In der Romanverfilmung »Simpel« gibt David Kross den gleichnamigen Titelhelden. The Gap traf den Schauspieler zum Interview.
Als Laie behaupte ich, dass deine Rolle eine sehr körperliche war. Ging dir diese Figur in den Pausen oder nach den Dreharbeiten näher als andere? Hast du sie gewissermaßen mitgenommen – selbst wenn die Kameras nicht mehr liefen?
Ich glaube schon, dass mich die Figur länger begleitet hat. Ich bin nach den Dreharbeiten in Urlaub gefahren und da gibt es ein paar Urlaubsbilder, auf denen meine Körperhaltung unbewusst noch immer Simpel ähnelt. Dadurch, dass es eine Hauptrolle war, und dadurch, dass ich ihn wie eine zweite Haut angenommen habe, hat er mich natürlich noch länger begleitet als andere Charaktere. Aber das ist auch das Schöne an Filmen: dass man sich für eine kurze Zeit so intensiv mit einem Thema und einer Figur auseinandersetzen kann und vielleicht auch etwas daraus lernen kann.
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit Frederik Lau, der im Film deinen Bruder spielt? Wie leicht war es diese Vertrautheit, die Geschwister oft haben, vor die Kamera zu bringen?
Es hat sehr viel Spaß gemacht, mit Frederik zu drehen. Wir kannten uns zwar, aber wir hatten davor noch nie zusammengearbeitet. Das war ein schöner erster gemeinsamer Film und er war ein toller großer Bruder für meine Figur. Wir haben uns beide emotional darauf eingelassen, da es viel darum ging, dass man einander berühren kann und dass man einander nahe sein kann – und das haben wir beide gut gelöst. Wir haben uns zu Beginn der Dreharbeiten zusammengesetzt und diskutiert, worum es geht. Und eine der ersten Szenen, die wir dann gedreht haben, war die Anfangsszene im Wattenmeer – da ist das Eis gebrochen. Wir haben uns total hineingestürzt und ich bin sehr froh, dass er mitgespielt hat.
Im Film kommt deine Figur in einige brenzlige Situationen. So fackelst du etwa beinahe die Wohnung ab. Und gleich zu Beginn bist du im Wattenmeer zu sehen. Gab es Szenen, die du noch besonders in Erinnerung hast – positiv oder negativ?
Die Szene, in der ich die Küche fast abfackle, war sehr lustig, weil wir da mit Spiritus gearbeitet haben und ich diesen ins Feuer schütten sollte. Ich war so in der Rolle drinnen, dass ich nicht gemerkt habe, dass Spiritus auf meine Hand gekommen ist, und ich mir daher meine Hand beinahe verbrannt hätte. Ich habe es anfangs nicht einmal gemerkt, aber dann wurde die Szene gestoppt. Es war sehr lustig, als wir uns das danach angesehen haben. Das ist mir auf jeden Fall in Erinnerung geblieben und ich hoffe, dass es das später in den Deleted Scenes zu sehen geben wird.
Der Film basiert ja auf dem gleichnamigen Roman der französischen Schriftstellerin Marie-Aude Murail. Du hast im Laufe deiner bisherigen Karriere auch in anderen Literaturverfilmungen mitgespielt. Wenn man ins Kino geht, hat man oft das Gefühl, dass viele Romanverfilmungen anlaufen oder Filme, die auf einer wahren Geschichte basieren. Woher denkst du kommt diese Sehnsucht nach »wahren Geschichten« und nach dem Bekannten?
Ich glaube, gerade in turbulenten Zeiten wollen viele Menschen Geschichten sehen, die gut ausgehen und die zugleich wahr sind. Solche auf wahren Ereignissen basierenden Geschichten können dem Publikum etwa Trost spenden, da man sieht: Es ist wirklich so passiert, aber es ist eben gut ausgegangen.
Du hattest schon in deiner Jugend Erfolg als Schauspieler. Hat sich dein Zugang zum Beruf in den letzten Jahren verändert?
Ich habe natürlich viele Erfahrungen gesammelt, das macht entspannter. Aber gerade in diesem Beruf hört man nie auf zu lernen, das ist total spannend. Ich kann nie nach dem gleichen Schema vorgehen. Es ist immer anders, man muss jede Rolle immer neu finden. Das Gute ist auch, dass mir das Schauspielen nach und nach noch mehr Spaß macht.
Welche Rollen interessieren dich noch?
Es würde mich total interessieren, einmal einen Musiker zu spielen, einen Fußballer habe ich ja zum Beispiel schon verkörpert. Auch Bösewichte darzustellen, würde ich sehr spannend finden.
Hast du Tipps für zukünftige SchauspielerInnen?
Es ist wohl für jede Person sehr unterschiedlich. Ich denke aber, dass es wichtig ist, sich nicht verbiegen zu lassen. Man muss halt gucken, worauf man selber Bock hat. Die Motivation, warum man einen Film macht, ist immer unglaublich wichtig. Das formt am Ende die Darstellung. Man muss sich also stets fragen: Warum mache ich das? Warum will ich das? Was berührt mich? Was ist meine Intention?
Was stellt für dich den größten Reiz beim Schauspielen dar?
Das sind die Momente, in denen du nicht mehr nachdenkst beim Spielen, weil sich alles in gewisser Art und Weise verselbstständigt hat. Das fühlt sich unglaublich schön an, da dein Spiel somit nicht verkopft ist. Oft entstehen dadurch großartige Momente, die man zuvor überhaupt nicht geplant hat.
»Simpel« ist ab 10. November 2017 in den österreichischen Kinos zu sehen.