Popfest, Die Fünfte

Das Wiener Popfest bekommt mit Violetta Parisini und Wolfgang Schlögl erstmals ein Kuratoren-Duo. Im ersten niedergeschriebenen Interview erzählen beide von Arbeitsteilung (gibt’s keine), Headliner (gibt’s keine) und den Status der Musikstadt (gibt’s).

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Eine Frau würde er sich wünschen, meinte Patrick Pulsinger noch am Ende des letzten Popfests, das er kuratiert hatte. Der Wunsch hat sich erfüllt – im Rahmen eines Kuratoren-Duos. Mit der Entscheidung Wolfgang Schlögl und Violetta Parisini zu beauftragen, zeigt sich auch, dass es eher Künstler und Musiker sein sollen, die ihren speziellen Blick auf die Wiener Musikszene zeigen. Der künstlerische Chef der ersten drei Jahre, Robert Rotifer, wurde ja beim Popfest häufig als Journalist mit Anspruch auf inhaltliche Vollständigkeit gesehen und beurteilt, weniger als Musiker, denen mehr individuelle Eigenheiten zugestanden werden.

Beide, Parisini und Schlögl, sind nun in der österreichischen Musikszene wohl bekannt und auch bei The Gap regelmäßige Gäste. Die Biografien und Meriten sind schnell ergoogelt. Beide zeichnet zudem aus, dass sie – ähnlich wie schon Patrick Pulsinger – quer über verschiedene Szenen arbeiten und unterschiedliche Genres ausprobiert haben und verstehen.

Im Interview verwendet Wolfgang Schlögl nun gleich zwei Mal den Begriff "kapitalistische Verwertungslogik".

Was hat euch gereizt das Festival zu übernehmen? Wie kommt man zu so einem solchen Job?

Violetta Parisini: Es ist spannend, die eigene Sicht auf die österreichische Szene zu schärfen, weiter zu entwickeln und darzustellen. Man wird gefragt.

Wolfgang Schlögl: Ich durfte beim ersten Popfest den elektronischen Part des Musikprogramms mitgestalten und freue mich nun, gemeinsam mit Violetta die Kuratierung zu übernehmen.

Gibt es zwischen euch dann eine Arbeitsteilung? ZB. elektronische

Musik und Hip Hop hier, Songwriting da?

Beide: Nein, wir entwickeln Konzept und Programm gemeinsam, sind einander kritische Instanz, und nehmen dieses Zu-Zweit-Sein als Chance wahr, blinde Flecken zu erhellen.

Auf einer Skala von 1 bis 10, wie gut kennt ihr die Wiener

Musikszene jetzt gerade? Wie viel Zeit nehmt ihr euch, um euch

einzuhören? Und es werden ja plötzlich unglaublich viele Leute euch

zufällig diese total interessante Band empfehlen wollen …

Violetta Parisini: Beziffern können wir das schwer; von manchen Szenen weiß man gar nichts, gleichzeitig kennt man viele Bands und Musikerinnen und Musiker, durch die man dann wiederum immer neue kennenlernt. So hat man manchmal das Gefühl, fast alles schon zu kennen oder zumindest davon gehört zu haben. Trotzdem waren wir in den letzten Wochen immer wieder überrascht und auch begeistert von Bands bzw Musikerinnen und Musikern, von denen wir bis dato nichts gehört hatten.

Also insgesamt: gut, aber nicht gut genug, und deswegen hören wir uns weiter an, was uns zugetragen wird. Empfehlungen können an unsere Email-Adressen abgegeben werden. Wenn das Vorgeschlagene einem/r von uns interessant vorkommt, wird der/die andere konsultiert und weitergehört.

Kann das Popfest mit seiner Linie Wir-Haben-Keine-Headliner und Wir-Bezahlen-Einheitspreis die wirklich international herzeigbaren Acts wie Left Boy, Nazar, Sohn oder Soap&Skin bekommen? Wie sinnvoll findet ihr das selbst?

