: Soll er die Fußballkarriere anstreben, wie es Vater oder Trainer wollen, oder Auslandserfahrungen sammeln, wie es sich Mutter wünscht? Und was seine Freundin von ihm will, versteht er auch nicht. Mit »Steh auf du Sau!« haben die Filmakademie-Student*innen Florian Moses Bayer (Buch und Regie) und Marie Luise Lehner (Buch) einen authentisch-schönen Coming-of-Age-Kurzfilm geschrieben, der neu in der Cinema Next Series im kostenfreien Stream zu sehen ist. Wir haben Florian zum Interview gebeten.
»Steh auf du Sau!« ist die nächste Veröffentlichung in der Cinema Next Series, die regelmäßig auf der Streamingplattform Kino VOD Club kostenlos spannende Filme von heimischen Filmtalenten präsentiert.
In deinen eigenen Worten: Worum geht es in »Steh auf du Sau!«?
Florian Moses Bayer: Ich wollte einen Film machen, der zeigt, wie sich ein Bursche schwertut, Gefühle zu zeigen, bzw. nicht weiß, wie er seine Emotionen ausdrücken kann, und wie er von äußeren Umständen in eine gewisse Sprachlosigkeit gedrängt wird. Dieses Männerbild, in dem Gery aufwächst, ist veraltet, aber es wird noch immer gelebt.
Eine Jugend als Fußballer am Land – hast du selbst diese Erfahrung machen müssen oder dürfen?
Voll, ich wuchs auch am Land auf, in der Steiermark; da waren mehr Kühe als Einwohner*innen, es gab die Blaskapelle, die Freiwillige Feuerwehr, einen Badeteich und den Fußballverein. Ich weiß gar nicht, wieso ich mich für Fußball entschieden hab, vermutlich weil’s bei mir an der Schule, einer Waldorfschule, verboten war. Das Kicken war schon hauptsächlich super, auch wenn ich ein Aufnahmeritual, ähnlich wie ich das im Film zeige, erleben musste. Bis zu dem Zeitpunkt, als ich mit dem Drehbuchschreiben begann, hatte ich darüber nie mit jemandem gesprochen. Um dieses Stark-sein-Müssen und die Sprachlosigkeit geht es mir im Film.
Das Interessante an solchen Hobbyvereinen ist ja: Selbst wenn man irgendwo in unteren Ligen spielt, tut man so, als ob es die Champions League wäre. Es ist also mehr als nur Hobby, das eigentlich auch Spaß machen sollte. Glaubst du, das ist ein Problem, vor allem in der Jugend? Wolltest du so etwas auch thematisieren?
Es ist ja so: Wenn du schon als kleines Kind in den Verein kommst, identifizierst du dich damit. Es sind schließlich deine Freunde, mit denen du viel Zeit verbringst. Und da geht’s dann natürlich um Idole, auf den jeweiligen Positionen hat jede*r seine*n Spieler*in. Je älter du wirst, desto mehr Ehrgeiz kommt dazu, und dann kommt da viel Druck – von den Eltern, vom Verein. Wenn du Talent hast, kommen Scouts und holen dich auf eine Fußballakademie. Ich kann wirklich nicht sagen, ob das gut oder schlecht ist. Was aber für mich gar nicht geht, sind diese Aufnahmeriten – was hat das mit irgendwas zu tun?
Du hast das Drehbuch gemeinsam mit einer Filmakademie-Kollegin, Marie Luise Lehner, geschrieben. War das der Versuch, auch einen weiblichen Blick in diese männliche »Fußballerwelt« einzubringen? Die Frauen im Film scheinen auch reflektierter, stärker zu sein als einige der fußballernden Männer …
Absolut. Marie hat das sofort verstanden, dass wir die Hannah als eine coole junge Frau erzählen, die in ihrem Leben schon einige Schritte weiter ist. Mir war es auch wichtig zu zeigen, dass die jungen Frauen einfach früher reflektiert sind als die Burschen. Die Zusammenarbeit mit Marie war super, sie ist ja auch am Land aufgewachsen, hat also auch gleich die Stimmung vom Land verstanden und hat das Drehbuch mit ihren wunderbaren Dialogen und ihrer Feinfühligkeit auf ein ganz anderes Niveau gebracht.
Mit Laurin Saied, Antonia Baumgartner und Felix Oitzinger hast du drei tolle Jungschauspieler*innen im Team. Wie war es, mit diesen jungen Menschen zu arbeiten? Konnten sie – als damals rund 20-Jährige – auch noch ihren Blick, ihren Sprech, ihre Jugenderfahrung einbringen?
Mit Laurin habe ich in der Vorbereitung das Drehbuch an seine Sprache angepasst, da hat er noch viele Sachen hineingebracht, die wir dann ins Drehbuch übernommen haben. Laurin bereitet sich akribisch auf seine Rollen vor, hat zu jeder Szene eine andere Farbe, in die er hineintaucht, und bringt das dann voll authentisch und echt vor die Kamera. Bei Felix war es ähnlich, er hat immer verstanden, wo er mit seiner Figur hinwill, und er hat eine so echte Sprache. Antonia war von den dreien den Figuren im Film vom Alter her am nächsten, sie war beim Dreh 18, hat die jugendliche Sprache schon noch ziemlich draufgehabt. Es war ihr erster Filmdreh und sie hat sich jeden Tag weiterentwickelt, was voll schön zu beobachten war.
Der Film wirkt wie eine Visitenkarte für einen Langfilm, der kommen könnte. Stimmt der Eindruck? Und wenn ja, in welche Richtung magst du mit deinen nächsten Filmprojekten gehen?
Wir haben auch lange mit dem Gedanken gespielt, ob wir nicht doch einen größeren Freundeskreis und eine größere Handlung erzählen wollen, aber schlussendlich ist »Steh auf du Sau!« übriggeblieben. Ich will schon in diese Richtung der Tragikomödie weitergehen. Ich bin ja, so wie viele andere Menschen auch, mit den Wolf-Haas-Verfilmungen aufgewachsen und finde die Filme noch immer großartig. Ich liebe aber etwa auch John Cassavetes und die Filme von Judd Apatow oder den österreichischen Filmemacherinnen Johanna Moder und Barbara Albert. Da gibt’s so viele tolle Regisseur*innen, die mich beeinflusst haben und in deren Richtung ich mich irgendwie bewegen will.
Eine Interview-Reihe in Kooperation mit Cinema Next – Junger Film aus Österreich.