Bei der Verleihung des Österreichischen Filmpreises 2018 wurden aktuelle Themen in den Mittelpunkt gerückt: Das Unbehagen mit der neuen Regierung und die Rolle von Frauen in unserer Gesellschaft.
Der Abend beginnt launig und doch haben sich schon vor der eigentlichen Preisverleihung die inhaltlichen Schwerpnukte angekündigt. Es wurden Armbänder mit politischen Statements verteilt. Christoph Grissemann und Hilde Dalik beginnen ihre Moderation mit einer Reihe von Witzen über die neue Regierung und die laufenden Bestätigungen über die Ansichten mancher FPÖ-Mitglieder – Austragungsort der Gala ist immerhin das niederösterreichische Grafenegg, kurz nach der Landtagswahl und während der laufenden Diskussionen über die Wiener Neustädter Burschenschaft Germania. »Sebastian Kurz meinte kürzlich, du bist seine Lieblingsschauspielerin«, meint Grissemann früh in Richtung Dalik. »Er ist auch mein Lieblingsschauspieler«, kommentiert diese knapp. Die Eröffnungsrede hält die Präsidentschaft der Akademie des Österreichischen Films: Ursula Strauss und Stefan Ruzowitzky. Die beiden kommen sofort zum Punkt: Empathie und Solidarität sind laut ihnen wichtige Eigenschaften ihres Berufs und aller FilmemacherInnen – und mehr denn je gefragt, da es offenbar viele gibt, denen diese Werte nichts bedeuten. Lukas Miko, der den Preis für die beste männliche Nebenrolle in »Die beste aller Welten« gewinnt, nutzt den Abend, um eine Rede unter dem Titel #klappeauf zu verlesen, auf die sich rund 260 Filmschaffende per Unterschrift einigen konnten. Darin wurde die Regierung aufgefordert, die Zusammenarbeit mit rechtsradikalen Burschenschaften aufzugeben und mehr Solidarität mit Benachteiligten und jenen, die Hilfe brauchen, zu zeigen.
Das zweite große Thema des Abends ist die Rolle von Frauen, nicht zuletzt in Zusammenhang mit #metoo. Bei großen Teilen des Publikums und der Akademie herrscht große Freude darüber, dass der Event von Mirjam Unger und damit erstmals von einer Frau gestaltet wurde. Darüber hinaus sind nicht nur viele der Nominierten, sondern auch auffallend viele Ausgezeichnete, Frauen. Die aktuelle politische Entwicklung und Feminismus sind dann auch die Themen der Gastrede von Doris Knecht, die einerseits eine traurige Entwicklung der Regierung beschreibt und dann dazu überleitet – gemäß dem Thema des Abends »Into the Future« – in der hier versammelten Gesellschaft, in der Frauen eine wichtige, gleichberechtigte Rolle spielen, ein hoffnungsvolles Statement zu sehen. Während dieser drei Stunden des Abends gibt es nur vereinzelt Leute, die zu diesem Zeitpunkt den Saal verlassen, sich Kommentare des Widerspruchs zuraunen oder auf der Rückreise im Bus ihrem Ärger Luft machen. Ein positives Signal und eine schöne Beobachtung.
Nur selten, aber doch kommt die Rede dann auch auf die finanzielle Situation von Filmschaffenden in Österreich. Denn so sehr hier einzelne Personen ein mehr als gutes Auskommen finden, so schwierig ist allgemein die Situation der Kreativen. Der heimische Markt ist klein und ermöglicht quasi keine Finanzierung eines Films über den Markt. Vertriebe gibt es nur für Österreich oder den weltweiten Markt. Ohne entsprechende Förderungen durch offizielle Stellen von Bund und Regionen oder TV-Stationen gibt es keinen österreichischen Film. Es ist nicht vorstellbar, dass die Bestrebungen der heimischen Bundesregierung, die Kurz auch anlässlich des Besuchs von Viktor Orban bekräftigte, die Nationalstaaten und ihre kleinen Märkte gegenüber der EU zu stärken, es für Kulturschaffende und die für sie nötigen Märkte einfacher macht. Im März 2018 eröffnet die Diagonale in Graz, deren aktuelle Intendanz Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber aus ihrer politischen Einstellung kein Geheimnis macht, mit »Murer – Anatomie eines Prozesses«, einem Film über den erst 1963 stattgefundenen Prozess gegen Franz Murer, der an der Tötung vieler Juden zwischen 1941 und 1943 beteiligt gewesen sein soll. Wir widmen unsere kommende Ausgabe Anfang März dem österreichischen Film, der bei allem, was diskutierenswert an ihm ist oder auch mal nicht gefällt, für diesen Moment eine Stimme der Hoffnung und der Standfestigkeit darstellt. Ab 12. Februar ist es auch möglich, das Frauenvolksbegehren 2.0 mit Unterstützungserklärungen zu unterstützen und – ob man im Detail mit jeder Forderung einverstanden ist oder nicht – ein Zeichen für Solidarität und Gleichberechtigung zu setzen. Die ersten im Rahmen des Events auf die Bühne des Filmpreises gesprayten Worte waren: Empathie, Mut, Feminismus. Und jetzt wir alle!