»Unguru« ist eine humorvolle Hommage an den inneren Revoluzzer und die ewige Suche nach der Menschenliebe, die Monobrother in der Pubertät abhanden gekommen ist.
»Er ist wieder da« trällert Belinda Uhl herzerwärmend auf einem Schlager-Sample zu Beginn des neuen Monobrother-Albums. Damit ist allerdings nicht der satirische Debütroman von Timur Vermes gemeint, in dem Hitler nach Deutschland zurückkehrt. Vielmehr geht es um den Rapper Monobrother, der nach seinem ersten Album mit dem toxischen Namen »Haschgiftspritzer« erneut aufhorchen lässt, diesmal mit »Unguru«.
Dieses Werk beschreibt schon im Titel die geistige Grundhaltung, es lässt einen Anti-Guru zu Wort kommen, der eben kein strahlender Volksheld sein will und die Gesellschaft um ihn herum ironisch und zynisch porträtiert – diese Art des Versagertums hat Kamp ja schon salonfähig gemacht. Immer wieder beschreibt Bruder Mono die Leichtgläubigkeit der durchschnittlichen Österreicher, bei denen das Interesse für politisches Engagement verschwindet, sobald sie sich beim Dschungelcamp-Sadismus abreagieren können. Im Interview erklärt Monobrother dann, dass diese TV-Formate ohnehin nichts weiter als getarnte Faschismusversuche im Mantel der Demokratie wären.
Neben einer engen Verbundenheit zu den Bravo-Hits helfen Monobrother auch ein paar seiner Vorbilder dabei, diese Geisteshaltung zu perfektionieren: Die Melancholie Danzers, die zynisch bissige Art Qualtingers oder die brachiale Attitüde von Sigi Maron. Wobei für Monobrother sowieso Kurt Sowinetz der allergrößte Künstler ist, den dieses Land je hervorgebracht hat. Auf »Prinzessin G’spritzt« lässt er dann konsequent und mit sehr viel Witz seinen Grant über Kalkbrenner-Scheiße, Vapiano, streng-liberale Ansichten, Naschmarkt-Fraß und Guacamole-Dips ab – und schrammt dabei gekonnt an der delikaten Grenze zwischen reaktionärem Unmut und ihrer parodistischen Überspitzung entlang.
Zu all der giftigen Sozialkritik gesellt sich bei dem Wahlwiener eine sympathische Portion Altruismus. Verglichen mit seinem Debüt offenbart sich auf »Unguru« ein gereifter, nachdenklicher Mensch, der sich ein Stück von seiner Verbissenheit distanziert hat. Vielmehr wurde der Fokus auf Technik, Inhalt und Unterhaltung gelegt. Präsentiert wird seine Entwicklung auf dem neu gegründeten Wiener Label Honigdachs, dessen Mitinitiator Monobrother selbst ist. Dort geht es darum, Strukturen in einen losen Haufen von Künstlern zu bringen und Potenzial zu bündeln. Man hält den Idealismus hoch, die Platte wird auf Vinyl releast. Zu den poetischen Veröffentlichungen gesellen sich einfallsreiche und qualitativ hochwertig produzierte Videos, um der schnellen Zeit etwas Nachhaltiges entgegenzusetzen.
Wie viele andere lokale Hip-Hop-Interpreten tut sich Monobrother dabei mit der Ignoranz heimischer Musikmedien schwer. FM4 verweist auf die gelegentlichen Schimpfwörter – ein für ihn lächerlicher Grund, ihn nicht zu spielen. Dabei hat doch ausgerechnet »Tribe Vibes«-Host Trishes ihn als Hoffnungsträger des österreichischen Rap bezeichnet.
Da bleibt der Mostviertler im Zweifelsfall lieber seinen Antifa-Wurzeln treu. Man findet ihn oft auf Demos gegen Akademikerbälle oder bei Refugee-Protestmärschen. Dort tritt er gegen die Wiener Wurschtigkeitsgesellschaft auf, die einer Weltstadt nicht würdig sei. Sprachzensur, dem beugt er sich sowieso nicht. Denn Monobrother, das ist ein zwiderer Wutbürger mit reichlich gewitzten Dialektslogans am laufenden Band.
