Melting Pot: Neun Gründe, warum das Melt das beste Festival ist

Sonne, Regen, Hagel. Techno, Indie, Pop. Nüchtern, betrunken, verstrahlt. Auf dem Melt verschmilzt irgendwie alles ein bisschen – besser als auf allen österreichischen Festivals.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

Fünf Stunden nachdem Wanda am Samstag das Publikum auf der Hauptbühne bespaßt, singt Kylie Minogue dem Melt ein Geburtstagsständchen: 99 Lufballons. Im Anschluss daran kann man bei Jon Hopkins und Marek Hemmann dem Sonnenaufgang entgegentanzen. Ja, das passiert alles auf einer Bühne, in einer Nacht.

Fünf größere Bühnen und der immer bespielte Sleepless-Floor stehen zur Auswahl und das Melt wird damit wirklich zum Melting Point aus Mainstream und Underground, deckt viele Genres ab und bringt Cashcows genauso wie Newcomer. Die Kritik des „zu groß“ und „zu Mainstream“ muss man sich natürlich gefallen lassen. Aber das ist Sudern auf hohem Niveau, wenn man es mit österreichischen Festivals vergleicht. Was wir getan haben:

01 Line-up & Tickets

Die Booker am Melt schaffen es trotz des Mainstream-Vorwurfs, ein einzigartiges Gemisch aus verschiedenen Genres mit Fokus auf elektronischer Musik zu bieten. Dabei haben sie über die Jahre ein recht feines Gespür bewiesen, Acts zu holen, die später richtig groß werden. 140 Euro kostet der 3-Tagespass inklusive aller Gebühren, verglichen mit dem Frequency also etwa 10 Euro günstiger. Dafür bekommt man ein personalisiertes Ticket, das man online aktivieren und auch weiterverkaufen kann. Das minimiert das Risiko der Ticketfälschung, erleichtert aber auch das Verkaufen, falls man doch nicht kann.

02 Anfahrt & Camping

Ja, die Fahrt zum Melt ist für Österreicher anstrengend – etwa 6-10 Stunden braucht man mit dem Auto nach Gräfenhainichen. Das ist aber schon einer der sehr wenigen Nachteile. Die Vorteile beginnen dagegen gleich vor Ort: tatsächlich benutzbare Shuttlebusse dank kleiner Intervalle, hervorragende Beschilderung, keine unnötigen Wege und Verbote, relativ kurze Wartezeiten und gut gebriefte Securities machen den Anfang. Der Campingplatz liegt direkt neben einem See, auf das Gelände kommt man mittels Shuttlebus oder zu Fuß in etwa 15 Minuten.

03 Gelände

Die „Stadt aus Eisen“, wie Ferropolis genannt wird, muss einfach begeistern. Kräne und Bagger, auf die Visuals projeziert werden und auf denen Disco Kugeln hängen (Industrie-Chic gäbs auch in Ostrava oder beim Off in Polen). Ein riesiger Baggersee, der zum Baden einlädt. Eine Stage an einem Sandstrand, mitten in Deutschland. Bühnen mit unterschiedlichsten Settings, in wirklich akzeptabler Entfernung. Das Festivalgelände am Melt kann schon einiges und wird dabei auch wirklich gut genutzt. Man kommt leicht und schnell von einer Bühne zur anderen, die Klosituation ist annehmbar und es gibt einige Wasserstellen. Außerdem kann man nie genug davon bekommen, die alten Kräne bei Sonne, Wolken oder Mond zu fotografieren.

04 Catering und Preise

Nein, man muss nicht von Dosenfutter leben. Die Essensauswahl am Melt ist so groß und dabei preislich angemessen, dass man die Chili con Carne gerne zuhause lässt. Dampfschwein mit Kartoffelpürree und Apfelkraut, Käsespätzle, verschieden gefüllte Maultaschen, Handbrot (gefülltes warmes Brot), Fischbrötchen, Raclette, Hot-Dogs und die üblichen verdächtigen wie Asia Food, Pizza, Pommes und Crepes stehen zur Auswahl. Am günstigsten kommt man mit einem überbackenen Knoblauchbrot weg, das gibts schon um 2,50 Euro und wer sich ein Dampfschwein gönnt kommt immerhin unter 10 Euro weg.

