Mavi Phoenix Superstar

Dass Mavi Phoenix irre gut ist, wird sie allein nicht zum Star machen. Drei Gründe, warum sie aber genau Potenzial dazu hat.

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© Lukas Gansterer

Der Sound

Der Satz „Mavi Phoenix klingt wie“ ist nicht so einfach zu vervollständigen. Das ist in einem Zeitalter, in dem elektronische Musikproduktion so niederschwellig geworden ist, dass der allgemeine Output gegenseitige Imitation provoziert und schnell in Sound-Einheitsbrei resultiert, wirklich bemerkenswert. Zum größten Teil liegt das an Mavis Stimme, deren Timbre an sich schon hervorsticht, deren Einsatz aber den relevanten Unterschied macht. Sie wird in der Produktion behandelt wie ein VST-Plugin, wie etwas Digitales, was verzerrt, gelayert und gepitcht oft befremdlich, aber umso einprägsamer klingt. Mavi Phoenix entzieht sich damit auch einer immer noch gültigen Regel der Musikindustrie, die für Sängerinnen neben gutem Aussehen vorsieht, „schön zu singen“. Darüber hinaus holen (Co-)Produzent Alex The Flipper und Phoenix das Beste auseinander heraus. Natürlich mäandert die Ende März erscheinende EP „Young Prophet“ herum, zeigt noch wenig roten Faden und hat Luft nach oben, aber genau dieses aufregende 4-Track-Ideen-Chaos, lässt die HörerInnen am Ball bleiben und nach mehr lechzen – die beste Voraussetzung für eine längerfristige Karriere.

Style und Zielgruppe

Wenn weiße Radlerhosen wieder getragen werden ohne mit der Wimper zu zucken, wie etwa im Video zu Quiet, ist die Zeit der Ironie definitiv vorbei. Phoenix produziert im Moment für eine Zielgruppe Anfang/Mitte Zwanzig, für die Authentizität kein Witz und Owezahn kein Wert ist. Man gibt sich einen Künstlernamen, der klingt wie der einer Superheldin, man will wieder jemand sein, der funktioniert, der inspiriert. Es ist nicht wurscht, wie die Videos aussehen und was man anhat – ohne sich dabei aber zu verkleiden oder mit Versatzstücken zu arbeiten. Es geht um Statements, die über die Ländergrenzen hinaus von einer bestimmten Gruppe verstanden werden. Das Selbstbild von Mavi Phoenix ist nicht das einer österreichischen Künstlerin, sondern das einer internationalen – und deswegen kauft man es ihr auch ab: Deswegen kann sie international reüssieren.

Timing, Marketing und Wille

Gewisse Timing-Parameter lassen sich planen und sollten auch gut geplant sein. Andere sind glücklicher Zufall, den man im besten Fall ausnutzt. Die aktuellen äußeren Umstände kommen Mavi Phoenix in mehr als nur einer Hinsicht zu pass. So ist es gar nicht so sehr der Hype um Musik aus Österreich, der ihr helfen wird, sondern, was man aus ihm gelernt hat und was er nach sich zieht: Die Professionalisierung im Erschaffen von Brands, im Umgang mit Medien und auch in der Einschätzung von Potenzial nützt nun einer jüngeren Generation. Was Phoenix – obwohl sie damit nicht spielt – natürlich auch nützt, ist die aktuelle kapitalistisch angetriebene mediale Vereinnahmung feministischer Themen, also gewissermaßen „Marketingfeminismus“ der Sorte Beyoncé/#thefutureisfemale, die Aufmerksamkeit für Projekte von Frauen schafft und sie – endlich!– auf die Covers, auf die Panels, in den Diskurs bringt. Dazu kommt eine herzerwärmende Origin-Story – 11-jähriges Mädchen bekommt Mac-Book von Papa und macht Musik – und die nicht näher definierten „Syrian Roots“, die jemandem gleich die Aura eines Weltbürgers verleihen, der sich im breitesten oberösterreichischen Dialekt palavernd seiner Sog-Wirkung gar nicht bewusst ist. Das ist natürlich der Stoff, aus dem Journalisten-Träume gemacht sind – darüber kann und will man schreiben.

Zu guter Letzt will Mavi Phoenix erfolgreich sein. Vielleicht nicht in dem Sinne, dass morgen große Hallen zu füllen das Ziel ist, aber im Sinne, sich konstant musikalisch weiterzuentwickeln, den Musikindustrie-Zirkus mitzumachen und abzuliefern. Sie hat den Biss, sie meint es ernst.

Mavi Phoenix‘ neue EP „Young Prophet“ erscheint am 31. März 2017.

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