"Man sollte Musik immer für alle machen."

Marteria hat sich mit uns hingesetzt und über Reiseziele, Homophobie und Trinkwasserbrunnen geplaudert, bevor er am Dienstag seinen Wien-Gig in der Arena absolvierte.

Wo wir gerade bei Uganda sind. Momentan gehen die dortigen Gesetze gegen Homosexualität durch die Medien. Auf "OMG" rappst du "…schmeiß Gummis in die Menge, schrei ‚gay okay’". Ist das irgendwo auch ein Statement deinerseits? Vor allem im Hip Hop ist das ja so eine Sache.

Ja, ich find’s halt einfach bescheuert, dass das noch ein Thema ist. Ich find auch die ganzen Kampagnen, dagegen oder dafür, total beschissen. Dass da auf einmal Moses P und Thomas D sich küssen sollen für irgendwelche Kampagnen, so dass irgendwelche Schwulen in der Gesellschaft anerkannt werden. Das sollte einfach normal sein. Das ist alles so lächerlich. Homophobie sollte in Musik einfach nichts zu suchen haben, weil das einfach Quatsch ist. Das ist aber auch auf der ganzen Welt so, in Uganda droht einem ja sogar die Todesstrafe. Aber es gibt halt trotzdem ganz viel Homosexuelle, wie überall auf der Welt. Und die müssen das heimlich halten, und es darf keiner wissen, weil sie nicht verraten werden dürfen. Das muss ganz schlimm sein.

Ich finde, man sollte sich dafür einsetzen. Man sollte Musik immer für alle machen, und man sollte nicht Menschengruppen, die vielleicht nicht genau das verkörpern, was man selber verkörpert, diskriminieren. Hip Hop war für mich eigentlich immer genau das. Dass man Schwächere oder Leute, die keine Freunde hatten, beschützen und nicht draufhauen sollte. Ich find’s einfach total bescheuert bei Homosexuellen zu sagen, dass es irgendwelche Schwächeren oder Minderheiten sind. In Berlin gibt’s glaub ich mehr Schwule als Hetero-Männer. Dort sind dann die Heterosexuellen die Minderheit.

Das ist dir also durchaus ein Anliegen.

Ich will einfach dass die Leute sich über so ’nen Scheiß keine Gedanken machen, weil das einfach totaler Blödsinn ist. Du kanst auch nicht die ganze Zeit "How I Met Your Mother" kucken und Barney abfeiern, und dann sagen "Schwule sind scheiße".

Auf eher typische Diss-Attacken oder Beleidigungs-Plattitüden verzichtest du auch völlig. Ist das bewusst so, weil du es einfach uncool findest, oder siehst du dich vielleicht auch in einer Art Vorbildfunktion?

Das kommt darauf an, was für eine Art Musik du machst. Wenn du jetzt Battle MC bist, was ich früher auch mal war, dann ist es klar, dass du dich immer stellen musst. Aber mir ist das einfach zu blöd, das Leben ist mir zu schade dafür. Wenn irgendwelche Leute mich dissen, ist das in erster Linie einfach lächerlich, und in zweiter Linie wäre es halt auch das Lächerlichste überhaupt, wenn ich antworten würde. Warum soll ich mich mit sowas auf eine Stufe stellen? Und dann geht’s immer weiter, das hat alles keinen Sinn für mich. Ich hab das früher gemacht und dann gemerkt wie dumm und sinnlos das ist. Ich brauch mich da nicht profilieren.

Das würden mir auch meine Fans übel nehmen, oder alle Leute mit denen man groß geworden ist. Ich hör auch viel Gangsta-Rap, weil es mich unterhält und beim Sport oder im Auto Spaß macht. Aber wenn ich da total viel Energie reinlege, verlier ich die Energie für das, was ich eigentlich am Besten kann. Und das sind meine Lieder. Autobiographische Songs schreiben, oder auch Marsimoto-Songs schreiben. Ich darf meine Energie einfach nicht verbrennen für Quatsch. Das wäre ein Genickschuss für meine Musik und für alle Fans.

"Kids" geht ja gerade ziemlich gut ab. Und wieder ist Miss Platnum mit von der Partie. Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt? In welcher Beziehung steht ihr zueinander?

Sie ist halt auch in der Crew. Sie ist auch die Freundin von einem von den Krauts und so haben wir uns kennengelernt. Ich mochte ihre Musik schon früher, die englischsprachigen Balkan-Beats-Sachen fand ich immer sehr inspirierend. Und ich kannte sie von Seeed und Peter Fox‘ Platte, da hatte sie ja ganz viel gesungen. Sie ist einfach ein ganz toller Mensch, den ich sehr mag. Und sie ist meine beste Freundin. Wir machen viel zusammen, sie ist ja auch hier in Wien mit dabei.

Sie ist also mit auf der Tour, obwohl sie gerade ihr eigenes Album veröffentlicht?

Ja, die wurde gezwungen.

Die Ärmste. Wo siehst du Marteria in 25 Jahren?

Oh Gott, dann bin ich ja 56. Ach, keine Ahnung. Wahrscheinlich mach ich da gar keine Musik mehr, sondern irgendwelche Fußball-Sendungen. Wenn ich Musik mache, dann wird sie bestimmt ziemlich geil. Mit 56 macht man bestimmt ganz schräge, James Blake-mäßige elektronische Sounds mit Plattenknistern und erzählt irgendwelche verrückten Geschichten darauf. Konzerte macht man dann bestuhlt.

Wird zumindest Marsi dann noch Musik machen?

Das muss auf jeden Fall durchgezogen werden. Es gibt keine geilere Vorstellung als ein 78-jähriger Marsimoto.

Was ist die nervigste Frage, die du in Interviews immer wieder gestellt bekommst?

"Du warst ja mal Model"… Nervt tierisch.

Okay. Du warst ja mal Model. Wie war das so?

Ha ha ha.

„Zum Glück in die Zukunft II“ von Marteria erschien am 31. Januar 2014 via Four Music. Ende des Jahres kommt er wieder live nach Österreich in den Gasometer.

Autor auf Twitter. Bittesehr.

Bild(er) © Paul Ripke, Four Music
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