It’s a trap

Es gibt Cafés in Wien, in denen man blöd angeschaut wird, wenn man ein Bier statt eines Kaffees trinkt. Umgekehrt ist das allerdings genauso. Es gibt nämlich Cafés, in die man ausschließlich zum Saufen geht – sind wir uns ehrlich.

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Dass Kaffeehauskultur ein dehnbarer Begriff ist, zeigt sich vor allem dann, wenn man sich in Wien aufmacht, um die „Subform“ des Kaffeehauses – das Beisl – kennenzulernen. Oft tragen diese Spelunken den mehr oder weniger irreführenden Namen „Café“. In manchen dieser nämlichen „Cafés“ – oder der Steigerungsstufe – „Espressos“ kann man zwar auch Kaffee trinken, aber es fühlt sich irgendwie nicht richtig an.

Im Café Anzengruber im Freihausviertel ist das definitiv der Fall – es sperrt um 16.00 auf, was schonmal das erste Indiz ist, dass es hier um etwas anderes als die Melange geht. Denn wer trinkt um 16.00 noch Kaffee? Da kann man ja nicht mehr schlafen! Wenn man sich zu Beginn eines Abends in den, meist leeren, nach kaltem Rauch riechenden Bereich mit dem Billardtisch setzt, wäre es auch verwunderlich, mit einem Kaffee in der Hand da zu sitzen. Das Einzige was neben dem Namen, noch an ein Kaffeehaus erinnert, ist die ultimativ hohe Decke und der obligatorische Einspänner. Wofür man das Café Anzengruber schätzt, sind die erstaunlich gute Schnitzel, die im Minutentakt auf des Kellners Hand durch den Raum schweben – ob hungrig oder nicht, man bestellt sich irgendwann eines.

Pop-Up Pete

Wenn man dann seinen Schnitzel verdaut hat und sich wieder bewegen kann, findet man sich womöglich im nächsten Café, das keines ist bei einem Konzert wieder. Das Café Carina ist Kult. Kein anderes Lokal wollte dem, sich im Exil befindenden, Pete Doherty Asyl gewähren, als er 2006 einen Gig mit seinem Gitarristen Mick in Wien spielen wollte. Bis um Mitternacht hat man damals etwas skeptisch gewartet, bis er dann tatsächlich mit dem Taxi angekommen ist, drei Songs gespielt hat und sich wieder vertschüsst hat. Ein Guerillagig eben.

Die Kellerhöhle Café Concerto gegenüber ist – zumindest was den Gürtel betrifft – die letzte Zuflucht. Besonders gut eignet sie sich dann, wenn man sein Besäufnis bis zum Mittag mit ein paar Besoffskis an der Bar ausdehnen möchte. Kann man machen, muss man aber nicht.

Wenn ich sag: „Café“, sagt ihr: „Anno“…

Viel anspruchsvoller ist sowieso das Café Anno. Ein Poetry Slam von und mit Yasi Hafedh aka Yasmo ist nämlich einer der vielen Gründe, um ins Café Anno zu gehen. Günstiges Bier, Beislatmosphäre und Literaturveranstaltungen sind einfach eine geile Kombi. Und wenn man sich dann schon an der „Fünfer Linie“ befindet, ist es auch nicht mehr weit in die Unterwelt der Wiener Cafés.

Da gibt es zum einen das Café Nachtasyl. Das ist zwar nicht unbedingt leicht zu finden, denn auch wenn man schon einmal dort war, ist man bestimmt nicht nüchtern gewesen. Die blaue Tür entdeckt, steigt man viele Stiegen herunter, bahnt sich den Weg durch ein Labyrinth aus Türen und dann endlich, hat man es geschafft. Man kann dort eigentlich nicht nicht saufen. Getränke zu Preisen, die sich wohl seit der Einführung des Euros nicht mehr geändert haben, ein Wuzeltisch und die immer seltener werdende Spezies Punk finden dort ihre Heimat. Auf ausdrücklichen Wunsch bekommt man auch eine Tiefkühllasagne, dafür muss man den Kellner allerdings länger nerven, der rät nämlich davon ab. Ist also nur was für Mutige.

Das Café Einhorn ist bekannterweise die zweite Spelunke im Sechsten. Mittlerweile etwas verhipstert, findet sich aber gelegentlich – wenn man den richtigen Zeitpunkt erwischt – noch ein literarisches Happening. Nämlich dann, wenn der, stets geblendete, Ronnie Urini, heute Ronnie Rocket eine Geschichte erzählt. Und sollte der gerade nicht da sein, keine Sorge, früher oder später setzt sich jemand dazu, der dir eine Geschichte erzählt – ob du willst oder nicht.

Weitere „Cafés“ sind das Voodoo, das kleine Café, das Stadtbahn und das Espresso und natürlich das Bendl – darüber unterhalten wir uns aber nochmal gesondert.

Zu Teil zwei der Reihe geht es hier.

Bild(er) © CC-by-sa 2.0/de
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