"Unguru" von Monobrother ist bereits via Honigdachs erschienen.
Hier geht es weiter zum Interview.
Wie wichtig ist für dich, dass das Album auch auf Vinyl erschienen ist?
Gute Frage. Ich könnte das jetzt mit dem althergebrachten Idealismus erklären, diesen Rapnerd-Idealismus, dass man sich selbst auf Vinyl wiederfindet. Ich bin auch sehr davon geprägt, vor allem durch meinen Vater, der eine unendlich riesige Plattensammlung zu Hause hat. Ich hab das damals schon sehr imponierend gefunden, wie er eine Platte auflegt, sich die Kopfhörer aufsetzt und gegen die kahle Wand starrt und dabei alles rund um ihn ausschaltet, auch meine Mutter. Er war da in seinem eigenen Mikrokosmos und das hat mir auch schon als Kind imponiert. Für mich hat eine CD nie diese Wertigkeit gehabt wie Vinyl, es ist wahrscheinlich meinem Vater zu verdanken, dass “Unguru” auf Vinyl erschienen ist.
Wie würdest du deine eigene Weiterentwicklung zwischen "Haschgiftspritzer" und "Unguru" beschreiben?
Auf “Haschgiftspritzer” war ich er der blutjunge Mostviertler Hitzkopf, der irgendwie seine Welt in Kiffer und Nazis eingeteilt hat. Da waren Nummern oben, die ich mit 16 Jahren geschrieben hab, da bin ich jetzt natürlich ein anderer, zehn Jahre später. Damals ging es mir ums Batteln und ums Dagegensein, ums Rebellieren ohne Grund.
Bei “Unguru” ist das schon ausgereifter und erwachsener. Ich find’s irgendwie unterhaltsamer, es ist nicht mehr so verbissen. Bei “Haschgiftspritzer” hab ich schon drauf geachtet, dass die Hooks passen und es mitsingtauglich ist, was mir jetzt ziemlich wurscht war, da hab ich den vollsten Fokus auf Inhalt und Technik gelegt.
Könntest du dir auch vorstellen, eine Nummer auf Hochdeutsch zu machen?
Wenn ich Hochdeutsch einsetze, dann ist das meistens als Nachäffung wie bei “Prinzessin G’spritzt”. Ich find es gibt schon eine coole Form des Wiener Hochdeutschen, aber es gibt auch diese ultra anstrengende und widerliche Betonung, dieses Schnatternde: quak, quak, quak. Es gibt diese jüngere Generation wie meinen Bruder, alles unter 20, die reden schon in einem Slang, da stellt es mir die Nackenhaare auf, da muss ich mich regelrecht abschütteln, wenn ich das hör.
Je älter man wird, desto eher schleichen sich aus Bequemlichkeit Dialektwörter ein. Bei der Wienzeile zum Beispiel, die sind alle Hochdeutsch erzogen worden, aber durch den vielen Umgang mit dem Urwienerischen haben die schon eine eigene Sprachform entwickelt, dass sie teilweise Hochdeutsch reden und teilweise Mundart. Ich find das bei Kabarettisten so faszinierend, beim Maurer, die herumswitchen können zwischen tiefstem Wienerischen und dann wieder nach der Glasur daherspalteln. Aber prinzipiell kann ich’s mir nicht vorstellen, was auf Hochdeutsch zu machen.
Wenn’s so sein sollte, dann lyncht’s mich bitte öffentlich, weil dann bin ich wahrscheinlich schon bei der Entscheidung: soll ich jetzt in Deutschland durchstarten oder nicht, so wie es einige österreichische Rapper gerade eindrucksvoll unter Beweis stellen, wie man seine Sprache deutschmarktkompatibel verbiegt. Also ich könnt mich da nicht mehr in den Spiegel schauen, wenn ich dann so daher red.
