»Ramsau am Dachstein nach der Apokalypse«, das zweite Album von Paul Plut, führt das nahtlos weiter, was mit dem Debütalbum »Lieder vom Tanzen und Sterben« so großartig begonnen hat.
3.000 Meter über der Adria steht mit dem Dachstein ein schroffer Monolith. Und er hat mehr gemein mit »Lieder vom Tanzen und Sterben«, dem ausgezeichneten Debütalbum Paul Pluts, das 2017 aus unseren Guckerschecken pechschwarze Altersflecken gemacht hat, als ursprünglich angenommen. Die Schroffheit, ja, die Schwere, das Monolithische, die Ehrfurcht, das Fordernde. Beide, Dachstein und Debüt, holen sich die Menschen; oben am Berg, da bleiben sie gleich, und unten haben sie dem Paul Plut und seinem dunkelgrauen Folk zugehört. Ein Album des Jahres – nicht nur für uns, das ganze Feuilleton jubilierte wie sonst nur am Dämmerschoppen.
Es ist nur konsequent, dass der gebürtige Ramsauer und ehemalige Volksschullehrer für sein zweites Album – auch sein Bandprojekt Viech hat in der Zwischenzeit reihenweise starke Alben veröffentlicht – in seine Heimat zurückkehrt, in die Straßen, die gleichzeitig heim und für immer von hier wegführen, in die Berge, zu den Menschen und deren traurigen Geschichten. Und Plut holt seine selbstgebauten Instrumente hervor, aus knarzendem Kirchenholz und scheppernden Eisenketten.
Kernige Kernstücke
»Ramsau am Dachstein nach der Apokalypse« ist inhaltlich und musikalisch klar eine Fortsetzung des Debüts, aber von Fadesse, Wiederholung oder Abnützung keine Spur. Natürlich gibt es sie, die Gemeinsamkeiten, das ist eben so. Hoch im Norden in der Obersteiermark, wo die Leute nur zum Tratschen den Mund aufmachen, da passiert nicht viel anderes. Das zentrale Thema des Plut’schen Schaffens kommt wieder vor, der Tod auf den Straßen. So viele hat’s erwischt, dort, wo die Wege selten gerade verlaufen, in »B320«, dem kernigsten von vielen Kernstücken, passiert’s gleich zweimal: »Bei der Kreizung vorn beim Jungwoid« und »Kurz vor Pruggern bei da Kurven«, wo sich die Leute darennen oder überholen.
Auch Letzteres nimmt sich Plut zum Thema: Auch in Ramsau überholt der Kapitalismus die Natur. Wenn sie in Ischgl Berge wegsprengen, pressen’s auch in der Obersteiermark den letzten Schilling aus dem Panorama, mit rußschwarzen Händen geschürft, als wäre der Dachstein der Erzberg. Es wäre auf jeden Fall schade drum, denn: Womit soll man sonst diese Großtaten von Paul Plut vergleichen?
Das Album »Ramsau am Dachstein nach der Apokalypse« ist heute, also am 22. Oktober 2021, beim Label Abgesang erschienen. Die nächsten Konzerttermine von Paul Plut lauten: 29. Oktober, Klagenfurt, Club Mammut — 30. Oktober, Öblarn, Kunst & Kulturhaus — 5. November, Steyr, Röda — 6. November, Ebensee, Kino — 13. November, Waidhofen an der Thaya, Igel — 25. November, Salzburg, ARGE Kultur — 26. November, Wörgl, Komma — 2. Dezember, Schladming, Klang-Film-Theater — 3. Dezember, Mödling, Redbox — 4. Dezember, Graz, Orpheum Extra — 18. Dezember, Volkersdorf, Musik-Kulturclub Lembach — 14. Jänner 2022, Feldkirch, Theater am Saumarkt — 15. Jänner 2022, Innsbruck, Die Bäckerei.