Die Getränkeauswahl ist für Österreicher im ersten Moment vermutlich befremdlich weil: OMG! es gibt keinen weißen Spritzer. Der Schock legt sich bei einem Bier um 3,50 oder einem Gin Tonic um 6,50 aber relativ schnell. Nein, ihr habt euch was die Preise betrifft nicht verlesen.

05 No Cash needed

Zum ersten Mal war das Melt heuer ein Cashless Festival. Nach englischem Vorbild wurde das gechipte Festivalband zum Zahlungsmittel. Dank der zahlreichen Aufladestellen funktionierte das wirklich gut und Bargeld war wirklich nie nötig. Egal ob Essensstand, mobiler Kaffeeverkäufer oder Merchandise-Stand, das Band beschleunigte die Zahlung überall. Den Restbetrag kann man sich übrigens rücküberweisen lassen.

06 Publikum

Das mit den Mitfeiernden auf Festivals ist ja immer so eine Sache, weil jeder seine eigenen Vorstellungen hat. Insgesamt wirkt das Publikum harmonischer, internationaler, weniger aggressiv, weniger gröhlend und tendenziell erstaunlich hilfsbereit. Unter 18-Jährige kommen kaum bis gar nicht auf das Festival (das interessiert wohl nur Leute über 18), man trifft viele Holländer und Deutsche, ein paar Österreicher und Engländer. Nach Spruch-T-Shirts oder „Wer will ficken“-Einladungen sucht man etwas länger, Flunky-Ball wird aber trotzdem am Camping Platz gespielt.

07 Who needs sleep tonight?

Diesem Satz läuft man entgegen, wenn man das Festivalgelände verlässt. Der Ausgang vom Hauptgelände ist gleichzeitig der Eingang zum Sleepless Floor und ja, dort tanzen Menschen 24/7, machen bei allen Acts große Augen und trinken erstaunlich brav gesundes, klares Wasser. Das liegt eventuell auch am Angebot. Wenn der Kaffeeverkäufer gleichzeitig mit dem Drogenverkäufer vorbeikommt und man ziemlich entspannt zwischen Kaffee, Eiskaffee, MDMA, Speed und Koks auswählen kann, fördert das die Schlaflosigkeit. Für Drogen wurde das Cashless System übrigens noch nicht eingeführt.

08 Off-Site Partys

Der Strom macht die Musik, haben sich die Leute von den Essensständen wohl gedacht und so konnte man zu Hip Hop tanzen, während man auf sein Raclette Brot wartete. Die Preparty am Donnerstag wurde bei den Essensständen am Campingplatz verlängert und auch viele Sponsoren haben kleiner Bühnen, auf denen man entspannen oder einfach mal zu Trash tanzen kann. Einen Spielplatz mit Mini-Bagger, Schaukel und Kletternetz gibt es übrigens auch.

09 Und die Musik?

Die Acts des Meltfestival kann man auf anderen Festivals auch sehen, ja. Eine derartige Dichte zu diesem Ticketpreis ist allerdings schon schwer nachzumachen. Mit Dorian Concept, Bilderbuch und Wanda haben es auch ein paar österreichische Artists nach Gräfenhainichen geschafft.

Ansonsten zählen zu den diesjährigen Highlights am Freitag sicher das zweistündige Set von Jamie XX auf der die von Modeselektor kuratierte Seebühne dank Albumhype und großartigem Set füllte. Danach gabs viel Bass von Hudson Mohawke, Klavierinferno von Nils Frahm und viel Publikumsliebe für Flume. Am Samstag konnte man sich Giorgo Moroder und Kylie Minogue ansehen und anhören – oder aber einen guten Abend bei Young Fathers, Kwabs, Modeselektor, Jon Hopkins und Marek Hemmann verbringen. Am Sonntag sagten Alt-J zum Abschluss leise Servus – das Setting und der Slot waren vermutlich die beste Entscheidung, das Konzert selbst war gut, aber nicht grandios. Gibt also doch noch Luft für den Frequency-Auftritt. Jedenfalls ein schöner Abschluss.

 

Wer sich nachträglich Konzerte vom Melt-Festival ansehen mag, kann das übrigens auf Arte. Mehr Infos zum Melt gibts hier.

Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...