Keine Krach mehr im Gau

Ein schmaler Katalog mitsamt CD erzählt auf sehr wenig Raum sehr viel über den Status des Komponierens am Anfang des 21. Jahrhunderts. Und vom Prinzip Sommercamp, konkret im Oberpinzgau.

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Irgendjemand dürfte 1995 zu spät realisiert haben, dass der Komponist Anton Webern genau 50 Jahre zuvor, kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs, in Mittersill wohl versehentlich von einem US-Soldaten erschossen wurde. Nun, ja doch, es gab eine Gedenkveranstaltung des Österreichischen Ensembles für Neue Musik. Ein Jahr nach dem runden Todestag fand dann das Komponistenforum Mittersill erstmals statt, seither jährlich mit so unterschiedlichen Leitthemen wie Musik und Gesellschaft, Volksmusik, Kind, Farben oder Strom. Letztes Jahr kam die Stille, das Forum verordnete sich hinterher eine Pause und wurde mit einem 50-seitigen Magazin und einer CD nun dokumentiert und beendet. Und – Spoiler Alert – das wars. Beide, Magazin und CD, erzählen auf sehr wenig Raum sehr viel über den Status des Komponierens am Anfang des 21. Jahrhunderts.

200 Komponistinnen und Komponisten sowie 200 Uraufführungen hat das Forum gesehen. Bill Drummond von KLF war auch einmal in diesem spätsommerlichen Idyll im Oberpinzgau und redet darüber, wie ihn der Sound seines Land Rovers zu Musik inspiriert. Dabei funktioniert die Interpolierung von Sprach- und Tondokumenten blendend. Manches wird nur kurz angespielt, während lediglich zwei Stücke über zehn Minuten laufen, das fremdartige Dröhnen von Inge Dicks „C Quadrat“ (Anmerkung: Das Stück klingt anders als auf CD, der richige Track wird auf der Website des Forums nachgereicht, macht das Stück auf CD aber nicht weniger passend.) und das breit schwelende Zusammenspiel von Franz Hautzinger, Manfred Hofer, Pia Palme und Martin Siewert.

Die Organisatoren haben verstanden wie fundamental sich Musik im Umbruch befindet, sie wollen mehr als „den gesellschaftlichen Fortschritt mit ästhetischen Mitteln nur zu moderieren.“ Sie sind dabei aber auch ehrlich genug zuzugeben, dass sich das Publikum über all die Jahre kaum vermehrt hat, dass sie auch der Vizebürgermeister der kleinen Gemeinde nicht leicht mit dem ästhetischen Anspruch des Forums tut, dass sich der Anspruch möglicherweise überholt hat. „Wir vernetzen uns jeden Tag, wir kommunizieren permanent. Die Chancen, bei denen man physisch beisammensitzt, werden nur mehr sehr bedingt genutzt.“ Die prall gefüllte Geschichte des Forums, seine Stärken und die Gründe fürs Aufhören werden dabei in einem selten lesbaren, verständlichen, liebevoll gestalteten und hübsch gesetzten Katalog festgehalten. Als das letzte Crescendo des Ensemble Reconsils vorüber ist, bleibt vor allem der Gedanke, dass das jetzt doch nicht das Ende gewesen sein kann. Und doch sein wird.

"Kofomi Review" wurde bereits im Mica – Music Austria präsentiert. Katalog und CD sind bei Einklang Records erschienen und dort hoffentlich bald über den Online-Shop erhätlich. Die neue Website des Komponistenforum Mittersill befindet sind im Aufbau und wird wahrscheinlich nie so ganz fertig werden.

Bild(er) © Performance Gina Matiello & Peter Haas, Bürglhütte Stuhlfelden, 11. September 2011, Foto: Kurt Hörbst. Eröffnungsperformance Kofomi 2011, Die Rabtaldirndln "Zielsicher" 9. Sepember 2011, Foto: Kurt Hörbst. Mittersill Kofomi-Lab V Patrik Lechner (A) und Kris Delacourt aka Remörk (BE), Borg Mittersill 16. September 2011, Foto: Kurt Hörbst
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