Glaubst du woran liegt es, dass du nur fast ein FM4-Schatzi bist?
Ich hab mich letztens darüber mit jemanden von FM4 unterhalten, wie das so abläuft und wer das Sagen hat bei FM4, wie die Auswahlkriterien bei Rap sind, was On Air geht und was nicht. Da wurde mir ein Grund genannt, wo ich mir gedacht hab: wenn das so stimmt, dann tut’s mir leid um den sogenannten Jugendsender FM4. So ein etepetete und Wischiwaschi Grund. Da ging es um ein Schimpfwort, das im Alltag verwendet wird, das nix mit Sexismus oder Rassismus zu tun hat. Da greif ich mir aufs Hirn. Von Nino und Skero gibt es Lieder, die heißen “Du Orsch”. Aber wenn ich einmal “Orsch” sag ist das gleich ein Kriterium warum das Lied nicht gespielt wird. Dann bin ich auch gern ein nur Fast-FM4-Schatzi. Ich bin eh von Haus aus schon Antifa und ich verbieg dann nicht auch noch meine Sprache so, dass mir gewisse Wörter verboten werden, das ist eine lächerliche Zensur.
Aber es kommt ja sicher nicht in jedem deiner Songs vor. Ich denke das ist eher diese österreichische Antihaltung und Ignoranz heimischer Medien.
Ich hab das Gefühl, dass diese Ignoranz nur in Bezug auf Rap und Hip-Hop herrscht. Jede dahergerannte Indieband und jeder, der drei Akkorde spielen kann, der ist sowieso gleich Amadeus-nominiert. Bei Rap muss man sich schon sehr ins Zeug legen, damit da einmal was passiert. Auch damit es überhaupt einmal ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangt, dass es grandiose Rapper in Österreich gibt.
Diese Ignoranz gegenüber Hip-Hop war ja auch bei dieser “Club 2”-Sendung bemerkbar, als ausgerechnet Skero eingeladen wurde.
Ich hab den Skero ganz ehrlich gesagt noch am souveränsten gefunden, weil er einfach da gesessen ist und mit den Schultern gezuckt hat. Was anderes hätt ich wahrscheinlich auch nicht gemacht. Wenn der Roman Gregory eine dreiviertel Stunde Gott und die Welt erklärt, würd ich auch nur noch emotionslos in die Kamera schauen.
Ich hab die anderen Leute rundherum vollkommen nichtig gefunden. Typisch, die Sozialforscherin und die rausgepickten Repräsentanten, die sitzen dort zusammen und glauben sie können den verblödeten Zusehern die Welt erklären. Es geht eh alles in die Hose, was der ORF macht. Aber dieser Club ist sogar mir in Erinnerung geblieben.
Medial wird auch gerade viel über die Flüchtlinge in der Votivkirche berichtet. Du warst letztens bei dem Refugee-Protestmarsch.
Ich hab das Engagement relativ schwach gefunden, generell ist es in Wien ausbaufähig, und das ist noch lieb formuliert. Bei einer WKR-Demo ist es einer Weltstadt nicht würdig, dass nur so wenig Aufruhr herrscht. Es ist so läppisch, es ist fast peinlich. Eine Refugee-Demo unterscheidet sich auch nicht von einer WKR-Demo, weil es immer dieselben Leute sind, die dort herumkrebsen, es ist immer dasselbe Klientel.
Es schafft einfach kein Medium zu vermitteln, dass das von Bedeutung und einer immensen Wichtigkeit ist. Diese Wurschtigkeit, die vorherrscht, ist einfach schon viel zu weit fortgeschritten. Ich glaub auch nicht, dass sich das ändern wird – im Gegenteil, es wird alles noch schlimmer werden. Wenn man mittlerweile schaut, wie viele Spitzel und Exekutive bei so einer Demo mitmarschiert, mitfilmt und dich mit Blitzlicht umzäunt, ist das erschreckend. Du hast fast mehr Leute rundherum, als im Mob selbst. Ich weiß nicht, in wie vielen Terrorismus-Fahndungslisten ich schon drinstehen muss.
