Joey Badass hat nicht das wichtigste Debütalbum der Zehner geschrieben. Aber mit 20 Jahren trifft der Best Coast Rapper die goldene Mitte aus Schmäh und Grimm.
In den Neunzigern, da hatten Rapper noch etwas zu erzählen. Geschichten von der Straße, davon, was es heißt in den USA aufzuwachsen, in einer segregierten Gesellschaft mit ihrem Rassismus, der Polizeigewalt und viel schlimmer, ihrer strukturellen Gewalt. Heute gibt es auch viel zu erzählen, aber wenn Joey Badass nun diese Zeit aufgreift, den Boom Bap von DJ Premier, der hier auch drauf ist, und von KRS One, dann knüpft er damit auch an diesen Versprechungen an, als Rap ein Mittel war etwas über den Alltag auf den Klingen des Todes in die Welt zu tragen. Und nur weil da ein schwarzer Präsident jetzt gerade, ausgerechnet am Tag der Veröffentlichung des Albums, am 20. Geburtstag von Joey Badass, das größte Wirtschaftswachstum der letzten zwanzig Jahre verkündet, heißt das nicht, dass nicht doch ein einziges Prozent der Weltbevölkerung mittlerweile das halbe Vermögen aller besitzt, als wären die Dollar Bills nicht immer noch das, that kills, y’all. Der Albumtitel selbst heißt ja ausbuchstabiert Before The Money. Das klingt ungefilert, roh und im Einzelfall auch immer echt und wahr. Aber eigentlich passt es so gar nicht zum Anspruch seines Labels Pro Era, also der Progressive Era, und dem Gefühl, dass es bei aller Kritik an dem System es doch eben immer die USA sind, die den Karren aus dem Dreck ziehen.
Es ist ein zwiespältiges Album, voller Old School Grooves, gerechter Auskotzerei, Angeberei, treffenden Bildern und Beats, die so gar keine Spur von Gegenwart erkennen lassen. Badmon, das Schlagwort des schwer beeindruckenden „No.99“ und ein Alter Ego von Joey ist so ein Glücksfall, in dem sich das alles mühelos zusammenfügt. Kendrick oder Nas ist er allerdings noch keiner. Die Refrains sind nicht immer am Punkt, bei aller Dynamik und allem Talent. Da sind sich zumindest die Leute einig, die so ein Album nach drei Durchläufen bereits nach Reifegrad und Bitterstoffen des Rappers beurteilen können. Es schafft jedenfalls eine Balance, ist aggressiv und zurückgelehnt, grimmig und witzig, mal düster, dann gut gelaunt. Und das, obwohl der Tod von zwei engen Freunden andere vielleicht aus der Bahn werfen würden. „Curry Chicken“ ist ganz am Ende noch so ein Song, bei dem man sich erst gar nicht mehr fragt, ob das nun zu Vintage ist. Es könnte so einfach sein. Zum Glück weiß Joey, dass es das nicht ist.
"B4.DA.$$" von Joey Bada$$ ist am 20. Jänner via Pro Era erschienen.