Wolfgang Schlögl: Natürlich muss man auch die ökonomischen Rahmenbedingungen verstehen: wir werden über 60 Bands und Projekte auf mehrere Bühnen einladen. Bei freiem Eintritt können wir für größere Popacts keine Marktpreise zahlen. Vielmehr interessiert uns, ob manche bekanntere Künstlerinnen und Künstler einen Auftritt vor tausenden Menschen als Promoveranstaltung sehen – und sich danach entscheiden – oder einen Auftritt (auch) als identifikatorischen Akt mit dieser Stadt und ihren Kulturschaffenden verstehen.

Wobei meiner Meinung nach der in eurer Frage nachgefragter Begriff "wirklich international herzeigbar" ja auch (nur / vor allem) durch eine kapitalistische Verwertungslogik geprägt ist … also international herzeigbar sind auch Bands, die es bis jetzt noch nicht über die Landes- oder Stadtgrenzen geschafft haben. Das Popfest kann einen Beitrag dazu leisten auch unbekannten Bands im Zusammenhang mit einem abwechslungsreichen Festivalprogramm ihre verdiente Öffentlichkeit zu verschaffen.

Ist Robert Rotifer, der als Kurator in den ersten drei Jahren die Ausrichtung des Popfests geprägt hat, noch involviert?

Beide: Ja, er steht uns als Redakteur zur Seite.

Welche Bedeutung glaubt ihr hat das Festival für die lokale Musikszene sowie die Stadt?

Violetta Parisini: Ich halte das Popfest für sehr wertvoll für die heimische Musikszene und ihr Publikum. Dass es so viele großartige österreichische Acts gibt, eine unglaubliche Vielfalt an Stilen und Zugängen, und dass dann sogar jedes Jahr aufs Neue bisher Unbekannte auf der Bühne stehen, ist für die meisten immer wieder eine Überraschung.

Wolfgang Schlögl: Viele Musiker freuen sich auf den wunderschönen Ort und auf die großartige Atmosphäre. Auch bei allen Technikern spüre ich große Vorfreude. Für die Musiker kann das Popfest ein Ort des Austausches, Präsentation und kritischer Identifikation sein. Die letzten Jahre ist das Popfest ein fixer Bestandteil des sommerlichen Kulturprogramms der Stadt Wien geworden. Wie auch Impulstanz leistet das Popfest seinen Beitrag ein Festival, sowohl für die Akteure, als auch fürs Publikum zu sein. Mit seinem limitierten Budget werden wir jedoch nie die Gagen zahlen können, die ich persönlich als adequat erachten würde.

Weiters möchte ich aber auch daran glauben, dass der Wert von Kulturarbeit nicht nur in Tabellen nachzumessen ist, sondern erst die "Patina" einer Stadt vervollständigt und somit über eine kapitalistische Verwertungslogik hinaus gehen muss.

Die Locations sind bekannt, die Spielzeiten auch, das Bier halbwegs kalt. Wo seht ihr noch das grösste Verbesserungspotenzial für das Popfest.

Beide: Wir wollen heuer versuchen, die Panels zu entstauben und Musikerinnen und Musiker auch in den theoretischen Diskurs stärker einzubinden. So wollen wir, dass die Panels über – durchaus auch wichtige – Informationen über technologische und rechtliche Rahmenbedingungen hinausgehen, und das Festival auch als Plattform für Ideen- und Informationsaustausch innerhalb der Szene und zwischen Szene und Publikum dient. Weiters wollen wir versuchen einige inhaltliche Schienen zu verwirklichen und vielleicht sogar die eine oder andere Spielstätte für spezielle Performances zugängig zu machen … also vielleicht gibt es ja auch für gut informierte Menschen noch die eine oder andere Überraschung! An Ideen mangelt es uns sicher nicht.

Das Popfest Wien findet von 24. bis 27. Juli 2014 am Wiener Karlplatz statt.

i>popfest.at

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