Ich find es ist generell eine popmusikalische Krankheit in Österreich, dass sehr viel Engagement vorgegaukelt wird, viel Sozialkritik geübt wird und diese Wurschtigkeitsgesellschaft von Seiten der Popinstanzen angeprangert wird – aber dass ich diese Leute dann nie irgendwo aktiv teilnehmen seh.
Du wirkst manchmal misanthropisch in deinen Texten. Hast du zu viel “Alle Menschen sama zwider” von Kurt Sowinetz gehört?
Das ist der allergrößte Künstler, den Österreich je hatte. Der Song hat mich auf jeden Fall zu Sowinetz gebracht und mir danach gezeigt, dass der bei weitem nicht zu seinen besten Songs gehört. Ich bin nicht nur Misanthrop, weil ich Sowinetz hör. Ich weiß nicht, seit wann ich das hab und das ist ein Image, das mir irgendwie anlastet. Ich probier immer so philanthrop wie möglich zu sein, höre aber doch immer: hey, jetzt tu nicht schwarzmalen, sei nicht so zynisch. Egal wie gut man es meint. Dieses Misanthrope ist einfach ein Mitbringsel aus meiner Pubertät, das ich bis heute nicht ganz abgelegt hab. Ich leb das dann aus, indem ich solche Texte schreib. Ohne Rap würd’s ganz schlecht um mich ausschauen. (lacht)
Bei Mica hat Trishes geschrieben, dass er dich als Hoffnungsträger des österreichischen Hip-Hop neben T-Ser und Crack Ignaz sieht.
Ich würde nie auf die Idee kommen, mich als Hoffnungsträger von österreichischem Hip-Hop einzustufen. Ich find’s ein bisschen verwunderlich, weil Trishes nicht über mein Alter Bescheid wusste. Aber warum nicht. Ich will jetzt keine Rosen streuen, aber T-Ser ist einfach ein blutjunger Typ, den ich schon vor drei Jahren bei irgendeiner Jam freestylen gesehen habe, der dort Texte gefreestylt hat, an denen sogenannte Szenelegenden ein halbes Jahr schreiben würden. T-Ser ist halt noch auf diesem boombapigen Film, auf diesem Realnessding. Aber das wird beides noch sehr org einschlagen.
Von Crack Ignaz kenn ich nur das “Elvis” Video und “Herbert Prohaska”, das hat mir extrem getaugt. Das ist für mich zum Mitschreien, das hör ich mir an, wenn ich auswärts irgendwohin fahre. Aber es ist eine komplett andere Form von Rap, als die, die ich jetzt mache.
Eine weitere musikalische Institution neben Mica ist Hoanzl, wo du auch einmal gearbeitet hast. Was waren da deine Aufgaben?
Ich hab im Lager gehackelt. (lacht) Ich hab zuerst ein Bewerbungsmail hingeschickt und mir gedacht: ah, cool, Hoanzl. Der Name steht irgendwie für Spaß und Künstlerförderung. Ich sollte zu dem Zeitpunkt dort und dort sein. Die Bürofrau hat mich gleich ums Eck geschickt ins Lager und hab mir gedacht: ja, passt auch. Es war cool, ich hab dort extrem viele leiwande Leute kennen gelernt, aber es ist auf jeden Fall nicht zukunftsträchtig gewesen.
Wenn man ein bisschen hinter die Kulissen blickt, reißt man so einer Institutionsfirma wie Hoanzl die Maske runter. Das ist alles lange nicht mehr so traumhaft und so künstlerisch fördernd, wie man es als Außenstehender annimmt. Eh klar. Da geht’s dann um Hierarchien, Ellbogen, Kohle und Streitigkeiten. Ja und Amen sagen. Bei der Weihnachtsfeier sitzen dann wieder alle zusammen, ein gsackelten Vertriebsmanager klopft einem auf die Schulter und sagt: ihr seid das Rückgrat unserer Firma und ohne euch ginge gar nix. Und zwei Monate später wird das ganze Lager entlassen.
