Wut, Hass, Panik

Drei Monate nach Albumrelease wurde es um Ja, Panik deutlich lauter statt leiser. Jetzt kommt die Band auch noch auf Tour.

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Ja, Panik pflegen die Lust am avancierten Verwirrspiel. Man lässt sich selbst auf wenig festlegen, schlägt argumentative Haken und wechselt flugs die Ebenen. Wie so viele Bands in Österreich und überall auf der Welt hat man über die Jahre einiges einstecken müssen. Aber seit ihr zweites Album „The Taste And The Money“ von der Spex zu einer der bedeutendsten deutschen Diskursalben der auslaufenden Nuller Jahre hochgelobt wurde (und das mit Modefotos, Interviews und Platz 3 der Lesercharts 2008 untermauert wurde), ist man inzwischen ein beliebter Fragepartner auch heimischer Medien. Nicht zuletzt weil jemand wie Sänger Andreas Spechtl mittlerweile öffentliche Diskussionen anzetteln kann, wurde dieser in die Liste der 100 Österreicher von The Gap aufgenommen. Und durch den Umzug nach Berlin traut man sich nun auch etwas von der Häme und den Tiefschlägen zurück zu geben, die man in Wien mit auf den Weg bekommen hat. Natürlich auf ihre eigene, apodiktisch vorgetragene Weise. Wie letztens im Magazin Datum.

Zum gewissen Teil wird dort schillernde Nabelschau betrieben, die als literarischer Text funktionieren kann. Aber ebenfalls in diesem Text wird nicht nur das Treiben des österreichischen Musikfonds unter dem Wirken von Geschäftsführer Harry Fuchs großteils als „indiskutabel oasch“ bezeichnet, nein, auch die Frequency Veranstalter werden mit „Abzockorgie“ und „Fuck You“ bedient. Aber auch Musikjournaille, das örtliche Musikbusiness und das angehängte Netzwerk von Verachtung und Opportunismus werden verbal abgewatscht.

Wehleidig – vielleicht. Kleinlich – auch ein bisschen. Unterhaltsam – jedenfalls. Vor allem aber haben sich Ja, Panik mit ihrer Musik das Recht erspielt als Pop-Intellektuelle (als die sie inzwischen wahrgenommen werden), aus einer Position heraus nämlich, in der man zwar von den lokalen Szenestrukturen lose abhängig, aber nicht von ihnen aufgesogen worden ist, Kritik zu äußern, Pauschalurteile abzufeuern; auch auf die Gefahr hin als ein harmloser Hofnarr gesehen zu werden, der eben auch zu dem Spiel aus Musik, Macht, Geld und Kunstkritik gehört.

Die Gefahr droht allerdings speziell dann, wenn niemand die angesprochenen Punkte aufgreift, wenn niemand von der polemischen Kritik Notiz nimmt. Wenn niemand die Vergabekriterien von Musikfonds, das Festivalbusiness, das unterentwickelte Selbstbewusstsein heimischer Musikschaffender hinterfragt. Nun ja, The Gap versucht das. Eigentlich dauernd. Aber ein Magazin allein macht noch keinen Sommer. Tageszeitungen, verständige Kulturpolitiker und vor allem die Musikbegeisterten selbst, Fans und Bands, gehören unbedingt dazu.

Ja, Panik live:

25.1. 2010, Wien, Radiokulturhaus

26.1. 2010 Graz, Forum Stadtpark

28.1. 2010 St.Pölten, Festspielhaus

19.2. 2010 Linz, Stadtkeller

11.3. 2010 Salzburg, Arge Kultur

12.3. 2010 Dornbirn, Spielboden

13.3. 2010 Innsbruck, Weekender Club

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