Muss man mögen

Magdas Hotel in Wien wird nur von Flüchtlingen und Asylwerbern betrieben. Das macht es einzigartig in Europa und gleichzeitig zu einem Lichtblick für die leicht angestaubte und traditionsschwangere Wiener Hotelszene.

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In Magdas Hotel haben Matratzen zu Betten gefunden, und, noch wichtiger, Menschen zu Arbeit und auch ein Zuhause.

Die Tagebücher der Flüchtlinge und Asylwerber, die in Magdas Hotel arbeiten und wohnen sind lang, auch wenn manche noch echt jung sind. Es sind Reisetagebücher von Reisen, die nicht über Checkfelix oder Trivago gebucht wurden. Die Geschichten der Gegenstände, die Magdas erst zu einem Hotel gemacht haben, sind auch lang. Denn die meisten davon sind Fundstücke, aufgesammelt und umfunktioniert von Menschen, die auf der Suche sind nach einem Ort, an dem sie leben können, ohne um ihr Leben zu fürchten. Aber auch nach einem sozialstaatlichen Gefüge, das wirklich eines ist.

Gesucht und gefunden haben sich so auch Auftraggeber Caritas und das Architekten-Team von Alles Wird Gut, die das Projekt umsetzten und zugleich einen ganzen Haufen freiwilliger Helfer koordinierten. Wie es dabei so zuging, erklärt uns Herwig Spiegl, Director und Mitgründer von Alles Wird Gut.

Die Bedrohlichkeit eines Pensionistenheimes wird zum heimeligen Hotel für alle war das anfangs für euch wirklich vorstellbar?

Im Kopf eines Architekten ist so vieles vorstellbar – das will man als so mancher Leser gar nicht wissen – die Frage ist immer, ob es uns gelingt unsere Vorstellung mit den Wünsche derer zu vereinen, die am Ende dafür zahlen müssen. Die Unterschiede zwischen Hotel und Pensionistenheim finden sich vielmehr im Altersdurchschnitt der Nutzer und weniger in der Gebäudestruktur. Die Schwierigkeit lag wohl eher darin, zu überzeugen, dass auch mit geringen Mitteln durchaus mehr, als nur das Nötigste, möglich ist.

Wie wichtig ist ideologische Überzeugung und Commitment bei euren Projekten?

Bei der Entwicklung unserer Projekte legen wir immer großen Wert auf starke Konzepte. Konzeptionelle Ansätze lassen ein Projekt besonders werden und überleben meist auch knappe und schrumpfende Budgets. Sie sind weniger von Geld als vielmehr von Ideenreichtum abhängig. Um dies zu ermöglichen und über den gesamten Projektverlauf auch durchzusetzen ist persönliches Commitment unerlässlich.

Die Fotos, die die Entstehung dokumentieren, haben etwas von einer Spielwiesehat es sich manchmal auch so angefühlt?

Es hat sich nicht nur so angefühlt – es war definitiv so! Spaß ist jedenfalls der beste Motor für gemeinsames Schaffen. Der wilde Haufen war teilweise gar nicht leicht zu kontrollieren. Aber oft entstehen gerade aus dem Chaos die besten, weil überraschenden, Ideen. Die Vielzahl unterschiedlichster Persönlichkeiten garantierte jedenfalls gute Laune und guten Output.

Wie lief die Arbeit in der Entstehungsphase sonst noch ab?

Tja, leider mussten wir nur zu oft erfahren: eine Baustelle ist kein Spielplatz – und wie wir alle wissen, „haften ja Eltern für ihre Kinder“. Dementsprechend war es gar nicht so einfach, die vielen tatkräftigen Helfer mit den vielen rechtlichen Auflagen und Einschränkungen einer laufenden Baustelle zu vereinen.

Die Fundstücke aus Lagern und von der Straße, mit denen ihr größtenteils gearbeitet habt, spiegeln den ideologischen Ansatz des Hotels wider wo wurdet ihr fündig?

In unserer übersättigten Konsum – und Wegwerfgesellschaft gibt es kein Problem des Finden – man muss nur suchen. In unserem Fall durchsuchten wir die vielfältigen Tauschbörsen des Internets, aber auch reale Orte wie das Caritas Lager (carla), private Garagen, Keller, Flohmärkte, und andere skurrile Orte Österreichs. Nicht zu vergessen der ständig anwachsende Berg an "Gourmetdesignerstückerln" spendenbereiter Mitmenschen.

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Bild(er) © 1,2,3,4,5,6,7: Alles Wird Gut Architekten
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