Nach langjähriger Dominanz einer Unternehmensgruppe herrscht neuerdings mehr Konkurrenz am heimischen Festivalmarkt. Vor allem große Player aus Deutschland bringen Bewegung ins Spiel. Ein Überblick.
Festival-Netzwerk/e im Überblick
Es wird langsam eng in der heimischen Festivallandschaft. Österreichweit veranstalten zig kleine Initiativen – oft nach dem Prinzip der Selbstausbeutung – für wenige Hundert bis wenige Tausend Besucher Konzerte auf der grünen Wiese (oder in der Halle). Die Ambitionierteren darunter schaffen es mit Glück, sich dauerhaft als kultureller Fixpunkt in ihrer Region zu etablieren, etwa das Acoustic Lakeside oder das Poolbar-Festival. Daneben die, die vom Veranstalten leben: die Wiener Konzertagentur PSI Music zum Beispiel, die seit einigen Jahren auch das Full Hit Of Summer in der Wiener Arena auf die Beine stellt; die Pratersauna, deren Prater unser vom Bezirks- zum Club-Festival geschrumpft ist, die mit dem Lighthouse Festival in Kroatien alljährlich aber auch ein Auslandsprojekt (in Kooperation mit X-Jam-Veranstalter Doc LX) abwickelt; oder Festivals wie Spring und Elevate in Graz und das Beatpatrol in Sankt Pölten. Und dann gibt es natürlich noch die Großen: Nova Rock, Frequency, das neue Rock in Vienna für die Gitarren-Fraktion, Lake und Electric Love für die EDM-Fans. Von Spezialfällen wie dem Snowbombing in Mayrhofen abgesehen – es richtet sich mit englischem Veranstalter vor allem an eine englische Klientel (Ski-Urlaub und Festival in einem) –, hat sich das Engagement ausländischer Veranstalter bislang in Grenzen gehalten. Mit dem Markteintritt der deutschen Branchenriesen DEAG und FKP Scorpio ist hier 2015 jedenfalls ein kleiner Höhepunkt erreicht. Beste Gelegenheit also für eine Dokumentation des Status quo. Die Gesamtübersicht gibt es hier in einer größeren Version als Pop-up und zum Download. Anmerkung: Donauinselfest, Popfest Wien sowie Donaufestival sind als parteipolitisch oder politisch gewollte Veranstaltungen gewissermaßen außer Konkurrenz und daher unberücksichtigt geblieben.
Der Platzhirsch: Barracuda Holding
Nova Rock, Frequency, Urban Art Forms und und und – in den letzten Jahren hat niemand den Festivalmarkt des Landes so dominiert wie die Barracuda Holding mit all ihren Sub-Unternehmen. Ein Marketing- und ein Ticketing-Service für die mehreren hundert Konzertveranstaltungen der Unternehmensgruppe pro Jahr hat man auch aufgebaut. Überdies hält der Festival-Platzhirsch Anteile am Musikmagazin Volume. Einer Beteiligung aus Deutschland (FKP Scorpio und Four Artists an Musicnet.at) hat man sich vor einigen Jahren wieder entledigt. Die Holding ist im Besitz von sieben Personen, die teilweise auch im Unternehmen engagiert sind – die Exponiertesten: Ewald Tatar (Nova-Rock-Chef mit Wiesen-Vergangenheit) und Harry Jenner (Frequency-Chef, als Flex-DJ zum Veranstalten gekommen). Nachtrag: Zur Verdeutlichung sei darauf hingewiesen, dass das Picture On Festival von einem ehrenamtlichen Kulturverein veranstaltet wird, der u. a. in den Bereichen Booking und Promotion mit Tochterunternehmen der Barracuda Holding kooperiert.
Mit deutscher Unterstützung: Arcadia Live
Unter dem Namen The Arcadia Agency haben Bernhard Kaufmann und Filip Potocki über die Jahre erfolgreich eine Full-Service-Musikagentur aufgebaut. Was mit der Beteiligung des deutschen Labels Chimperator begann, gipfelte 2015 in der Gründung der Arcadia Live GmbH – einem gemeinsamen Unternehmen der beiden Österreicher mit den deutschen Größen Four Artists, Chimperator Live, KKT und FKP Scorpio. Erste Großprojekte unter neuer Flagge: der Wien-Ableger des Hip Hop Open (in Stuttgart von 0711 Entertainment und Four Artists veranstaltet) und das wiederbelebte, zuletzt 2009, damals noch von einer Tochter der Barracuda Holding veranstaltete Nuke Festival. Die Markenrechte dafür stellt Norbert Bauer (Warehouse St. Pölten / Grünberg & CIE GmbH / Beatpatrol) zur Verfügung.
Große Geschütze: Blue Moon Entertainment
Wenn die Deutsche Entertainment AG (kurz: DEAG) neue Märkte erschließen möchte, wird geklotzt: Mit drei Großfestivals, eines davon in Wien (Rock In Vienna, veranstaltet von Blue Moon, einem Joint Venture mit Katrin Edtmeier), hat der Branchenriese heuer versucht, das Rock-Segment aufzurollen. Eine Kampfansage an die Konkurrenz in Deutschland, aber auch ans Nova Rock – mit mäßigem Erfolg.
Gelungener Showcase: LS Konzertagentur
2002 gegründet, ist die LSK alles andere als neu in der Branche. Mit dem Showcase-Festival New Sound hat das Unternehmen im Besitz der etablierten Konzertagenturen Marek Lieberberg (Frankfurt am Main), Semmel Concerts (Bayreuth) und Show Factory (Bregenz) heuer einen Schritt ins Festival-Segment gemacht, der helfen soll, neue Acts zu etablieren. Dank Headliner Wanda recht erfolgreich.
Der ungarische Winter: Fridge Event GmbH
Auch die Betreiber des ungarischen Sziget Festivals sind hierzulande aktiv. Mit 15 % ist man an einem Joint Venture mit der Wiener Kommunikationsagentur RSCG 4D beteiligt. Das gemeinsame Fridge Festival musste 2014 wetterbedingt von der Donauinsel in die Marx Halle verlegt, das Winter- und Motorsport-Rahmenprogramm abgesagt werden. Ende 2015 soll es wieder ein Fridge Festival geben.
Wien als Brückenkopf: Comrades GmbH
Das Club- und Showcase-Festival Waves Vienna will Brückenkopf für den Austausch zwischen Ost- und Westeuropa sein. Passenderweise gibt es ein Partnerfestival in Bratislava, mit dem verstärkt zusammengearbeitet wird. Auch das neue Festival Wiener Welle wird von der Comrades GmbH veranstaltet. Starke personelle Überschneidungen gibt es zum Verein Wien macht Kultur (Electric Spring Festival). Nachtrag: Waves Vienna wurde im ersten Jahr seines Bestehens von der Monopol Medien GmbH, dem Verlag, in dem auch The Gap erscheint, organisiert. Seit 2012 wird das Festival von der Comrades GmbH veranstaltet. Die beiden Unternehmen arbeiten unabhängig von einander.