Pilsator Platin

Wie ein verlebter Stieber Twin
Kreuzberger Nächte sind lang. Zwischen Sauftour und Gejohle hat Karate Andi dort gleich mehrmals Rapbattles gewonnen. Nun veredelt einer der großen deutschen Produzenten seine Reime und Bühnen-Talent.

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Eigentlich bezeichnet sich Karate Andi viel lieber als Schriftsteller. Der literarische Stil von Henry Miller und Charles Bukowski ist es, der dabei sein Debütalbum ganz gut charakterisiert. Genau dieselbe Überspitzung, die dennoch authentisch klingt, macht das Album so brisant und stark. Keine althergebrachten Punchlines, vielmehr spielt er mit den eigenen Abstürzen und kleinen Höhepunkten. Karate Andi steht für ein Sinnbild der Jugend, für unreife Persönlichkeiten, die das letzte Geld für billiges Bier ausgeben, sich mit der BVG-Beamtin wegen Schwarzfahren anlegen und trotzdem als Kneipenlegende gelten. Dafür reichen ein paar Drogen schon lange nicht mehr aus, sie werden besonders zelebriert. Das allerdings auf so eine abgeklärte und übertriebene Art, dass beim Hören das Schmunzeln alle Bedenken verdrängt. In Berlin Neukölln dürfte das Leben aber auch wirklich nicht einfach sein: Pfandflaschen sammeln und Abstürze im Berghain sind Alltag. »Selbst Kamp beschimpft mich als Versager ohne Zukunft«, rappt er und schickt damit Grüße nach Wien. Die Atmosphäre wird dabei so mokant und mit Wurschtigkeits-Attitüde dargestellt, dass man dem Rapper seine waghalsigen Erlebnisse glauben mag. Immerhin ist selbst der Pressetext zerknittert und mit Kaffeeflecken übersät. Trotz seiner Egozentrik schafft er es so, durch Selbstironie am Boden zu bleiben.

Auf seinem Debütalbum überwindet ein hyperaktiver und gleichzeitig lethargischer Andi die Sphäre der Zweckreime und kommt auch ohne einfache So-wie-Vergleiche auf Doppelreimketten mit Seltenheitswert. Karate Andi, der Boss vom Hinterhof, tanzt dabei auf Brettern, die ihm 7inch produziert hat. Der sitzt eigentlich für US-Größen wie Tyga, Lil Wayne oder The Game an den Reglern. Die Skills des Produzenten sind für die Wucht dieses Albums ganz entscheidend, das sich zwischen Trap, Synthies und jeder Menge Bass einpendelt. Ob sich Erfolg bei so einem Lotterleben ausgeht? Andi hat dem Alkohol nach einer Nacht zwischen Dom Pérignon und Tetra-Pak-Wein abgeschworen – schwört er zumindest beim Namen der HipHop-Legende Big Daddy Kane.

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