Eva Buchleitner, Gründerin des Labels „Eva Blut“, über Bauchgefühl, sinnvolle Kooperationen und Pop-up-Stores als temporäre Testmärkte.
Warum scheitern viele Kreative daran, gute Ideen und Produkte an die richtige Zielgruppe zu verkaufen? Wie vermeidet man leere Kilometer? Und warum gehören Vertrieb, Absatz und Kundenfeedback von vornherein mitgedacht? Anlässlich des neuen Fördercalls „New Sales“ von departure haben wir Eva „Blut“ Buchleitner, Benedikt Kirsch (Tukluk), Lothar Trierenberg (das möbel) und Matthias Fiegl (Lomographic Society) einige Fragen gestellt. Am 17. Juni sprachen sie gemeinsam zum Thema.
Der Name Eva Blut steht für Gürtel, Taschen, Accessoires und Wearables, die in Volumen und Tragweise veränderbar sind. Das Label gibt es seit 1998. Wann hast du dir denn das erste Mal überlegt, wie und wo du deine Produkte am besten verkaufst?
Eva Buchleitner: Mode existiert ja quasi nicht ohne Markt. Als Phänomen schon, aber sobald man in Form von Kollektionen denkt, beinhaltet das ja bereits den möglichen Adressaten. 1998 habe ich rein als Versuch begonnen, und noch nicht über Zielgruppen nachgedacht. Die Handschrift, die mir dann durchs Tun erst bewusst geworden ist, hat dann zu Überlegungen der Vermarktbarkeit geführt. Das war 1999/2000. Damals stand ich auch durch das Projekt Modebus in intensivem Austausch mit Nina Bernert, Edwina Hörl, Ute Neuner und Ursula Graf, dreier Design-Kolleginnen und einer Kunsthistorikerin, denn als Homebase für Mode war Wien damals recht mager.
Du hast deine Kollektionen immer wieder im In- und Ausland auf Messen präsentiert. Wie wichtig sind solche Veranstaltungen?
Sie ermöglichen direktes Feedback von Kennern, bieten die Möglichkeit, sich zu evaluieren und natürlich hängt der weitere Entwicklungs-Spielraum vom Umsatz ab. Nach einer Präsentation oder Messe weiß man jedes Mal genauer, wo man steht. Und die Entscheidung, wo man sich hineinbegibt, bestimmt auch die Perspektive, aus der die Rückmeldungen kommen.
Ab welchem Zeitpunkt ist es denn sinnvoll, mit seinen Produkten ins Ausland zu gehen?
Der heimische Markt ist ja schnell zu klein, wenn man einen Verkauf an andere Geschäfte vor hat. Das hängt natürlich vom Produkt ab. Für manche mag Österreich allein gut funktionieren. Wenn man weiß, welcher Markt für das, was man macht, eine bestimmte ‚Empfänglichkeit‘ hat und die Geschäfte identifiziert hat, in die man hinein will, hilft das bei der Entscheidung ob und wohin man zum Präsentieren geht.
Vor einem eigenen Laden gab es bei Eva Blut einen Pop-up-Store. Eignen sich Pop-up-Stores als temporärer Testmarkt?
Ich finde schon, dass das eine Entscheidungshilfe war. ich konnte sehen ob mein Produkt angenommen wird, wie und warum. Am Besten macht man aber den ‚Test-Shop‘ in dem Bezirk, wo man später auch landen möchte. Das Kundenverhalten ist einfach verschieden dort und da.
Seit Herbst 2012 betreiben Eva Blut und der Nobelfahrradhändler Stilrad einen gemeinsamen Laden in der Wiener Innenstadt. Was spricht denn für diese Kooperation?
Wir adressieren beide etwas unterschiedliche Zielgruppen, aber mit viel Potential zur ‚Überlappung‘. Wir führen einander sozusagen potentielle Kunden zu, vergrößern damit also unseren Kreis. Und jeder von uns betreibt unterschiedlich Werbung, die uns aber beiden zugute kommt. Wir haben auch gemeinsame (VEHIKEL) und eigene Veranstaltungen – schränken uns also in unseren individuellen Programmen nicht ein, sondern ergänzen einander lediglich.
Gab es auch Argumente, die gegen die örtliche Zusammenarbeit von Eva Blut und Stilrad sprachen?
Es war darauf zu achten, dass die Kunden, die ins Geschäft kommen, klar unterscheiden können und erkennen, dass es sich um zwei Geschäfte unter einem Dach handelt. Und dass jeder seinen Raum um sein Produkt entfalten kann. Denn ich will ja keine Taschenabteilung in einem Fahrradgeschäft sein und umgekehrt.
Wo gibt es denn Eva Blut heute überall zu kaufen?
Da wir uns seit der Eröffnung stark auf die Stärkung des eigenen Standorts konzentriert haben, musste eine Messe ausfallen. Wir sind daher zurzeit recht exklusiv präsent: ein Geschäft in Deutschland, zwei in Kanada, zwei in Italien – und aktionsweise online.
Wie schwer ist es, es als junger Designer auf einschlägige E-Commerce-Plattformen zu schaffen?
Wenn das Produkt stimmt und man gutes Bildmaterial liefern kann, ist es nicht schwer. Wesentlich ist herauszufinden, wo die Konditionen stimmen.
Gibt es Plattformen, die fehlen?
Ich finde, dass in Österreich das Zusammenführen von der kommerziellen Seite mit dem kreativen Potential noch nicht merklich stattfindet. Ich stelle mir vor, da gibt es Unternehmer, die ganz von der Wirtschafts- oder Vertriebsseite kommen, die eventuell auch in Kreativunternehmen einsteigen wollen. Und ich sehe, dass es Kreative gibt, die diese Seite an ihrer Arbeit nicht genügend selbst betreiben können und sich verstärken möchten. Ich kenne kaum Beispiele wo das nachhaltig passiert. Meist mischen sich die Kreise nicht, weil jeder in seinem Ghetto lebt.
Hast du im Ausland so etwas wie Vertreter oder "Brand Ambassadors"?
Ich habe mit einer Presseagentur in Paris gearbeitet. Im Moment ist alles sehr auf Österreich bzw. die Begründung des Onlineshops konzentriert.
Achtest du darauf, dass es Produkte von Eva Blut zumindest in der Wiener Innenstadt, sonst nirgendwo gibt? Ist "Gebietsschutz" ein Thema?
Für die Geschäfte ist es das. Wobei ich auch weiß, dass – wenn eine Marke stärker präsent ist – dort und da, sie auch einen anderen Sog entwickelt. Ich finde also dieses Bestehen auf Exklusivität manchmal etwas überbewertet. Auf der anderen Seite ist es eben die Möglichkeit für ein Geschäft, sein Profil zu schärfen – also verständlich.
Eva Blut weiter über Zielgruppen, Marktforschung oder Bauchgefühl…