Nach Jahren in der Entwicklungsphase entführt Westworld sein Publikum diesen Herbst endlich an einen der begehrtesten Urlaubsorte der Zukunft: die Vergangenheit.
Bereits 2013 wurde der Pilotepisode von "Westworld" beim amerikanischen Bezahlsender HBO grünes Licht gegeben und seitdem harrt sie ihrer Ausstrahlung. Seinen Ursprung hatte der Stoff aber schon Jahrzehnte davor, nämlich in den frühen 70ern, als sich der spätere "Jurassic Park"-Erfinder Michael Crichton noch an einem anderen Vergnügungspark des Schreckens übte und in Eigenregie den mittlerweile doch ein wenig trashig anmutenden Science-Fiction Thriller "Westworld" schuf.
Androiden Cowboys and -girls außer Kontrolle
Dieser handelt von dem Vergnügungspark-Komplex Delos, in dem mithilfe von Androiden, also menschlich anmutenden Robotern, verschiedene "Welten" der Vergangenheit besonders originalgetreu nachgestellt und erlebbar gemacht werden. Das Ganze soll für Gäste des Parks dabei natürlich völlig gefahrlos ablaufen. Doch beginnen die Androiden, die von den Besuchern nach Belieben missbraucht werden können, angeregt durch eine Art Computervirus eine eigene Intelligenz zu entwickeln und den Erlebnispark in ein chaotisches, mehrere Parkzonen umspannendes Schlachtfeld zu verwandeln, wobei man zum Großteil die Ereignisse der Wildwest- bzw. Westworld zu sehen bekommt.
Remake in Kooperation mit J.J. Abrams und Anthony Hopkins
Zum Kultstatus reichte zumindest das Konzept und es folgten "Futureworld" und die kurzlebige Serie "Beyond Westworld", an der auch Crichton wieder als Autor beteiligt war. Nach deren verfrühter Absetzung ließ man die Geschichte fürs Erste ruhen. Crichton hielt an der Idee eines außer Kontrolle geratenen Vergnügungsparks fest und verlagerte seinen Fokus von Robotern auf Riesenechsen. 2007 wurden Gerüchte um ein Remake mit Arnold Schwarzenegger laut, wobei man angeblich sogar an Quentin Tarantino als Regisseur herangetreten sei. Doch erst sechs Jahre später konnten einem Wiederbelebungsversuch Flügel wachsen, als Jonathan Nolan, Bruder und meist auch Drehbuchautor von Starrregisseur Christopher Nolan und seine Ehefrau Lisa Joy ("Burn Notice", "Pushing Dasies") als Autoren und Produzententeam mit einer Neuinterpretation des Stoffes hausieren gingen. Dabei stand ihnen auch Hollywoods Science Fiction Protegé J. J. Abrams mit seinem Produktionsstudio Bad Robot zur Seite. Mit "Person of Interest" hatte dieser bereits eine andere Show über künstliche Intelligenz in Zusammenarbeit mit Jonathan Nolan erfolgreich auf die Fernsehbildschirme gebracht. Auch für die Arbeit vor der Kamera konnte man einige große Namen der Film- und Fernsehindustrie gewinnen. So gehören etwa Anthony Hopkins, Ed Harris, Evan Rachel Wood und James Marsden zum Cast.
Michael Lombardo, 2013 noch Programmchef bei HBO, stand der Idee eines Westworld Remakes zwar ein wenig skeptisch gegenüber, wurde aber durch einen originellen Pitch überzeugt. Der Fokus der stark abgewandelten Handlung soll in diesem Fall nicht auf den Besuchern des Parks, sondern den dort heimischen Androiden liegen. In einer ersten Kurzbeschreibung wurde die Show ominös als "a dark odyssey about the dawn of artificial consciousness and the future of sin" bezeichnet. Klingt doch schon mal vielversprechend. Doch aus der vorerst geplanten 2015er Premiere wurde leider nichts und im Jänner dieses Jahres folgten beunruhigende Berichte über eine zweimonatige Produktionspause, um an den Drehbüchern der letzten Folgen zu feilen. Vor kurzem wurde dann aber mit dem ersten richtigen Trailer für Vorfreude auf einen Starttermin im Oktober gesorgt.
Gelingt HBO ein weiterer Serien-Hype, diesmal im Genre Sci-Fi?
"Westworld" könnte genau die Show werden, die der Fernsehkanal HBO braucht, um sich nach der bedauernswerten Absetzung seiner neuen Dramaserien "True Detective" und "Vinyl" und dem übernächstes Jahr bevorstehenden Ende seines bisher stärksten Zugpferdes "Game of Thrones", weiter an der Quotenspitze zu halten. Das Potential dazu ist nicht zuletzt dank eines Mangels an hochwertig produzierten Science Fiction Serien der konkurrierenden Kanäle gegeben und "Westworld" könnte in diesem Bereich für eine ähnliche Hype-Explosion sorgen, wie GoT sie vor ein paar Jahren im Fantasy-Genre auslöste. Darüber hinaus werden wohl auch Western-Fans auf ihre Kosten kommen. Dass die Geschichte aus der Sicht der Androiden erzählt werden soll, deutet sogar darauf hin, dass sich die Show zum Großteil in einem in sich stimmigen Wildwestsozialgefüge a la "Deadwood" abspielen könnte und nur ab und zu verstörende Blicke hinter die Parkkulissen gestattet. Das heißt theoretisch auch, dass sich die Show im Falle eines Misserfolgs für weitere Staffeln völlig neu erfinden könnte. Schon der Park aus dem Original konnte neben der Wildwestwelt mit einem Mittelalter- und einem Antike-Sektor aufwarten.
Kaum eine erfolgreiche Show kommt ohne ihre Mysterien aus und davon gibt es bei "Westworld" bereits jetzt genug. Werden wir als Zuseher die Androiden von den Gästen unterscheiden können? Bekommen wir die Welt außerhalb des Parks zu sehen? Wie hat sich deren Technologie entwickelt und in welchem Jahr befinden wir uns überhaupt? Fragen über Fragen also. Die ersten Antworten gibts dann im Herbst.
Die erste Staffel von "Westworld" startet im Oktober auf HBO und Sky Atlantic HD.