Kafkas "Amerika" in Klagenfurt

Kafkas Roman „Amerika“ wird für das Klagenfurter Stadttheater neu inszeniert. Musikalisch interpretiert wird Kafkas Werk von niemand Geringeren als Naked Lunch. Bernd Liepold-Mosser und Oliver Welter erzählen uns mehr dazu.

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Das Stadttheater Klagenfurt startet die heurige Spielsaison mit einem ungewöhnlichen Kafka-Projekt: Im Zuge des 100-jährigen Jubiläums des Stadttheaters werden in diesem Jahr erstmals auch eine Reihe von Kärntner Produktionen auf die Bühne gebracht. Für „Amerika“ taten sich die Kärntner Künstler Bernd Liepold-Mosser und Naked Lunch zusammen. Ersterer führt nicht nur Regie, sondern schrieb auch die Bühnenfassung für Kafkas Roman. Für die Musikinterpretation zeichnet sich die Indierocker von Naked Lunch verantwortlich. Dass die kreative Chemie zwischen dem Regisseur und der Band stimmt, bewiesen sie bereits bei mehreren Gelegenheiten in den vergangenen Jahren. Auch für die kommende Naked Lunch-Oper „Ecce Homo“ arbeitete man zusammen. Diese wird übrigens im Juni in Kooperation mit der Neuen Bühne Villach in der evangelischen Kirche in Fresach Premiere feiern.

Die Musik im Stück liefert eine eigenständige Interpretation des Bühnengeschehens. Deshalb darf man sich auch auf eine CD mit der Musik zum Stück freuen. Präsentiert wird die CD unter dem Motto „Amerika. Ein Abend mit Franz Kafka, Robert Stadlober und Naked Lunch“ am 11. April 2011 im Wiener Stadtsaal.

Mehr über die musikalische sowie theatralische Inszenierung erzählte uns Oliver Welter, Sänger und Komponist von Naked Lunch sowie musikalischer Leiter der Inszenierung in einem Mail-Interview.

(Unser Interview mit Regisseur Bernd Liepold-Mosser findet ihr hier.)

Der Aspekt des Unerklärbaren, des Labyrinthischen und des persönlichen Scheiterns tauchen bei Kafka immer wieder auf. Auch in „Amerika“ spielt das eine Rolle. Wie intensiv war die Auseinandersetzung mit dem Kafka-Text bzw. mit der Bühnenfassung von Liepold-Mosser im Vorfeld?

Oliver Welter: Die Auseinandersetzung war nicht intensiver als mit anderen Texten auch, mit denen wir an Theatern konfrontiert werden. Kafka hat man natürlich schon vorher gern und viel gelesen. Und was das „Labyrinthische“, das „persönliche Scheitern“ bei Kafka betrifft: Also auf diesem Gebiet sind wir geradezu exemplarische Experten!

Was bedeutete für dich „Amerika“?

Oliver Welter: Kafka selbst meinte, dass „Amerika“ sein „hoffnungsfrohester“ Roman sei- keine Ahnung, was er damit meinte. „Amerika“ ist trostlos, aber nicht ganz so mysterienvoll und gespenstisch wie das restliche Kafka-Ouvre. Es ist die unfreiwillge Reise eines jungen Menschen in eine neue Welt, die für ihn nichts Gutes bereithält. Karl Rossmann, so der Hauptprotagonist, erlebt ein Stationentheater der Absurditäten. In seinem Bestreben es allen Recht zu machen, scheitert er hochkant. „Amerika“ ist eigentlich wie ein früher/ junger Chaplin oder Buster Keaton.

Geht es darum die verschiedenen Szenarien in Musik zu übersetzen, eine Untermalung zu schaffen, die die Emotionen der Figuren noch mal intensiviert? Oder entwickelt die Musik vielmehr aus den Vorgaben des Werkes heraus einen eigenständigen Charakter?

Oliver Welter: Zweiteres! Wir machen bei solchen Arbeiten niemals – und das bitte nicht als Arroganz auslegen – „Untermalungsmusik“. Wir haben anhand des Textes, der sich in neun Episoden gliedert, einem Konzeptalbum gleich, neun Lieder produziert, die unsere ganz eigene Sicht und Interpretation der jeweiligen Episoden sind. Dadurch ergibt sich naturgemäß ein ganz eigener Charakter, der sich frei von der restlichen Inszenierung bewegt.

Wie unterscheidet sich das Komponieren fürs Theater von euren Bandproduktionen?

Oliver Welter: Es ist grundsätzlich einfacher, weil man im Prinzip „Dienstleister“ ist. Und man muss nicht in jedes Lied vermeintlich alles legen, sondern kann sich bewusst zurücknehmen, oder mit einem „dritten“ Auge das Geschehen betrachten.

Ihr arbeitet zusammen mit Bernd Liepold-Mosser auch an einer Naked Lunch Oper. Da scheint die kreative Chemie zwischen euch zu stimmen. Was schätzt ihr an seiner Arbeit besonders?

Oliver Welter: Ja, die Chemie stimmt zwischen uns. Wir haben in den letzten rund 10 Jahren in vielen Konstellationen mit Bernd Liepold – Mosser gearbeitet und es war, in fast allen Fällen, für beide Seiten meist sehr befruchtend. Bernd und wir verwenden dieselben Codes, dieselbe Sprache. Wir hören die gleiche Musik, lesen dieselben Bücher und haben einen sehr ähnlichen Zugang zum Schauspiel und zum Theater im Allgemeinen. Eigentlich ist dies ein großer Glücksfall.

Ist die Herangehensweise für die musikalische Unterlegung eines Theaterstücks vergleichbar mit der für euren Film „Universalove“?

Oliver Welter: Ja, im Grunde ist die Arbeits- und Herangehensweise in beiden Fällen recht ähnlich. Es geht, wie eingangs schon geschildert, um unsere eigene Interpretation und Definition von Text und/oder Szenen und Schauspiel.

Kommt die Musik für das Schauspiel eigentlich hauptsächlich von dir oder hast du sie zusammen mit der ganzen Band erarbeitet?

Oliver Welter: Ich schreibe grundsätzlich für alles, wo Naked Lunch draufsteht, die Lieder und Texte. Ohne Ausnahme. Das haben wir eigentlich seit Jahren schon so gehalten. Allerdings ist Herwig Zamernik von der ersten Sekunde der Konzeption an mein ständiger, gleichberechtigter Partner. Und dies geht weit über das reine „Produzieren“ von Musik hinaus.

Amerika

Ort: Stadttheater Klagenfurt

Uraufführung: 24. März 2011, 19.30 Uhr

nächster Termin: 26. März 2011

CD-Präsentation: „Amerika. Ein Abend mit Franz Kafka, Robert Stadlober und Naked Lunch“

Ort: Wiener Stadtsaal

am 11. April 2011

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