„Diese Kuh war nicht reitbar“

Vea Kaiser legt nach. Anlässlich des Erscheinens ihres zweiten Romans "Makarionissi" hat die österreischische Erfolgsautorin sehr offen mit uns geplaudert – von Homer bis Stalking, von Ronja von Rönne und Andreas Gabalier bis zur Kuh Miriam. Eine lesenwerte Interview-Odyssee.

Ich frage Vea, wie sie die österreichische Musikszene einschätzt – über Um- und Abwege landen wir bei Andreas Gabalier.

… eines meiner Highlights war ja wirklich der Andreas-Gabalier-Sager bei den Amadeus Awards, weil wir jetzt endlich begründen können, warum wir ihn scheiße finden. Klar ist die Musik schlecht und ich konnte mich nie mit dem Image identifizieren, aber er hat mich irrsinnig begleitet. 2012 war sein Jahr, 2012 war mein Jahr und gerade in Deutschland wird man natürlich permanent auf den angesprochen. Bei meinen Lesungen spielen Buchhändler manchmal Gabalier.

Klar. Bergroman, Schlagersänger, Österreich-Konnex …

Im Seitenblicke-Magazin war dann sogar ein Foto von uns beiden mit der Bildunterschrift „Neue Romanze?“. Kannst dir eh vorstellen, was ich davon halte. Jedenfalls hat er sich jetzt – bei den Töchtern hat’s eh schon angefangen – endlich ganz selbst entarnt.

Aber eigentlich war ja die Frage nach der österreichischen Musikszene: Finde ich gerade wahnsinnig toll, bei Problembär gibt’s zum Beispiel keine Band, die ich nicht mag. Und Redelsteiner ist auch wahnsinn.

Apropos Redelsteiner. Wie ist deine Beziehung zur Frau Sargnagel? (Anm.: der Problembär-Records-Gründer Stefan Redelsteiner betreibt zusammen mit Ilias Dahimène eine Edition, die unter anderem „Binge Living“ von Stefanie Sargnagel veröffentlicht hat.)

Ich hab keine – also ich kenn’ sie nicht. Habe aber das Buch gelesen und fand das ganz interessant. Ich habe gehört, dass Frau Sargnagel mich gerne disst. Fand ich witzig.

Es gibt eben von einigen Frauen Kiritk daran, dass du dich über eine Tussi-Schiene vermarkten würdest.

(lacht) Ich bin eine Tussi. Ich trage gerne Kleider, hohe Schuhe und lass mir die Fingernägel machen. Ich wette, dass 80% der Leute, die das kritisieren, keine Minute weniger vorm Spiegel stehen.

Aber es geht nicht nur um Äußerlichkeiten. Du warst sehr präsent mit „Blasmusikpop“ und hast dich auch zu sehr vielen Themen medial geäußert. Dem Mythos des Autors haftet – egal wie man das findet – eine gewisse Zurückhaltung an. Du bist da einen anderen Weg gegangen.

Ich sage ja auch nicht zu allem was, aber der Punkt ist: Oft werde ich gebeten, mich in irgendeiner Talk-Show zu äußern. Dann sage ich: Ich bin da nicht Spezialistin und dann kommt: „Ja, aber Frau Kaiser, sonst sitzen da nur Männer, wollen sie nicht kommen als Frau.“ Da denke ich mir: „Okay, da geht’s nicht um mich und das, was ich mache.“ Aber ich gehe da dann erst recht hin. Einfach, um zu zeigen, dass Frauen auch präsent sind, dass Frauen mitreden können. Wenn von den Mädchen, die sagen „Vermarkte dich nicht!“, sich ein paar mehr vermarkten würden, dann müsste ich es ja nicht machen.

Zum Beispiel die Steffi?

Die Steffi Sargnagel vermarktet sich ja um keinen Deut weniger als ich. Es geht halt genau in die andere Richtung. Aber das Prinzip ist genau dasselbe. Sie muss mich ja auch kritisieren, das ist Teil ihrer Kunstfigur. Aber das ändert nichts daran, dass ich sie ganz köstlich finde.

Man merkt dir an, dass du die Chefin deiner eigenen Inszenierung bist.

Hat aber lang gedauert. Ich weiß nicht, ob du das The Gap-Cover mitgekriegt hast. Aber klassischer Fall für: Was schiefgehen konnte, ging schief.

Wirklich?

Ich wollte ja eigentlich auf der Kuh reiten und das hätte ganz anders ausgesehen. So bin ich halt treu-doof an der Kuh gelehnt. Das ist ein ganz anderes Image. Auch das Outfit. Ich dachte, es wäre ironisch, mir ein Röckchen und ein Schleifchen anzuziehen. Das ging nach hinten los.

Ich dachte, es wäre deine Entscheidung gewesen, nicht auf der Kuh zu reiten.

Na, pass auf, die Geschichte war ja so: Wir kamen zu dem Stall, wo nur liebe, süße Kühe waren. Bauer rennt in den Stall und holt aus dem hintersten Eck die Miriam raus, die das ganze Jahr noch nicht auf der Weide war. Miriam kriegt den totalen Flash, saust los, Bauer hält sich am Strick fest. Kuh schleift Bauer 30 Meter weit. Ich hab die Panik bekommen. Zeig mir einen Menschen, der auf so eine Kuh raufsteigt. Diese Kuh war nicht reitbar. Der Bauer hat von The Gap 100 Euro für diese Kuh kassiert und einfach die asozialste Kuh aus diesem Stall rausgeholt. Da haben sich die Herren ordentlich über den Tisch ziehen lassen.

Vea Kaisers zweiter Roman „Makarionissi oder Die Insel der Seligen“ erscheint heute bei Kiepenheuer & Witsch (kiwi). Die Premierenlesung findet am 14. Mai im Rabenhof statt.

Amira Ben Saoud auf Twitter: oidaamira

Bild(er) © Vea Kaiser: Ingo Petramer, Cover: Kiwi
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