Stefanie Sargnagel, Königin der Schwarzer-Humor-Abteilung im österreichischen Internet, hat ihr zweites Buch zusammengeschustert. Die eigentliche Leistung ist aber eine andere.
Kürzlich hattest du ja so einen kleinen Anfall, wo du dich über Generationstexte aufgeregt hast. Als ich dein Buch gelesen habe, war da ein klassischer Gen-Y-Satz drin: »Ich identifiziere mich mit nichts. Ich identifiziere mich nicht mal damit, mich mit nichts zu identifizieren.« Ist das nicht genau dasselbe?
Möglicherweise könnte das in so einem Text stehen, aber ich sehe ihn trotzdem nicht als bezeichnend für unsere Generation. Es gibt ja noch ganz andere Lebensrealitäten. Es gibt Leute, die wollen bei Google arbeiten, die würden eher schreiben, wie karrieristisch alle sind. Oder Leute, die halt eine Lehre mit 16 gemacht haben. Dieser »Struggle mit dem Leben«, das sind halt so Jungjournalistinnen und ihre Journalisten-Freunde. Das hat mich an dem Vice-Text so aufgeregt, dass dort steht, »Wir können alles studieren, was wir wollen« – nein, können wir eben nicht! Ein Freund von mir hat Legasthenie, der kann nichts studieren. Eine gewisse Subjektivität find ich schon gut, aber man muss auch reflektieren, dass man selbst nicht alle Menschen ist.
Gibt’s eigentlich Leute, die wirklich wichtig für dich sind, einflussmäßig?
Es gibt Leute, die wichtig sind, aber von denen ist niemand etabliert, außer Deix, der mich wirklich beeinflusst hat. Vier Leute, die mich sprachlich beeinflussen, sind der Witzmann, die Puneh (Anm. Ansari), ein Freund von mir, der nicht mehr schreibt und ein Freund von mir, der gestorben ist. Von den Leuten, die ich als am talentiertesten empfinde, reißt fast niemand was. Das liegt aber wahrscheinlich daran, dass ich das Tragikomische mag und dass das oft eher depressive Leute entwickeln. Die Leute die am besten sind, sind wahrscheinlich auch zu selbstkritisch.
Und gibt es Leute, die dich imitieren?
Imitieren weiß ich nicht, aber ich find’s urlustig, wenn ich merke, dass mein Duktus jemanden beeinflusst, vor allem wenns Typen sind. Ich glaub nicht, dass ich es mir einbilde, weil ich so größenwahnsinnig bin.
Thema Österreich-Hype in Deutschland: Wanda, Bilderbuch, Vea Kaiser …?
Kann man glaub ich von der Musik mehr behaupten. Österreichische Autoren gab’s ja immer, die in Deutschland erfolgreich waren, da könntest du auch Clemens Setz nennen. Vea und ich sprechen schon andere Zielgruppen an und Bilderbuch haben ja nicht so dieses »österreichische«.
Gut, aber du und Wanda – da kann ich mir schon vorstellen, dass das Leute als eine Bewegung wahrnehmen.
Ja das kann ich mir auch eher vorstellen, weils mit diesem bissl Fertigen spielt. Ich denk ja auch viel drüber nach, warum es da diese Verkultung von dem Kaputten gibt. Man ist ja auch ein Hackler, obwohl man überhaupt keiner ist. Das Tiafe und das Hochkulturelle sind weniger getrennt als in Deutschland – deswegen glaube ich ja auch, dass das Buch dort anders rezipiert werden wird.
Ich weiß ja nicht, ob ich Wanda hasse. Ich bin da sehr zwiegespalten. Wie ich zum ersten Mal ihre Poster gesehen habe, dachte ich mir halt »wäh«. Die haben sowas Schmieriges, wo man sich denkt, die ganzen Musikjournalisten projizieren ihre ganzen Minderjährigen-Fick-Fantasien auf die, andererseits find ichs ganz cool, dass sie nicht dieses fade Indie-Diskurspop-Mäßige haben, sondern den Mut zu großen Emotionen.
Wie war’s denn eigentlich in der Bildungskarenz?
Nicht so gut, ich hatte fast so eine Art Depression, es war ja auch im Winter. Ich hab dann immer urviel geschlafen und hatte dann schon ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht vor elf aus dem Bett gekommen bin. Ich mach meine Sachen immer eine Stunde vor der Deadline, aber bin halt trotzdem die ganze Zeit belastet damit – kennen eh die meisten. Ich hatte eigentlich sechs Monate nur schlechtes Gewissen.
"Fitness" von Stefanie Sargnagel ist bereits in der Redelsteiner Dahimène Edition erschienen.