Du hast über einen Artikel berichtet, in dem es um das Dschungelcamp ging. Nun ist diese Sendung für den Grimme-Preis nominiert. Wie kannst du dir das erklären?
Das ist nominiert? Wer ist dafür geschmiert worden? Das kann ich mir gar nicht erklären. Der Artikel sagt eh alles aus: die ausgebeutete neoliberalistische Ellbogengesellschaft, die 24/7 oder 9 to 5 unterdrückt und mit dem Mindestlohn klein gehalten wird. Dass sich die dann abreagieren müssen, indem sie irgendwelchen C-Promis beim Würmerfressen zuschauen und dann auch wirklich mitfiebern: ja hoffentlich speibt sich der nochmal an und bekommt Durchfall, dann kann ich beruhigt schlafen gehen … Das ist extrem sadistisch.
Es hat ja früher in der Nachkriegszeit auch diese Tanzmeisterschaften im Fernsehen gegeben. Da haben sich die Paare die Füße wund tanzen müssen bis sie umgekippt sind. Die Leute haben zugeschaut und die ganze Nation hat mitgefiebert: wann bricht der ein und wann stürzt der zusammen. Genau das ist der Hintergedanke, ein Last Man Standing-Prinzip. Ein wichtiger Aspekt beim Dschungelcamp ist dieser Faschismus im Mantel der Demokratie, dass man den Zuschauer im Glauben lässt, dass er demokratisch über das Schicksal bestimmen kann, das ist ein Widerspruch in sich. Aber RTL war schon immer bekannt für seine grandiosen Ideen, aus Scheiße Gold zu machen. Das machen sie wirklich eindrucksvoll.
Rap.de hat deine “harte Wiener Tiefgründigkeit” in einem Review mit “Kottan ermittelt” verglichen. In den ersten beiden Folgen der Sendung stammte die Musik von Georg Danzer. Glaubst du waren das die Verbindungen zu dir?
Vielleicht, ich weiß es nicht, der Staiger war das. Mir persönlich wird das aber auch zu hochstilisiert, dass ich so vom Austropop geprägt bin, das stimmt nämlich nicht. Ich mag halt dieses Melancholische vom Danzer, ich mag das extrem zynisch Bissige vom Qualtinger und ich mag den Gesamtmenschen Kurt Sowinetz und das radikal Brachiale vom Sigi Maron, der damals bei der Arenabesetzung dabei gewesen ist.
Wie sie Sachen schreiben und wie sie an Themen herangehen sind das schon Vorbilder für mich. Aber ich würd nie so eine Musik machen wie der Sigi Maron, dass ich mir jetzt eine Gitarre herausfang und zum Klimpern anfang. Zumindest jetzt nicht, vielleicht später einmal, wenn mir das Rapding zum Hals raushängt.
Kannst du Gitarre spielen?
Nein. Ich hab das alles gelernt, Gitarre, Schlagzeug, Klavier, aber immer nach ein, zwei Jahren abgebrochen. Irgendwann sind die Turntables gekommen als Ersatzinstrument und dann bin ich auf dem Rapfilm hängengeblieben. Ich mach eigentlich nur Rap, weil ich mich nie für ein Instrument entschieden hab und trotzdem aus einer musikalischen Familie stamm und irgendwann was vorführen musste.
Wer sind dann deine musikalischen Vorbilder?
Mein Vater ist der Plattengott, der sich bis jetzt noch für jede Tankstellenfahrt ein eigenes Mixtape zusammenstellt. Meine Mam ist Jazzsängerin und spielt weiß ich nicht wie viele Instrumente, meine Tante ist Wienerlied-Schrammlerin und mein Opa ist Schlagersänger gewesen. Also das kommt nicht von irgendwo.
