Lost in Afterhour

Moderat spielen weiter in ihrer eigenen Liga, das wo Club, Song und das ästhetisch Schöne zusammenfinden.

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Blut und so? In Wallung. Die Europa- und Amerikatour ist fast ausverkauft. Nach »I« und »II« folgt drei Jahre später »III«. Und Modeselektor und Apparat haben als Trio ein erwachsenes – das erwachsenste!- Album gefertigt. Vorhaben gelungen. Wer schon einmal »Bad Kingdom« oder »Rusty Nails« gehört hat, weiß, dass zur Feierlaune auch die ein oder andere Träne vergossen werden darf. Im Club heulen? In etwa. Moderat verbinden deutsche Schwermut mit gebrochenen Beats, eine Sound-Ingenieurskunst mit Afterhour. Da zischt sie wieder auf, diese unverkennbare Stimme, die aufwühlt und klagt, nie zu pathetisch. Moderat finden den schmalen Grat, wie sonst fast nur Caribou, Jamie xx oder Nicolas Jaar, auf dem Songwriting im Club aufgeht. Diese Mischung von synthetischer Sounds, von treibender Breitbandenergie und einer ausgeklügelten Ernsthaftigkeit macht »III« nun wieder aus. Es beginnt leise, dröhnt dann immer stärker. Ganz einfach entwickelt es sich nicht, weil nicht geradlinig. Minutenlang gedehnte, sich leise entwickelnde Melodien wechseln sich ab mit fast schon poppig-ausartenden Dancetracks.

Unbekannte Rhythmen zwischen Wow!s und Lows

Erwachsen hm? Die beiden Modeselektoren sind Väter geworden. 25 Jahre Clubkultur sind an diesen drei Herren nicht spurlos vorbeigezogen – nicht mehr nur die Euphorie, die Neugierde, die idealistische Visionen stehen im Vordergrund. Vielmehr hat man das Gefühl, das Album als roter Vorhang öffnet sich nach dem Zupfen der Kordel: dahinter stecken nicht nur Wow!s sondern auch Lows. Ängste, Zweifel, Rückschläge. Abgesehen von den Lyrics, in denen sich die Lebens- und Liebeserfahrungen offensichtlich niederschlagen, ist es auch das Sound- und Klangspektrum, das sich im Gegensatz zu den Vorgängern noch ein Stück erweitert, verfeinert hat. Dem Zufall ist nichts überlassen. Alte Freunde wie Breakbeats zischeln durch die neun Stücke, produzieren aber neue, bislang von Moderat unbekannte Rhythmen. Treiben an, treiben weiter.

Moderats Trilogie

Mit »III« schließen Moderat eine Trilogie ab. »I« war noch eine Kollaboration, »II« deutlich zusammengerückt. »III« wirkt nun wie das Ergebnis einer Band, die in Symbiose auf der Bühne, hinterm Pult steht. Die Tracks sind komponiert. Das wird auch darin deutlich, dass die Stimme in den Vordergrund tritt. Bandgeschichte hin, Weiterentwicklung her: will man aufs musikalische Skelett herunter brechen, der Anspieltipp lautet: »Reminder«. Minimalistisch am Anfang, gefolgt von trippelnd-zappelnden Percussions, die sich zu den Refrains hin in eine atmosphärische, wallende Klangwolke verwandeln. Die erwähnte erste Single, der erste Vorgeschmack, bündelt das Konzept des Albums, das funktioniert wie ein dunkles Get-Together, auf dem man rauchigen Whiskey statt fancy Cosmopolitan trinkt.

»III« erscheint am 1. April 2016 auf i>Monkeytown Records.

Bild(er) © Flavien Prioreau
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