Retro, aber schön zeitgemäß: Neue Satz Wien will die alte „Letter Press“-Drucktechnik wiederbeleben. Gemeinsam mit den Typejockeys werden unter der gemeinsamen Marke „Kolonel Printinger“ individuelle Prägedrucke in feinem Design angeboten.
Es ist der schlüssige Schulterschluss von alter Technik und neuem Design, und ein sinnvolles Joint Venture in einer kreativen Nische, das „Neue Satz Wien” und „Typejockeys“ Ende August auf dem Waldviertler Schloss Raabs am Symposium der Typographischen Gesellschaft präsentierten. Unter der Trademark „Kolonel Printinger“ machen die jüngst gegründete Satzwerkstatt und die Typographie-Agentur künftig gemeinsame Sache. Angeboten werden haptische, in Handarbeit hergestellte Prägedrucke und das verspielte, typolastige Design der Typejockeys.
Letztere sorgte von Wien aus in der Branche bereits weltweit für Aufsehen (zu ihren Kunden zählen neben Lenzing Papier etwa auch das Jugendkulturradio FM4, für das die Typejockeys die aktuellen Werbesujets zur „Greatest Radio Show on Earth" mitentwickelten).
Ersteres – aufwändige Prägedrucke – sind hierzulande nahezu in Vergessenheit geraten, feiern aber unter der Bezeichnung „Letter Press Printing“ gerade weltweit eine kleine Renaissance. Während es früher als Nachteil empfunden wurde, wenn nach dem analogen Druckverfahren das Letter-Relief beim Darüberstreichen zu spüren blieb und es als große Kunst galt, das Relief so weit wie möglich zu vermeiden, wird diese Haptik heute als Erlebnis empfunden und kommt bei besonderen Anlässen und limitierten Stückzahlen zum Einsatz. „Sinnvoll ist das aufwändige Verfahren bei Druckauflagen bis 5.000 Stück“, sagt Sarah Bogner. Die gebürtige Deutsche übernimmt in Wien-Fünfhaus gerade erst eine alte Satzwerkstatt und hat sich bei Friedrich Brandstetter, einem pensionierten Meister seines Fachs, in die Lehre begeben. Dessen Maschinenpark wäre früher oder später verschrottet worden. Nun wird ein altes Handwerk samt wertvollem Wissen weitergegeben – und beides von der „Neuen Satz Wien“ angeboten. Zielgruppe sind Klein- und Kleinstverlage, die Qualität und edle Verarbeitung schätzen, aber auch Private, Agenturen und Kreative, die sich für besondere Anlässe Besonderes gönnen wollen – am besten alles aus einer Hand. Und das bietet, gleich inklusive Design von den Typejockeys, ab sofort „Kolonel Printinger“.
Was der Spaß kostet? „Es ist leistbar, aber halt aufwändig,“ meint Anna Fahrmaier von den Typejockeys. Auch wenn ihre Klientel das Individuelle schätze und sich Kosten nur auf konkrete Anfrage hin errechnen lassen, an einer groben Preisliste kommt das kreative Joint Venture nicht vorbei. Abhängig von Papierwahl, Farbanzahl, Auflage und Aufwand werden etwa 100 Visitenkarten (Gestaltung samt Druck) ab 400 Euro angeboten. Das so genannte „Kleine Hochzeitspaket“ mit 30 Einladungen und Kuverts beläuft sich – wieder mit Gestaltung und Druck – auf mindestens 700 Euro.
Wer einmal eine solche Einladung oder Visitenkarte in der Hand gehalten hat, wird aber bestätigen, dass sich das Investment auszahlt. Man kann es sich einfach nicht vorstellen, solch ein Kunstwerk wegzuwerfen.
Recommended Reading:
„Impressive. Printmaking, Letterpress and Graphic Design“, erschienen im Gestalten Verlag.