EMA hat etwas zu sagen, zur Netzkultur, zu Überwachung und zu digitalen Annehmlichkeiten. Sie fordert Widerstand, ohne dabei einen Moralischen zu bekommen.
Anfang Februar wurde im Kopenhagener Zoo eine Giraffe an einen Löwen verfüttert. Die Hysterie darum hätte Erika M. Anderson gut gefallen. Menschen haben die seltsame Fähigkeit, Fakten völlig auszublenden, wenn sie nur richtig wollen. Was tausende Mal zuvor in der Natur völlig normal war, bringt Menschen unter anderen Umständen dazu, auszurasten. Zum Beispiel im Internet. Zum Beispiel wenn sie glauben, dass kranke und alte Lebewesen vor Raubtieren geschützt werden müssen und sie etwas Besseres verdient haben als eine Schlachtung. Was das nun mit Bankenrettung und den Wölfen an der Wall Street zu tun hat? Vermutlich nichts. Vielleicht alles. In EMAs Video zu »Satellites« war jedenfalls eine Katze zu sehen, die einen Vogel verspeist. Sehr nüchtern. Anders sind die vielen Dislikes auf ein Video schwer zu erklären, das doch eigentlich nur in die Welt der Netz-Paranoia eintauchen will und dabei zeigt, was Katzen tun, wenn in der Natur sind, wenn sie eben nicht fein verpackte Schlachtabfälle fressen oder süß im Internet sind.
Dinge, die man außerdem nicht so schnell versteht: Die digitalen Bodybuilder und lächelnden, blonden Gogo-Girls im Video zu »So Blonde«. Der blödsinnige Pearl Jam-Groove im selben Song. Das Albumcover. Cthulu. Die Zartheit von »3Jane«. Die Zartheit von »When She Comes«. Die übertrieben coolen Gesten. Oder das Albumthema, wie nämlich das Netz unseren Alltag formt, was wir preisgeben, wie Algorithmen uns schon besser kennen als wir uns selbst und wie das mit dem Faux Grunge von EMA zusammenpasst. Aber das ist nicht schlimm. Kunst ist ein Rätsel, sie ist nicht einfach zu erklären, sie ist nicht mit sich selbst eins. Das ist, worin Erika M. Anderson immer herausragend war, sie nimmt das Chaos und der Angst des modernen Zeitalters und macht es nachvollziehbar. Sätze wie diese muss man sich einfach nur aus dem Presseinfo copy-pasten, um sich einen Reim drauf zu machen.
Aber ja, »The Future’s Void« ist ein Album, das sich sträubt, das Dissonanzen aushält und die Leere der Zukunft nicht nur als ein Accessoire begreift, das uns sexy macht. Es klingt vielleicht nicht so gut wie es sollte, aber es verarscht uns nicht wie so viele andere Neo-Grunge-Rock-Bands und Katzenvideos da draußen.
"The Future’s Void" von EMA erscheint am 4. April auf City Slang.