Nach der Selfie-Manie

Da wir aktuell einen Schwerpunkt auf Fotografie setzen und der Otto-Breicha Preis ein Jubiläum feiert, haben wir ein Interview mit Margit Zuckriegl geführt. Sie ist die Kuratorin der aktuellen Ausstellung von Leo Kandl, über die wir hier bereits berichtet haben, und außerdem Teil der Jury des Otto-Breicha Preises.

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Der Fotograf Leo Kandl erhält am Samstag den vom Museum der Moderne in Salzburg verliehenen Otto-Breicha Preis. Es war ursprünglich ein Preis für Fotokunst, das Museum will sich in Zukunft allerdings nicht mehr nur auf Fotografie beschränken.

Heuer wird der Preis zum 15. Mal verliehen. 1983 wurde dieser, unter dem Namen Rupertinum-Fotopreis, ins Leben gerufen, als Otto Breicha Direktor des neu gegründeten Rupertinums war. 2003 starb er. Der Preis wurde daraufhin umbenannt und wird seit 2007 mit der Unterstützung der Familie Breicha, die das Preisgeld stellt, wieder verliehen. Wir haben ein Interview mit Margit Zuckriegl, die auf den Fotos mit dem letzten Preisträger Matthias Herrmann zu sehen ist, geführt.

Dieses Jahr hat den Preis Leo Kandl gewonnen. Gegen wie viele Empfehlungen musste er sich durchsetzen?

Der Preis wird aufgrund einer Empfehlung der Jury vergeben; jeder Juror, jede Jurorin bringt Vorschläge in die Diskussion ein, es bleiben meist 2, 3 Kandidat_innen, über die intensiver diskutiert wird und aus deren Kreis dann für 2015 Leo Kandl ermittelt wurde.

Ihr nehmt gar keine offenen Einreichungen mehr an. Wieso das?

Es hat sich fast bei allen seriösen Kunstpreisen herauskristallisiert, dass offene Bewerbungen wegen der Fülle der Einreichungen schwer zu bewältigen sind und kein breiteres Spektrum an künstlerischen Positionen für die preisentscheidende finale Diskussion eröffnen. Mit gut vorbereiteten und dokumentierten Empfehlungen von Personen, die die Szene kennen, lässt sich eine fruchtbare und ergebnisorientierte Diskussion führen.

Nach welchen Kriterien geht ihr bei der Entscheidung vor?

Die Kriterien können jedes Mal neu definiert werden, sind aber de facto von relativ gleicher Ausrichtung: welche fotografische Position ist den Expert_innen in den Jahren seit der letzten Preisvergabe besonders aufgefallen, wer arbeitet auffallend konsequent und dennoch mit aktueller Relevanz? Ganz besonders im Vordergrund stehen eine eventuell festzustellende neue, innovative künstlerische Handschrift, eine brisante neue Werkgruppe bei gleichzeitig spürbarem fundiertem Hintergrund.

Aus wem besteht die Jury?

Dem/der jeweiligen Preisträger_in des letzten Otto Breicha-Preises für Fotokunst, einer/m vom Museum der Moderne Salzburg gewählten Fotoexpert_in, den beiden Vertreter_innen des Sponsoring – der Familie von Otto Breicha – und der Leiterin der österrreichischen Fotogalerie am Museum der Moderne Salzburg.

Der Preis ist für Fotokunst, wieso wollt ihr euch nicht mehr nur auf reine Fotografie beschränken?

Die Bildsprache der Fotografie und die künstlerische Praxis haben sich in den letzten Jahren, besonders seit der Jahrtausendwende, als der ehemalige Rupertinum-Fotopreis auch eine Namensänderung erfahren hat, extrem erweitert. Für eine auszuzeichnende Position soll es daher vom medialen und technischen Verständnis her keine allzu rigiden Einschränkungen geben.

Was meint ihr mit der "innovativen Rolle der Fotografie in neuen Kunstkonzepten"?

Gerade in einer aktuellen künstlerischen Praxis spielt die Fotografie oft nur eine Rolle im Zusammenwirken von unterschiedlichen künstlerischen Ausdrucksformen. Es sollte daher darauf Bedacht genommen werden, dass Künstler_innen, die mit Film und Video, die mit Installation und skulpturalen Positionen arbeiten, und für die Fotografie im Kontext ihrer künstlerischen Sprache eingesetzt wird, nicht a priori ausgeschieden werden.

Wie haben sich die fotografischen Arbeiten in den letzten Jahren verändert?

Gerade an der Reihe der Preisträger_innen des Otto Breicha-Preises für Fotokunst lässt sich eine Tendenz in Richtung "Authentizität" des fotografischen Bildes feststellen. Etwa seit den letzten fünf Jahren und parallel zum Siegeszug von digitaler Bildrevolution und banaler Selfie-Manie zeigt sich, dass Künstler_innen gezielt wieder analog arbeiten, der Ausarbeitung ihrer Fotos große Aufmerksamkeit schenken und überlegte Bildkonzepte entwickeln.

Das Preisgeld ist bis 2017 zugesichert. Gibt es schon Pläne wie es mit dem Preis nach 2017 aussehen wird?

Zur Zeit sind noch keine Pläne ins Auge gefasst.

Zu sehen ist die Fotoausstellung ab 31. Oktober im Museum der Moderne in Salzburg.

Bild(er) © © Museum der Moderne Salzburg, © wildbild
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