Ich hab immer die Möglichkeit bekommen, das zu machen, was ich machen wollte, das kommt wahrscheinlich daher, dass ich aus einer künstlerischen Familie komm. Wenn ich jetzt aus einer Politikerfamilie kommen würde, wäre wahrscheinlich Musik als Entfaltungsmöglichkeit nie eine Option gewesen, dann wär ich von klein auf irgendwo hingetrimmt worden. Ich danke meinen Eltern schon von Herzen, dass sie mir nie bei irgendwas Steine in den Weg gelegt haben. Sie meinten: wenn du in dem aufgehst, dann mach das.
Und was meinte er mit dem “Kottan ermittelt”-Vergleich?
Ich glaub, dass er dieses Trockene gemeint hat. Ich find mein Album “Haschgiftspritzer” sehr trocken und bissig, so hat sich Kottan auch immer verhalten. Ich will das nicht kopieren, aber dieses Kulturgut ist nun mal da: das österreichische Kabarett, die Musik, der Film, Serien. Das hat mich am meisten gefesselt. Da bin ich als kleiner Scheißer stundenlang picken geblieben beim “Kaisermühlen Blues” und hab alles aufgesaugt. Diese Art miteinander umzugehen ist was ganz Eigenes. Das ist wahrscheinlich auch ein Grund, warum ich nie von da wegziehen könnte. Ich kann das alles schon so schätzen und bin darin gefangen.
Welchen Einfluss haben die Bravo Hits für dich, denen du im Booklet zu “Unguru” dankst?
Die Bravo Hits waren schon ein Meilenstein in meinem Leben. Ausgaben 4 bis 26 hab ich. Ich bin dadurch natürlich musikalisch sozialisiert worden. Ich kann nicht den ganzen Tag Bob Dylan oder Van Morrison hören. Man muss mit seinen Schulkollegen ins Reden kommen und dann kommst nicht um “Coco Jambo” oder den “Ketchup Song” herum. Dr. Alban hab ich auch gepumpt. “It’s my life” (singt) Ich war immer im Clinch mit meinem Vater, nur auf das ist er aus unerfindlichen Gründen auch abgefahren.
Du erwähnst auch Qualtinger in deiner Danksagung. Der hatte ja einen bekennenden Nationalsozialisten als Vater und später den Herrn Karl geschaffen.
In der Nachkriegszeit ist Qualtinger eben politisch gereift. Unmittelbar auf diese Nachkriegslethargie und auf diese Parolen von einem Karl Renner, der gesagt hat: vergesst was passiert ist und verheddert’s euch nicht in ideologischen Streitfragen, sondern packen wir alle zusammen und bauen wir das Land wieder auf. Ich glaub, dass der Qualtinger dieser Mensch war, der ganz hinten beim Renner gestanden ist, sich ins Wirtshaus begeben hat und dem Wirten gesagt hat, dass er sicher nicht das macht, was der Renner von ihm verlangt. Weil jetzt ist gerade Völkermord passiert und es war Feuer am Dach die letzten sieben Jahre.
Die Nachkriegspolitik hat es irgendwie geschafft, das österreichische Volk stumm zu machen. Der Qualtinger hat halt diesen stummen, österreichischen Typen seine Stimme verliehen.
Gibt es deiner Meinung nach zu wenig solcher Personen, wenn du in einem Text sagst „du warast ’38 jubelnd am Ring gstaundn”?
Ich bin der festen Überzeugung, dass, wenn wir politisch so weiteragieren wie bisher, wir bald wieder vor einem riesigen Abgrund stehen werden. Wenn der Haider jetzt noch am Leben wäre, dann hätten wir bei der nächsten Nationalratswahl wahrscheinlich 40 Prozent Rechtsextreme. Wenn die FPÖ bei 25 Prozent ist und das BZÖ mit Haider auf 15 kommt, dann hätte er noch einen Höhenflug gestartet, aber ich will jetzt nicht den Peter Filzmaier spielen. Ich glaub die Zukunft schaut nicht sehr rosig aus.
»Unguru« von Monobrother ist der erste Release auf dem Wiener Independent-Label Honigdachs und auf seiner Bandcamp-Seite streambar.