Nach der Disco ist…

Danger Mouse und Shins-Sänger James Mercer sind mehr als die Summe ihrer Teile. Das neue Broken Bells Album "After The Disco" klingt nach dem Moment, in dem man den Kater noch etwas hinauszögert. Hier ist es im kompletten Vorab-Stream.

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Es gibt Bands bei denen die Entdeckung des Synthesizers ein bisschen weh tut. Zuletzt etwa bei Phoenix. Und es gibt Bands, bei denen man das Gefühl hat sie würden ihr Potenzial genau dadurch verschwenden, es zu unterlassen. Bei den Broken Bells hat das viel mit Brian Burton – der einen Hälfte des Duos zu tun. Unter Danger Mouse ist er als einer der einflussreichsten Produzent der letzten Dekade – besser bekannt, nicht nur im Indie-Rock ("El Camino") sondern auch im Pop: Er war es der Norah Jones auf Plattenlänge von der immergleichen Ballade loseiste, ihre Stimme im modernen Elektro-Pop entzauberte. Wenn Danger Mouse also weiter mit James Mercer, dem Frontman der Gitarren-Pop Band Shins arbeitet, dann erwartet man automatisch auch, dass er ihm den Rock austreibt, nicht? Wenigstens ein bisschen.

Diese Hoffnung hätte eigentlich schon vor Monaten am Albumtitel zerschellen müssen. Die Platte heißt "After the Disco" und genau so klingt sie: Man kommt früh morgens vom Feiern heim, bringt ein paar Leute mit und kann sich nicht ganz entscheiden, ob man schlafen gehen oder weiter trinken soll. Es gibt da diese Momente, wo man den Kater noch etwas hinauszögert: Der Refrain von "Perfect World", die spacige Vorab-Single "Holding on for Life" natürlich und ganz oft, wenn diese ungemein starke Bassline über Falsettchören und perlendem Synthesizer-Flächen schlendert: Wem also bei Balthazar (zu Recht) immer eine passende Referenz fehlte, ist mit Songs wie "Control" gut aufgehoben. Das Album "After the Disco" ist ein Paradebeispiel wie die Elektrifizierung des Indie-Rock funktionieren muss. Genau so. Aber eben doch kein Dance.

Warum aber reden eigentlich also alle von VOR der Disco?

Outer-Space und wieder runter

Ganz einfach deswegen, weil das zweite Broken Bells Album wie ein solches promotet und geteasert wurde: Da sah man etwa kein Musikvideo sondern gleich einen ganzen Kurzfilm – mit Anton Yelchin aus Star Trek und Kate Mara aus "House of Cards" höchst populär besetzt. Man sah den pinken Lampion vom ersten Albumcover majestätisch aufsteigen wie ein Ufo, man sah waberndes Licht am Dancefloor und irgendwann die Produzenten höchstpersönlich in einer Pose wie Daft Punk: Und spätestens nach dem spacigen Surren in "Holding On For Life", das so klingt wie das Geräusch, wenn in den Simpsons die grünen Außerirdischen mit ihren Tentakeln wackeln, war man sich sicher, dass dieser Titel nach den Highlights von 2013 nur eine Farce sein kann: Nach der Disco ist vor der Disco und mittendrin.

Remains of Rock´n´Roll

Dafür hat das Album zu viel von Beatles und überhaupt zu viel Band-Struktur. Electroid sind die Stücke ja, die Beats sind live eingespielt und das eher leise, der Großteil des Albums trottet gemächlich im Midtempo dahin. Das sind keine lupenreinen Hits – das sind eher wunderschöne Hymnen wie von den Kinks oder dem Electric Light Orchestra.

Broken Bells klingen immer noch wie der gelungenste Kompromiss, den man von zwei so unterschiedlichen Künstlern erwarten darf. Heute wird nichts mehr getrunken. Wir gehen raus und nüchtern uns aus – hast du dir jetzt nicht erwartet, oder?

"After the Disco" von Broken Bells erscheint am 4. Februar. Das gesamte Album gibt es hier im Stream.

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